• 10.09.2003 13:27

Aufatmen nach Ende der Reifen-Affäre

"Zurück zur Normalität", fordert Michelin vor dem Italien-Grand-Prix, während das Ferrari-Team das eigene Handeln verteidigt

(Motorsport-Total.com/sid) - In der Reifen-Affäre ist nach einem Machtwort des Automobil-Weltverbandes FIA die Luft raus, vor Beginn des heißen WM-Endspurts steht in der Formel 1 wieder der Sport im Vordergrund. Vier Tage vor dem Großen Preis von Italien atmet die PS-Branche erleichtert auf, nachdem die FIA die Michelin-Reifen für Monza geprüft und genehmigt hat. Damit sind die Spekulationen über die angeblich illegalen Gummis (vorerst) vom Tisch.

Titel-Bild zur News: Michelin-Vorderreifen am FW25

Michelin: "Wir wollen jetzt endlich zur Normalität zurückkehren"

"Es ist genau das eingetreten, was wir immer gesagt haben. Die FIA hat unsere Reifen kontrolliert und für legal befunden. Wir wollen jetzt endlich zur Normalität zurückkehren", sagte Michelin-Sprecher Jan Hennen am Mittwoch am Rande der IAA in Frankfurt dem Sport-Informations-Dienst (sid).

Die Michelin-bereiften Herausforderer Juan Montoya aus Kolumbien (BMW-Williams/71 Punkte) und Kimi Räikkönen (McLaren-Mercedes/70) können nun in den letzten drei Rennen des Jahres ihre Jagd auf Titelverteidiger und Spitzenreiter Michael Schumacher im Ferrari (72) fortsetzen, ohne Disqualifikationen fürchten zu müssen. "Nach der Prüfung durch die FIA gehen wir davon aus, dass die Reifenfrage geklärt ist und das Rennergebnis nicht beeinflussen wird", sagte BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen.

"Ferrari hat sich nicht schlecht verhalten"

Ferrari hatte bei der FIA mit von Reifenpartner Bridgestone gelieferten Fotos beanstandet, dass die Michelin-Gummis bei den letzten WM-Läufen während und nach dem Rennen breiter als die vorgeschriebenen und nur vor dem Start gemessenen 270 mm gewesen seien. Ferrari-Teamchef Jean Todt hatte sogar die nachträgliche Disqualifikation der zuletzt deutlich stärkeren Konkurrenten gefordert.

Piero Ferrari, Sohn des legendären Firmengründers Enzo Ferrari und 10-prozentiger Anteilseigner der Sportwagenschmiede, hat die "Petz-Aktion" verteidigt. "Ferrari hat sich nicht schlecht verhalten, sondern nur die Rivalen aufgefordert, sich an die Regeln zu halten", meinte er.

Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo erfuhr auf der IAA in Frankfurt von der FIA-Entscheidung. "Der Inhalt der Pressemitteilung war deutlich und klar, dem habe ich nichts hinzuzufügen", meinte Montezemolo: "Ich hoffe, dass Ferrari am Sonntag im Rahmen eines korrekten Rennens gewinnt." Michael Schumacher reagierte gelassen: "Die Sache mit den Reifen war nicht unser Problem, sondern das unserer Konkurrenten. Wir müssen uns auf unsere Arbeit konzentrieren", sagte der Weltmeister.

Reifen-Affäre ist nun komplett ad acta gelegt

Möglicherweise hatten die Italiener, die zuletzt in einer Krise steckten, gehofft, die Konkurrenz am grünen Tisch stärker einbremsen zu können. Aus Kreisen von Michelin-Teams war bereits nach den Tests in der vorigen Woche in Monza zu hören, dass die neuen, von den Franzosen in kürzester Zeit angepassten Reifen vielleicht sogar besser funktionierten als die kritisierten Vorgänger.

"Wir sind drei Rennen vor Schluss. Es geht um die WM, und da versucht man überall etwas zu finden, was den Gegner schwächt", kommentierte BMW-Motorsportdirektor Gerhard Berger die seiner Meinung nach inszenierte Reifen-Affäre: "Entweder, weil es wirklich eine Grundlage gibt, oder, weil es einfach nur darum geht, den Gegner kurz aus der Balance zu bringen. Ferrari ist unter Druck, seit langem wieder einmal, und das ist die Reaktion darauf. Fakt ist, dass unser Reifen für Monza abgenommen und in Ordnung ist, und dass die Aufregung umsonst ist."

Die FIA versucht unterdessen, den Eindruck zu entkräften, sie habe sich angeblich von Ferrari benutzen lassen. "Nach einigen Presseberichten war der Eindruck aufgekommen, die FIA habe ihre Regeln neu interpretiert. Das ist nicht korrekt. Die Reifenbreite ist seit 1999 auf 270 mm festgelegt. Die FIA hat nie eingeräumt, dass die Breite während des Rennens unbegrenzt sei", heißt es in dem Statement. Man bedauere im Nachhinein, dass die Teams die FIA nicht über mögliche Änderungen informiert hätten, als sie diese bemerkt hatten. Trotz einiger Bedenken sei der Fall abgeschlossen, die WM könne für alle unter gleichen Voraussetzungen weitergehen.