• 12.09.2002 21:18

Barrichello: "Hier wird es enger zugehen"

Rubens Barrichello über Monza, die Testfahrten, den neuen Ferrari-Motor und ob Ferrari die Formel 1 "kaputt dominiert"

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Hast du auch beim dem Benefizspiel mitgekickt?"
Rubens Barrichello: "Nein, nein, nein. Um ehrlich zu sein ? wann auch immer ich zu Hause sein kann, bin ich es gerne, denn wir testen eine Menge im Auto, das ist für mich wichtig."

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Rubens Barrichello glaubt nicht, dass Ferrari in Monza dominieren wird

Frage: "Wie verliefen die Tests in der letzten Woche?"
Barrichello: "Ziemlich gut, wir haben die Reifen und alle Teile für Monza ausprobiert, wir sind ziemlich optimistisch. Wir wissen, dass die BMW-Williams'hier ziemlich schnell unterwegs sind, wie sie es schon letztes Jahr waren, aber wir haben ein gutes Auto, das ist das wichtigste und es ist grundsätzlich überall schnell."

"Die Randsteine sind hier wie Mauern"

Frage: "Eine der wichtigsten Sachen hier ist, dass die Autos gut über die Randsteine zu fahren sind. Kannst du das erklären?"
Barrichello: "Das ist etwas, das wir über die Jahre hinweg besser hinbekommen haben. Ich kann mich daran erinnern, dass das 2000er-Auto da ziemlich gut war, aber nicht fantastisch. Dieses Auto ist viel besser. Man kann sehen, dass die Williams sowie die McLaren da gut drin sind. Die Randsteine sind hier wie Mauern. Man kann sie nicht in jeder Runde voll überfahren, da man sich den Unterboden zerstören könnte. Daran muss man immer denken. Wenn man schnell fahren will, dann kann man sie überfahren und dadurch Zeit gewinnen, das Auto fährt sich gut über die Randsteine muss ich sagen."

Frage: "Das muss eine Kunst für sich sein, oder?"
Barrichello: "Oh ja, es ist überall ein Kompromiss, denn man muss das Auto für die Geraden schnell machen und es muss auch gut auf den Bremsen sein und auch die Traktion muss stimmen. Dazu benötigt man einen Kompromiss, denn die Randsteine sind wirklich hoch, besonders jene in der Schikane, das gibt immer einen heftigen Schlag."

"Ross fühlt sich schon ein wenig besser"

Frage: "Es besteht die Möglichkeit, dass Ross an diesem Wochenende nicht sehr mobil sein wird. Wie wird dies das Team beeinflussen?"
Barrichello: "Ross hatte schon so lange Rückenschmerzen, aber wie wir Menschen das eben tun, so sagen wir, okay, schauen wir das morgen, morgen, morgen an und bei Ferrari gibt es wohl eine Menge zu arbeiten. Aber es kam die Zeit, da konnte sich Ross nicht mehr bewegen. In der letzten Woche bekam er üble Schmerzen, ich habe ihn letzte Woche ein paar Mal angerufen, er war in Paris, Italien und England, um alles anschauen zu lassen. Er fühlt sich nun ein wenig besser und wir hoffen, dass er irgendwann am Wochenende hier sein wird."

Frage: "Wie denkst du wird sich das auf euren Betrieb auswirken?"
Barrichello: "Nun, Luca Baldisseri wird mehr oder weniger seine Arbeit übernehmen. Dies ist eine gute Gelegenheit, um Leute zu befördern und zu sehen, wie sie arbeiten. Für mich ändert sich da nicht viel, wohingegen Michaels Auto nun von Chris geleitet wird, der die ganzen Computer bedient und sich die Daten anschaut. Er wird sein Ingenieur sein. Es gibt einen anderen Kerl am Computer und 'Baldo' wird das Gesamtbild überblicken. Ich denke, dass es eine gute Gelegenheit ist, um dies zu tun, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass Ross hier sein wird, auch wenn sein Rücken bis dahin nicht schmerzfrei sein wird."

"Ich bin es gewohnt, eine Menge Druck zu haben"

Frage: "Ferrari geht davon aus, an diesem Wochenende vorne mitzumischen. Setzt dich das mehr unter Druck, wenn du vor dem italienischen Publikum Leistung bringen musst?"
Barrichello: "Um ehrlich zu sein denke ich, dass es ein deutlich engeres Rennen werden wird. Ich hoffe nicht, aber ich denke, dass es so sein wird, einfach von der Natur der Strecke her, wegen der Art und Weise, wie die Michelin-Reifen hier im Qualifying funktionieren und wie schnell sie hier sind. Ich denke wirklich, dass es enger zugehen wird."

"Aber was den Druck angeht, so kann ich dir versichern, dass ich es gewohnt bin, eine Menge Druck zu haben, als ich schlechte Autos fuhr, da ich Leistung zeigen musste. Nun habe ich ein wunderbares Auto und ein Team, das mich wirklich unterstützt, das ist jetzt kein großes Thema mehr. Die Tifosi hier zu haben, für einen Kerl, der aus Brasilien kommt, und dort keinen Druck spürt, ist das hier eine leichte Nummer."

Extreme Zuverlässigkeit dank zwei Testfahrern"

Frage: "Kannst du etwas über die unglaubliche Zuverlässigkeit sagen, die das Team gehabt hat?"
Barrichello: "Nun, ich muss das an der Tatsache festmachen, dass wir zwei Testfahrer und zwei Teststrecken haben, Mugello und Fiorano, die für alles eine gute Basis bilden. Wenn wir nicht fahren, dann fahren sie und durch das Fahren und Fahren mit den fantastischen Ingenieuren, die wir haben, können wir das Auto zuverlässig machen. Wir kommen also an einen Punkt, wo wir viele Kilometer fahren können, in der Lage sind, das Auto sauber auszutesten. Am ersten Tag hier konnte ich an einem Tag 430 Kilometer fahren. Im Rennen sind es 300. Für das Auto ist das nicht schlimm nur für den Fahrer, aber darum geht es ja bei der Zuverlässigkeit."

"Man will fahren und die Probleme kennen lernen, sie dann so schnell wie möglich beheben. Die Gruppe von Leuten bekommt das Auto also wirklich zum Laufen. Ferrari hat all die richtigen Leute an die richtige Stelle gebracht. Es gibt keinen Kerl, der zwei Sachen macht, jeder macht eine Sache, das andere übernimmt jemand anderes. Wenn man da drinnen steckt, dann verlässt man sich auf sie. Natürlich sind wir hier im Rennsport, da kann man alle möglichen Probleme haben, ich meine, in diesem Jahr bin ich drei Mal wegen Elektronikproblemen in der Startaufstellung stehen geblieben. So etwas kommt vor, aber im Normalfall ist das Auto zuverlässig."

Barrichello begrüßt Modifikationen an den Schikanen

Frage: "Was sagst du zu den Stoppern in der Schikane?"
Barrichello: "Ich denke, dass sie ziemlich nützlich sind. Es war sehr schwierig für uns zu wissen, ob ein Auto Zeit gewonnen oder verloren hat, wenn es geradeaus in den Schikanen gefahren ist. Es ist leicht zu sagen, okay, da versucht mich jemand zu holen, ich fahre geradeaus und verliere Zeit, dann mache ich in der nächsten Kurve die Türe zu und das war es dann. Aber nun haben wir in der zweiten Schikane das Kiesbett und in der ersten die Stopper, man muss aus diesem Grund ziemlich vorsichtig sein. Das wird das Rennen interessanter machen, denn wenn jemand einen auszubremsen versucht, wird keine Fluchtzone mehr sein."

"Früher war ich Renault-Fan!"

Frage: "Warst du als kleiner Junge ein Ferrari-Fan?"
Barrichello: "Das ist ziemlich witzig. Als ich sechs Jahre als war, da fuhr ich in Interlagos Go-Kart und Renault mietete die Strecke und sie fuhren dort, ich wurde dadurch von jetzt auf nachher Renault-Fan. Das war in den 80er-Jahren, vielleicht sogar früher. Aber als Rennfahrer denkt man immer an die roten Autos, da kommt man gar nicht drum herum."

"Die Presse übertreibt ein wenig"

Frage: "Es wurde ziemlich viel über den neuen Motor berichtet. Ist das etwas, wo die Leute etwas zu euphorisch sind oder ist das schon in Wirklichkeit ein großer Schritt?"
Barrichello: "Ich denke, dass wir die ganze Zeit Schritte nach vorne machen, die Presse übertreibt das wirklich ein wenig. Der Motor ist sehr gut, er hat eine Renndistanz überstanden, es scheint ein guter Schritt nach vorne zu sein, aber nur ein normaler. Es ist keine große Sache, aber willkommen."

"Für die Tifosi wird es nicht langweilig"

Frage: "Es wird gesagt, dass die Dominanz von Ferrari die Formel 1 im Moment langweilig gestaltet. Jean Todt sagt natürlich, dass dem noch so ist. In Monza wurden jedoch 20 Prozent weniger Tickets verkauft als im Vorjahr. Heißt das nicht, dass es sogar die Tifosi nun langweilig ginden?"
Barrichello: "Es könnte langweilig werden, aber nicht für die Tifosi. Sie haben für eine Weile, seit 20 Jahren, nicht gewonnen und dann war der Druck vorhanden und nicht zu gewinnen, war eine riesige Sache. Nun hat Ferrari begonnen alles zu gewinnen. Ich denke nicht, dass sie gelangweilt sind, denn wir haben die Reifensituation, in der beide Hersteller gewinnen wollen. Es wird immer die Situation geben, in der es eng wird und manchmal eben nicht. Es hängt von dem Wetter und der Reifenwahl ab. Manchmal sind wir im Qualifying besser, manchmal im Rennen, so einfach ist das."

Frage: "Aber es wurden 20 Prozent weniger Tickets verkauft als im Vorjahr. Das sagt doch etwas anderes aus, oder?"
Barrichello: "Es könnte schon so sein, aber zu Beginn des Jahres haben wir nicht einmal ein Rennen gewonnen, da waren schon in Melbourne und in Malaysia oder wo auch immer weniger Leute, es könnte also ein Problem sein, das weltweit vorherrscht und nichts damit zu tun hat, dass es langweilig ist. Wir waren in Ungarn, da gibt es keine Überholmanöver. Auch wenn hier zehn Autos hintereinander herfahren, wird das langweilig, aber ich stimme nicht zu, dass es langweilig wird, wenn nur ein Auto gewinnt. 1996 war es immer Williams, 1998 McLaren und sie gewannen alles mit Links. 88, 89 drehte sich alles um Senna und Prost. Ich arbeite dran, keine Sorge?"