Kostenkontrolle: FIA zieht sich zurück

Das ewige Thema Kostenkontrolle: Alle sind sich einig über das Ziel, aber über den Weg wird gestritten - FIA hält sich nach Brief aus der Angelegenheit raus

(Motorsport-Total.com) - Im Zuge der Diskussionen über die Formalisierung eines neuen Concorde-Agreements ist das Thema Kostenkontrolle ein wichtiger Faktor. Während Teams wie Red Bull und Ferrari zumindest unter keinem von außen erkennbaren kommerziellen Druck stehen, beginnt die Wirtschaftskrise zunehmend an anderen Teams zu zehren. Selbst ein vermeintlich großer Player wie McLaren hat schon einmal rosigere Zeiten erlebt - von den meisten kleineren Rennställen ganz zu schweigen.

Titel-Bild zur News: FIA-Logo

Die FIA will das Thema Kostenkontrolle nicht mehr weiter vorantreiben Zoom

Bereits im Jahr 2010 wurde in Singapur (daher auch die gebräuchliche Bezeichnung "Singapur-Abkommen") das sogenannte Ressourcen-Restriktions-Abkommen (RRA) bis Ende 2017 ratifiziert, nicht zuletzt auf Druck der FIA. Das RRA ist entgegen der ursprünglichen Pläne des ehemaligen FIA-Präsidenten Max Mosley keine klassische Budgetobergrenze, sondern regelt in verschiedenen Einzelbereichen genau, wie viel Geld wofür ausgegeben werden darf, eine von mehreren Faktoren abhängige variable Personalgrenze inklusive.

Von Anfang an gab es jedoch Meinungsverschiedenheiten darüber, ob es sich beim RRA um ein juristisch verbindliches Dokument handelt oder lediglich um ein (mehr oder weniger freiwilliges) Gentlemen's Agreement, was prompt Diskussionen und hinter vorgehaltener Hand geäußerten Unmut bei den Konkurrenzteams auslöste, als Gerüchte aufkamen, dass Red Bull auf dem Weg zu seinen ersten WM-Titeln gegen die Vereinbarung verstoßen haben könnte.

Red Bull einer der schärfsten RRA-Gegner

Teamchef Christian Horner hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihm Kostenkontrolle durch ein stabiles Reglement lieber wäre als durch ein straff organisiertes RRA - einer der Punkte, weshalb sich Red Bull aus der Teamvereinigung FOTA verabschiedete und damit effektiv das von der FOTA ins Leben gerufene RRA aufkündigte. Kritiker dieser Haltung wiederum argumentieren, dass es keinen Grund gibt, der dagegen spricht, ein stabiles Reglement beizubehalten und parallel dazu ein RRA zu kontrollieren.


Fotos: Großer Preis von China, Samstag


Vor einem Jahr berief die FIA dann mehrere Meetings ein, um die wirtschaftlichen Sorgen der Teams anzuhören und eine Einigung in der Frage der Kostenkontrolle anzukurbeln. Zuerst traf man sich in Monaco, dann in Valencia - bis im August sogar mehrere Optionen via Fax zur Abstimmung gestellt wurden. Laut Informationen von 'Motorsport-Total.com' entschieden sich damals zehn Teams für einen gemeinsamen Weg, während nur zwei dagegen stimmten. Weil zu jenem Zeitpunkt für einen bereits 2013 wirksamen Beschluss Einstimmigkeit nötig gewesen wäre, musste das Thema auf 2014 verschoben werden.

Zwischendurch schlug Bernie Ecclestone dann in Indien eine Budgetobergrenze von 250 Millionen US-Dollar vor - was auf wenig Gegenliebe stieß, weil etwa Marussia ohnehin mit rund einem Viertel dieser Summe auskommen muss und diese Grenze selbst für Red Bull und Ferrari kaum einen nennenswerten Einschnitt dargestellt hätte. Groß war die Überraschung dann am Dienstag dieser Woche, als alle Teams von der FIA einen Brief erhielten - mit der von Präsident Jean Todt übermittelten Nachricht, dass sich die FIA aus dem Thema Kostenkontrolle heraushalten werde.

Gewaltentrennung zwischen Ecclestone und FIA

Interessant in diesem Zusammenhang: Kopienempfänger des Briefes soll Ecclestone gewesen sein, der bekanntlich die Inhaber der kommerziellen Rechte an der Formel 1 repräsentiert. Durch eine EU-Vorgabe sind die Gewalten in der Formel 1 seit Jahren klar getrennt: Ecclestone kümmert sich um die Vermarktung und alle kommerziellen Angelegenheiten - und die FIA muss sich aus eben diesen raushalten, darf nur auf der sportlichen Seite "Schiedsrichter" spielen. Eine Intervention in der RRA-Frage hätte Ecclestone theoretisch die Grundlage gegeben, die FIA vor Gericht zu zerren.

Franz Tost, John Booth, Ross Brawn, Claire Williams, Christian Horner

Die Teamchef-Pressekonferenz der FIA am gestrigen Freitag in Schanghai Zoom

In der Freitags-Pressekonferenz in Schanghai wurde der FIA-Brief an die Teams von 'Motorsport-Total.com' zur Sprache gebracht, doch Red-Bull-Teamchef Horner grätschte dazwischen und unterband eine offene Diskussion: "Ich denke, es wäre unangemessen, das zu kommentieren, denn es ist ein Brief zwischen den Teams und der FIA. Es ist ein vertraulicher Brief und ich sehe keinen Grund, ihn öffentlich zu kommentieren." Daran hielten sich dann auch die anderen Teilnehmer.

Immerhin bekannten sich Ross Brawn (Mercedes), Claire Williams (Williams), Franz Tost (Toro Rosso) und John Booth (Marussia) bei der Gelegenheit eindeutig zum grundsätzlichen Kurs einer Kostenkontrolle, über den ohnehin seit nunmehr fünf Jahren weitgehend Konsens besteht. Doch darüber, wie dieses gemeinsame Ziel erreicht werden soll, streitet man sich in der Formel 1 nun schon genauso lange...