powered by Motorsport.com
  • 27.09.2018 15:21

  • von John Couburn

Toyota Supra 2019 Erlkönig im Test: Dieses Auto tritt in große Fußstapfen ...

Die Toyota Supra ist so gut wie zurück. Während wir auf das offizielle Debüt warten, schicken uns die Japaner schon mal mit einem Prototypen auf die Rennstrecke.

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Ich winde mich um eine enge Kurve mit steilem Gefälle und ohne Leitplanken und ich haue ein bisschen nervös in die Bremse. Die schmalen Reifen stöhnen wiederwillig und das Heck schwingt ein wenig heraus. Die Zahlen auf dem Tacho fallen und ich gehe runter in den Zweiten. Komm schon, Baby, dreh! Aber es dauert einfach zu lange, um die Geschwindigkeit wieder aufzubauen.

Ist es das, was ich von der Reinkarnation der Toyota Supra erwartet habe? Von dieser so fürchterlich lang ersehnten fünften Generation der Toyota-Legende? Nein, sicher nicht. Macht aber nix, schließlich sitze ich nicht in einer Supra, sondern am Steuer des kleineren Toyota GT86 und ich jage eine neue Supra um den spanischen Circuito del Jarama, nahe Madrid.

Vorhersehbarerweise sehe ich hier gerade kein Land, denn der 205 PS starke Saugboxer des 86ers hat gegen den aufgeladenen 3,0-Liter-Reihensechszylinder der neuen Supra nicht wirklich viel zu melden.

Einmal mehr muss ich zuschauen, wie die Supra davonzieht. Sie ist noch mit reichlich Tarnfolie bedeckt, ihre famose Beschleunigung und ihr super flaches, kompaktes Handling kann sie trotzdem nicht verstecken. Ein Satz Michelin Pilot Super Sports klebt die Supra an den Teer.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich habe einen Riesen-Spaß im GT86. Allein die manuelle Schalterei ist ein Traum. Das wird es in der Supra übrigens nicht geben. Die einzige Option ist eine Achtgang-Automatik. Hin und wieder lässt es der Toyota-Guide vor mir etwas schleifen, damit ich aufholen kann. Ich bin ganz schön am Pumpen. 

Irgendwann jedoch zieht er rüber. Zeit die Autos zu tauschen. Und dann fängt der Spaß erst richtig an.

Der Supra-Status

Geht man rein nach Videospielen wie Forza Motorsport und Gran Turismo oder führt man sich die Popularität der Fast-and-Furious-Filme vor Augen, sollte man meinen, die Supra wäre das erfolgreichste Auto der letzten 15 Jahre. Allerdings kann man das Ding seit 2002 gar nicht mehr kaufen. Zumindest nicht neu. Seit mehr als 16 Jahren fristet die Supra ein Dasein in der automobilen Unterwelt.

Nichtsdestotrotz lechzen die Enthusiasten noch immer nach der Ikone, vor allem nach der vierten Generation. Der intern A80 genannte Supersportler kam mit einem 330 PS starken Biturbo-Reihensechszylinder (von Toyota 2JZ-GTE genannt), einem Sechsgang-Schaltgetriebe von Getrag und natürlich mit einem monumentalen Flügel auf dem Rücken. Die Supra sah atemberaubend aus und sie hatte die entsprechende Leistung.

Mehr als 22 Jahre nach dem europäischen Aus des Vorgängers ist die Ikone Toyota Supra zurück. Es ist ein kompletter Reboot. 

Aber der A80 war auch der Untergang der Supra. Preis und Komplexität des Autos schwollen in eine ungute Richtung. Auch aufgrund strengerer Abgasnormen stellte Toyota das Modell in Europa im Jahr 1996 ein. Und ziemlich genau seit dieser Zeit fordern die Fans auch einen Nachfolger.

Ganze 22 Jahre später ist es nun soweit. Auch wenn es keine feste Verbindung zwischen dem alten und dem neuen Auto (intern A90) gibt. Die moderne Supra hat man in Partnerschaft mit BMW entwickelt. Das bayerische Pendant ist der neue Z4.

Optisch unterscheiden sich die beiden Geschwister massiv voneinander (das kann man trotz dicker Tarnung schon jetzt mit Fug und Recht behaupten), technisch aber sind sie so gut wie identisch. Auch der neue 3,0-Liter-Reihen-Sechser-Turbo und das Getriebe kommen von BMW. Und selbst das Cockpit dürfte Freunden der Bayerischen Motoren Werke durchaus bekannt vorkommen.

Den Motor teilt sich die neue Supra mit dem Z4 M40i, höchstwahrscheinlich zumindest. Toyota ist bei diesem Thema seltsamerweise etwas zugeknöpft. Ich meine: Pressevertreter aus aller Welt durften das Auto ja nun bereits fahren, dennoch hält das Unternehmen alle Supra-Spezifikationen einschließlich der Leistungszahlen weiterhin zurück. Laut Toyota-Offiziellen kommen entsprechende Informationen bis zum Ende des Jahres. Die Führungskräfte erwähnten lediglich, dass der Reihensechser "mehr als 300 PS leisten" wird. Nun gut. Im Z4 M40i sind es für Europa 340 PS und 500 Newtonmeter. Gehen wir einfach mal davon aus, dass es bei der Supra in eine sehr ähnliche Richtung laufen dürfte.

Zum Start wird die Supra über eine elektronische Differenzialsperre sowie ein adaptives Fahrwerk verfügen. Technisch aufwendigeres Zeug wie eine Allradlenkung oder Allradantrieb werden nicht angeboten. Masayuki Kai, der stellvertretende Chefingenieur der Supra, sagt, dass man eine Reihe weiterer möglicher Optionen "studiert". Alles von weiteren Motorisierungen ("kleiner und größer") über ein Targa-Dach bis hin zu einem manuellen Getriebe.

"Technisch ist ein Schaltgetriebe möglich", sagt Kai-san. "Aber bei einem Motor mit hohem Drehmoment ist es schwierig, ein gutes Schaltgefühl zu vermitteln. Du willst ja nicht das Gefühl haben, dass du einen Truck fährst. Aber natürlich ist es möglich ... es hängt vom Feedback des Marktes ab."

Noch immer eine Supra

Auf dem Circuito del Jarama empfand ich das Auto als super intuitiv. Es ist einfach, mit der Supra schnell zu fahren. Die Gewichtsverteilung von 50:50 hilft natürlich. Man spürt diese perfekte Balance deutlich.

Einen großen Teil des Supra-Charmes macht aber sicher aus, dass sie keine Supersportwagen-Ambitionen hat. Sie fühlte sich schon zügig aber nicht hirnfrostend schnell an. Die neue Supra ist ein Auto, das du dir auf einer kurvigen Landstraße um 5 Uhr morgens wünscht. Extrem spaßig, aber noch zahm genug, dass du auch deinen besten Kumpel ans Steuer lassen würdest, ohne Schweißausbrüche zu bekommen. Mit einem Gewicht von etwa 1.550 Kilo und den zu erwartenden Leistungsdaten kann man die Supra schon ganz gut einordnen: Sie wird sicher keine Hardcore-Rennfeile, eher ein sehr unterhaltsam und zugänglich abgestimmter Sportwagen.

Toyota Supra 2019 Erlkönig

Toyota Supra 2019 Erlkönig Zoom

Ein bisschen schade: Akustisch kam - zumindest bei meinem Vorserienauto - nicht all zu viel rüber. Schon beim Start erklingt eher ein schwaches Hüsteln. Motorgeräusche? Eher wenig, und wenn dann eher künstlich über einen Lautsprecher wie man das vom ein oder anderen BMW eben so kennt. 

Letztlich ist das aber relativ egal. Was mich deutlich stärker interessiert, ist das Gefühl, dass einem die neue Supra auf der Straße vermittelt. Diesmal ist der GT86 hinter mir und kämpft darum, in Sichtweite zu bleiben. Ich habe die Supra im manuellen Modus. Die Gangwechsel hier sind scharf genug, ohne dass einem das Getriebe die Gänge knallhart um die Ohren haut. Was die Lenkung betrifft, bin ich etwas irritiert. Sie ist absolut präzise, hat aber mehr Toyota als BMW in sich. Will sagen: Ein bisschen mehr Gefühl, für das was da unter einem passiert, wäre durchaus willkommen.

Die Sitzposition ist ausgezeichnet. Die Sitze selbst sind sehr komfortabel und bieten richtig ordentlich Halt. Das adaptive Fahrwerk schluckt auch die etwas gröberen Stöße sehr gut weg, allerdings spenden die Brembo-Stopper etwas weniger Vertrauen, als es mir lieb ist. Toyota sagt, dass man noch an Details wie dem Bremsgefühl arbeitet. Ich vermute mal, dass es hier noch spürbare Optimierungen geben wird, bevor das Auto auf den Markt kommt.

Und schon bewege ich mich auf die nächste enge Kurve zu. Wieder recht steil und ohne Leitplanke. Obwohl ich nicht wirklich viel Zeit in der Supra verbracht habe, weiß ich, dass ich diesmal nicht nervös in die Eisen steigen muss. Also gehe ich auf den Pinsel, lenke scharf ein ... und grinse.

Ach ja, an den Kollegen im GT86 hinter mir: Entschuldigung. Ich verspreche, auf der nächsten Geraden mache ich Piano, damit Du wieder rankommst.

Zur Bildergalerie (18 Bilder) auf Motor1.com Deutschland

Alles zum bayrischen Supra-Bruder
BMW Z4 (2019): sDrive20i, sDrive30i und M40i vorgestellt
Endlich offiziell: Das ist der neue BMW Z4 M40i 2019

Neueste Kommentare