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Fischer: "Unser Ziel ist mehr Konstanz"
Der Technischen Direktor der Motorradsparte bei BMW wünscht sich, dass die S 1000 RR einfacher auf die unterschiedlichen Bedürfnisse eingestellt werden kann
(Motorsport-Total.com) - "Gleichmäßig gut performen lassen", so lautet das vorrangige Ziel von Stephan Fischer, dem Technischen Direktor der Motorradabteilung bei BMW. Der Deutsche bestätigt, dass man aus der bereits 2012 siegfähigen S 1000 RR nun einen konstanten Podestkandidaten machen möchte und lobt die Zusammenarbeit mit den italienischen Kollegen von BMW-Italia. Im Interview gibt er Einblicke in die Arbeit für die Saison 2013.

© BMW
Chaz Davies und Marco Melandri sollen 2013 Stammgäste auf dem Podium sein Zoom
Frage: "BMW blickt auf eine äußerst erfolgreiche Saison 2012 zurück. Was war der Schlüssel zu diesem Erfolg?"
Stephan Fischer: "Der Erfolg basierte auf drei Säulen: der Technik, also dem Motorrad, der Fähigkeit, den Fahrer bestmöglich in sein Motorrad zu integrieren, und der hervorragenden Zusammenarbeit von Entwicklungs- und Rennteam. Im Bereich Motorrad hat die kontinuierliche Weiterentwicklung der RR Früchte getragen. Das hat sich eindrucksvoll gezeigt, indem wir im Feld die meisten ersten und zweiten Plätze eingefahren haben. Die Integration der Fahrer in das Gesamtpaket ist uns sehr gut gelungen. Schlüssel zum Erfolg ist, den Fahrer so einzubinden, dass er sein Werkzeug, also das Motorrad, optimal einsetzen kann. Damit dies gelingt, ist es wichtig, dass sich das Einsatzteam an der Rennstrecke und das Entwicklungsteam zu Hause permanent austauscht und zeitnah analysiert, wo es noch mögliche Schwachpunkte gibt, um diese so schnell wie möglich zu beheben."
Frage: "Was ist nötig, um sich von dieser schon hohen Basis aus weiter zu steigern?"
Fischer: "Unser Ziel ist mehr Konstanz. Wie angesprochen, hat das Motorrad eindrucksvoll gezeigt, dass es siegfähig ist. Doch wir haben immer noch das Potenzial, besser zu werden. Wir versuchen, auf der erreichten Leistungssteigerung aufzubauen und arbeiten daran, uns schnell auf die unterschiedlichen Rennstrecken einzustellen, also die RR auf allen Strecken der Welt gleichmäßig gut performen zu lassen."
Frage: "Was sind deine wichtigsten Aufgaben als Technischer Direktor von BMW?"
Fischer: "Wir haben für 2013 eine strategische Neuausrichtung vorgenommen. Bezogen auf unser Engagement in der Superbike-Weltmeisterschaft gehören zu meinen wesentlichen Aufgaben die Entwicklung des Antriebs, der Elektrik und der Elektronik und deren Integration ins Fahrzeug. Dazu kommen weitere Themen wie die Homologation und die Gremienarbeit in den technischen Gremien unter anderem der FIM und der Herstellervereinigungen MSMA und ACEM."
Frage: "Wie gut funktioniert die Zusammenarbeit in der Konstellation mit BMW Motorrad Italia?"
Fischer: "Sehr gut. Ich denke, dass 2012 die enge Kooperation zwischen dem Rennteam um Andrea Dosoli und der von mir angeführten Entwicklungsmannschaft einer der Schlüssel zum Erfolg war. Diese Konstellation bildet auch die Basis für unsere jetzige Zusammenarbeit. Ganz wichtig ist, die Entwicklungsarbeit kontinuierlich voranzutreiben. Dazu nimmt die Forschungs- und Entwicklungsabteilung aus München an allen Tests und allen Rennen teil. Zudem gibt es Pre- und Postmeetings, um permanent sicherzustellen, dass die Entwicklung weitergeführt wird. Auf der strategischen Seite gibt es darüber hinaus regelmäßig alle zwei Wochen ein gemeinsames Meeting zwischen BMW und BMW-Italia."
Frage: "In welchen Bereichen wird die BMW S 1000 RR weiter verbessert?"
Fischer: "Es gibt nicht einen singulären Bereich, in dem das Motorrad weiterentwickelt wird. Das Motorrad muss in seiner Einheit als Gesamtpaket funktionieren - und es muss zusammen mit dem Fahrer funktionieren. Wir betrachten immer alle Teile des Fahrzeugs und arbeiten daran, Chassis, Antrieb, Elektronik und Elektrik als Gesamtpaket zu verbessern. Zudem gibt es unterschiedliche Fahrer mit unterschiedlichen Präferenzen. Das, was technisch gesehen am sinnvollsten ist, ist nicht automatisch auch das Beste für den einzelnen Fahrer. Hier gilt es, die individuell optimalen Lösungen zu finden."
Frage: "Wie wichtig ist dabei das Feedback der beiden Werksfahrer?"
Fischer: "Es ist essenziell wichtig, denn der Fahrer muss mit seinem 'Werkzeug' eine Einheit bilden. Er ist im weitesten Sinne wie ein technischer Sensor, der immer feststellt, was er mit dem Motorrad machen kann, wo ihm Grenzen gesetzt sind und woran gefeilt werden muss, damit sich diese Grenzen weiter verschieben und er noch schneller fahren kann. Speziell Marco Melandri hat ein unheimliches Gespür für das Fahrzeug. Er ist extrem sensibel, kann sich aber gleichzeitig in der Kommunikation mit dem Team hervorragend mitteilen. Er kann nicht nur sagen, wann und wo er auf der Rennstrecke ein Problem hat, sondern er kann es auch quantifizieren und zuordnen. Er kann genau erklären, ob es zum Beispiel an der Front oder am Heck liegt, ob man am Antrieb oder am Chassis etwas ändern sollte, oder ob er sich eine Verbesserung im Handling mit der Elektronik wünscht."
Frage: "Ist der Motorradrennsport für Sie ein Beruf oder eine echte Leidenschaft?"
Fischer: "In erster Linie ist es natürlich ein Beruf - doch es geht nicht ohne eine große Portion Passion. Wir alle, die im Rennsport arbeiten, leisten enorm viel, oft deutlich mehr als Menschen in vielen sogenannten 'normalen' Berufen. Und wir trennen eigentlich auch nicht zwischen Arbeit und Privatleben. Wir stempeln nie aus und sagen: 'Okay, jetzt ist die Arbeitszeit für heute beendet.' Auch in unserer Freizeit denken wir oft über berufliche Themen nach. Bei mir ist das zum Beispiel ganz banal unter der Dusche der Fall. Wir sind rund um die Uhr mit Leidenschaft dabei, und das ist die Basis, um so etwas überhaupt leisten zu können."
Frage: "Wenn du dann doch abschaltest, wie tust du das?"
Fischer: "Die Familie spielt dabei eine wesentliche Rolle. Ich habe eine fantastische Frau und drei ganz tolle Kinder, die mir helfen, in der verbleibenden Zeit richtig abzuschalten. Dies gelingt aber auch in ganz einfachen Momenten, in denen man sich zurückziehen kann, zum Beispiel beim Sport. Letztlich ist aber nicht die Quantität der Freizeit wichtig, sondern ihre Qualität. In der Zeit, die man mit der Familie verbringt, darf man sich nicht von anderen Dingen ablenken lassen, sondern es ist wichtig, dann auch ganz für die Familie da zu sein."
Frage: "Was wünschst du dir für die Saison 2013?"
Fischer: "Ich wünsche mir, mit meiner Arbeit dazu beizutragen, dass wir weiterhin aus eigener Kraft siegfähig sind und den Fahrern das beste Produkt an die Hand geben, damit sie Siege für uns nach Hause bringen können."

