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Aerodynamik: Honda geht an die Grenzen der WSBK-Regeln

Am Lausitzring präsentiert Honda eine neue Verkleidung, die weniger Auftrieb erzeugen soll: Laut Stefan Bradls Teamchef suchen alle Hersteller nach mehr Abtrieb

(Motorsport-Total.com) - In der MotoGP ist die Aerodynamik seit Ducatis Winglet-Offensive ein großes Thema. Zwei Jahre lang experimentierten die Hersteller mit teilweise großflächigen Flügelprofilen, die Ende der vergangenen Saison verboten wurden. Doch auch nach dem Winglet-Verbot wird in der MotoGP weiter an der Aerodynamik getüftelt. Zuletzt sorgte Ducati erneut für Diskussionen. In der Superbike-WM wurde das Kapitel Aerodynamik bisher kaum beachtet, denn das Reglement erlaubt weniger Freiheiten. Es ist aber ein Irrglaube, dass die Verkleidungen exakt den Serienmaschinen entsprechen müssen.

Titel-Bild zur News: Stefan Bradl

Aero-Feinheiten: Die Kanzel hat seit dem Update eine markantere Form Zoom

Honda nutzte die geringen Freiheiten in den vergangenen Monaten und entwickelte eine neue Verkleidung für die Fireblade. Seit April wurde hauptsächlich anhand von Computer-Simulationen Entwicklungsarbeit geleistet. "Wir hatten am Lausitzring eine neue Verkleidung dabei", bestätigt Teamchef Ronald ten Kate im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' und geht ins Detail: "Die neue Verkleidung soll den Fahrer besser vor dem Fahrtwind schützen. Sie sollte die Topspeeds etwas verbessern, aber auch etwas mehr Abtrieb verschaffen - genauer gesagt etwas weniger Auftrieb."

"Dieses Motorrad neigte seit dem Saisonstart stark zu Wheelies. Das war merkwürdig. Besonders Nicky Hayden, der mit dem alten Motorrad viele Erfahrungen hatte, kommentierte, dass das Vorderrad vor allem in den schnellen Kurven sehr leicht war und stark zu Wheelies neigt", erklärt ten Kate und fügt hinzu: "Unser neues Paket sollte diese Probleme lösen."

Das Reglement wurde von den Ten-Kate-Ingenieuren bis ans Limit gebracht: "Man hat kleine Freiheiten. Unser erster Vorschlag wurde dem Technikdirektor der FIM bereitgestellt und abgelehnt. Wir schossen ein bisschen über das Ziel hinaus", berichtet ten Kate lachend. "Wir mussten noch einmal daran arbeiten und zeigten ihm danach die Verkleidung, die wir schlussendlich am Lausitzring verwendeten. Er stimmte zu."

Stefan Bradl

Die neue Honda Fireblade neigte zu Saisonbeginn sehr stark zu Wheelies Zoom

Besonders unter dem Lufteinlass und an der Wulst neben dem angedeuteten Scheinwerfer erkennt man den Unterschied zur Serienverkleidung der Fireblade. Großflächige Winglets wie in der MotoGP sind in der Superbike-WM natürlich nicht erlaubt. Das Thema Aerodynamik wird mit steigenden Topspeeds und immer mehr Motorleistung auch in Zukunft ein Thema sein, ist ten Kate überzeugt: "Ich denke, alle Hersteller beschäftigen sich damit. Ich stehe diesem Thema nun offen gegenüber. Meine Fahrer kritisierten immer, dass das Motorrad so leicht ist bei hohem Tempo."

"Unsere erste Verkleidung entsprach von der Form exakt der Form der Serienmaschine. Der einzige Unterschied war, dass wir sie anders unterteilten. In der Regel verwenden wir sonst immer Verkleidungen, die vorher im Windkanal getestet wurden. Dafür fehlte uns aber die Zeit", schildert der langjährige Honda-Experte.


Fotos: Superbike-WM auf dem Lausitzring


"Der Unterschied zwischen den beiden Verkleidungen war groß. Die Fahrer spürten die Unterschiede", betont ten Kate, der nicht behaupten würde, dass Hondas Serienverkleidung eine Fehlentwicklung ist: "Auf der Straße scheint es kein Problem zu sein. Vielleicht ist es auf die Mehrleistung zurückzuführen, die wir hier im Vergleich zur Serienversion haben. Das könnte den Effekt verstärken. Ich habe von keinem Journalisten gelesen, der das Straßenmotorrad bei der Präsentation in Portimao fuhr, dass das Vorderrad leicht wurde."