Alguersuari: "Ricciardo ist ein heißer Toro-Rosso-Kandidat"

Warum Jaime Alguersuari Toro-Rosso-Erdsatzmann Ricciardo beneidet, wieso er keine Angst um sein Cockpit hat und warum Red Bull wie der FC Barcelona ist

(Motorsport-Total.com) - Im Vorjahr wurde den Toro-Rosso-Piloten Sebastien Buemi und Jaime Alguersuari oft vorgeworfen, zu wenig Risiko zu nehmen. Die beiden "jungen Wilden" von Red Bull sollten eigentlich das Formel-1-Feld auf die Hörner nehmen, stattdessen sah man kaum Fahrfehler - ein Zeichen, dass das Toro-Rosso-Duo zu wenig am Limit war?

Titel-Bild zur News: Jaime Alguersuari

Jaime Alguersuari spricht offen über seine Situation bei Toro Rosso

Um diesen Zustand zu ändern, engagierte der Rennstall nun den Red-Bull-Youngster Daniel Ricciardo als dritten Fahrer - er wird 2011 jeweisl beim ersten Freitag-Training in einem der Cockpits sitzen. Der talentierte "Aussie" soll dafür sorgen, dass Buemi und Alguersuari nicht zu ruhig sitzen können - bringt einer die Leistung nicht, wird Ricciardo seinen Platz im Renncockpit einnehmen.

Dennoch gibt sich Alguersuari zumindest nach außen cool. "Seine Ankunft bei Toro Rosso ist in keinster Weise ein Problem, was das unerlässliche Duell zwischen mir und meinem Teamkollegen Sebastien Buemi angeht", sagt der Spanier. "Unsere Herausforderung ist so groß, intensiv und übergeordnet, dass es nicht die Interventionen einer dritten Partei benötigt." Ricciardo kämpfe seiner Meinung nach "einen anderen Kampf."

Alguersuari: Schon als 15-Jähriger unter Druck

Dabei waren Alguersuari und Ricciardo bereits einmal Rivalen: "Ich habe Daniel 2007 kennengelernt, als wir gemeinsam in der italienischen Formel-Renault 2.0 fuhren. Er ist fast ein Jahr älter als ich, er ist ein großartiges Individuum und sowohl mental als auch physisch ein gut vorbereiteter Fahrer." Dennoch müsse er erst beweisen, "dass er ein zuverlässiger Fahrer ist - und so wie bei uns muss auch er weiterhin in einer Nachwuchs-Serie fahren. So hart, tragisch und großartig ist dieser Sport."

Dem Spanier ist bewusst, dass der Sprung ins Toro-Rosso-Cockpit für Ricciardo - auch wenn vorerst nur zu Testzwecken - ein weiterer Schritt in Richtung Fixplatz ist: "Sein Einstieg bei einer der Trainingssitzungen wird für ihn mit Sicherheit eine außerordentliche Erfahrung werden - er bekommt die Möglichkeit, seine Erfahrungen und seine Daten mit mir oder Buemi auszutauschen. Das macht ihn zu einem besseren Fahrer und in Zukunft zu einem heißen Kandidaten auf ein Toro-Rosso-Cockpit."

Doch macht er sich gar keine Sorgen, den Platz in Rennstall von Franz Tost zu verlieren? Algueruari bestätigt, dass man die gleichen Ziele verfolgt, "doch so geht es uns, seit wir mit 15 im Red-Bull-Programm sind. Nichts fühlt sich für Ricciardo, Buemi, mich oder früher Vettel normaler an, als den Kampf aufzunehmen und nicht zu viel über die anderen nachzudenken."

Alguersuaris knallhartes Debüt

Ganz ohne Nachdenken geht es dann aber doch nicht: Alguersuari hätte sich auch so einen sanften Formel-1-Einstieg wie Ricciardo gewünscht - der Zweitplatzierte in der Renault-Word-Series 2010 testete 2009 und 2010 den Red-Bull-Boliden, ehe er nun als Ersatzpilot Erfahrung sammeln darf. "Ganz ehrlich, so hätte ich auch gerne debütiert", sagt Alguersuari - und erinnert sich an seine Premiere in Ungarn 2009 zurück.

"Das fühlte sich so an, als würde ein Lastwagen direkt auf dich zufahren. Ich hatte mein Debüt mit 19 Jahren, als ich in Ungarn mitten in der Saison einstieg, ohne davor auch nur eine Runde in einem Formel-1-Auto absolviert zu haben. Das Schwierigste war, dass ich überhaupt keine Erfahrung über das Verhalten der Reifen hatte. Dennoch habe ich überlebt. Ich glaube wirklich, dass ich ernsthafte und gründliche Arbeit geleistet habe. Daher fühle ich mich durch das Wissen privilegiert, dass mich Red Bull und Toro Tosso in Saison zweieinhalb unterstützen, die ich als 20-Jähriger erreiche."

Red Bull wie Barca, Ferrari wie Real?

Ein spezieller Dank gilt dem Leiter des Red-Bull-Nachwuchsprogramms: "Ohne dieses Programm und ohne die Zielstrebigkeit seines Verantwortlichen, Dr. Helmut Marko, hätte ich nie die Formel 1 erreicht. In so schwierigen Zeiten wie diesen, in denen die Teams ernsthafte Schwierigkeiten dabei haben, die Gegenwart und die Zukunft zu bewältigen und in denen alle Förderungsprogramme für junge Talente mehr oder weniger verschwunden sind, ist das gesunde Red-Bull-Programm die Hoffnung jedes jungen Fahrers auf dieser Welt."

Alguersuari hat auch einen interessanten Vergleich für das Red-Bull-Nachwuchsprogramm parat: "Ich bin ein Fußballfan und für mich ist Red Bull wie der FC Barcelona. Sie bauen ihre Fahrer auf und vertrauen ihnen seit sie 15 Jahre alt sind, sie trainieren sie und machen aus ihnen Weltmeister. Sie steuern die Auswahl der Talente und ihr Training. Vettel, Buemi, Ricciardo und ich sind gute Beispiele. Dahinter warten Jean-Eric Vergne, der Russe Daniil Kvyat und über allen das spanische Talent Carlos Sainz jr."

Ferrari vergleicht er hingegen mit Real Madrid: "Sie kaufen immer die teuersten Fahrer auf dem Markt, die natürlich bereits ausgelernt sind. Sie setzen kaum auf ihre Youngsters und sie würden in ihrem Team nie jemandem ohne Formel-1-Erfahrung die Chance geben. Mein Fall - mit 19 Jahren zu Saisonmitte zu debütieren - wäre bei Ferrari undenkbar gewesen."