Ducati: Neue Aero-Verkleidung Vorteil oder Handicap?

Andrea Dovizioso, Jorge Lorenzo und Danilo Petrucci setzen in Österreich auf die neue Verkleidung: Ist das mit Blick auf die schwachen Topspeeds die richtige Taktik?

(Motorsport-Total.com) - Beim Auftakt des Österreich-Grand-Prix in Spielberg wurde Ducati der Favoritenrolle gerecht und sicherte sich dank Andrea Dovizioso die Tagesbestzeit. Doch die Dominanz aus dem Vorjahr bröckelt. Erst in den finalen Minuten schob sich "Dovi" an die Spitze der Wertung. Yamaha und Honda sind deutlich näher dran als im Vorjahr. Es scheint, als hätte Ducati den Vorteil von 2016 verspielt. Für die Fahrer ist klar, warum das so ist.

Titel-Bild zur News: Danilo Petrucci

Aero-Verkleidung: Rechtfertigen die Vorteile die Einbußen beim Topspeed? Zoom

Dovizioso trauert den Winglets nach, die 2017 verboten sind: "Wir erarbeiteten uns mit den Winglets mehr Abtrieb als unsere Gegner. Auf dieser Strecke sorgte das für den großen Unterschied. In diesem Jahr haben wir andere Regeln", vergleicht der Italiener, der aber trotzdem davon ausgeht, dass die Desmosedici auf dem Red-Bull-Ring das konkurrenzfähigste Motorrad ist.

"Unser Motorrad war heute meiner Meinung nach wettbewerbsfähiger als die anderen Maschinen. Wir müssen aber den Samstag abwarten, denn es kann sich einiges ändern. Ich rechne morgen mit den Yamahas", bemerkt Dovizioso, der am Freitag etwa zweieinhalb Zehntelsekunden schneller war als Verfolger Maverick Vinales.

Andrea Dovizioso verzichtet auf Vergleichstests

Nach dem Test in Brünn entschied sich Dovizioso dazu, in Österreich die neue Aero-Verkleidung zu verwenden, ohne sie mit der konventionellen zu vergleichen. Ein Fehler? "In Brünn erkannten wir sehr gut, welchen Unterschied es gibt. Doch von Strecke zu Strecke ist die Situation anders. Wenn ich noch einmal in Brünn fahren würde, dann würde ich dort ohne die neue Verkleidung fahren, aber ich denke, dass sie hier besser ist. Wir machten aber keine Vergleiche. Das wäre natürlich besser gewesen, um den Unterschied zu erkennen, doch wir wollten keine Zeit verlieren. Wir glauben an diese Verkleidung", schildert der Ducati-Routinier.

Andrea Dovizioso

Andrea Dovizioso setzte von Beginn an auf die Aero-Verkleidung: Ein Fehler? Zoom

In den Topspeed-Wertungen gaben die Vorjahres-Maschinen das Tempo vor. Durch das Flügelwerk an den 2017er-Desmosedicis verloren Dovizioso, Teamkollege Jorge Lorenzo und Pramac-Pilot Danilo Petrucci einige km/h auf den Geraden. Yamaha entschloss sich bereits vor dem Österreich-Grand-Prix dazu, die neue Aero-Verkleidung nicht zu verwenden. Der Grund liegt auf der Hand: Die Nachteile auf den Geraden sind größer als die Vorteile am Kurvenausgang.

Als Dovizioso auf Yamahas Entscheidung angesprochen wird, kommentiert er: "Die Aerodynamik ist eine eigene Welt und ich bin dafür der falsche Ansprechpartner. Es ist sehr technisch. Ich weiß nicht genau, welchen Effekt ihre Verkleidung hat. Vielleicht haben sie durch die neue Verkleidung auf den Geraden Probleme. Ich weiß es nicht."


Fotos: MotoGP in Spielberg, Training


Jorge Lorenzo mit konstanten Zeiten

Aus Sicht von Lorenzo verlief der Spielberg-Auftakt positiv. Der Spanier fuhr in den finalen Minuten des zweiten Trainings viele schnelle Runden, brachte aber keine perfekte zusammen und landete auf der fünften Position. "Ich war konstant, aber nicht schnell genug. Mir fehlte eine halbe Sekunde auf Dovi. Es stimmt aber, dass er nicht vier Runden in diesem Tempo fahren konnte. Aber er hat bei zwei oder drei Bremszonen Vorteile", analysiert Lorenzo.

Jorge Lorenzo

Problem erkannt: Jorge Lorenzo verliert hauptsächlich in den Bremszonen Zoom

"Das müssen wir verbessern", fordert der ehemalige Yamaha-Pilot. "Wir liegen nicht weit zurück und sind näher dran als auf anderen Strecken, aber wir müssen noch verstehen, was uns fehlt." Am Samstag möchte sich Lorenzo auf die Bremszonen konzentrieren: "Ich mache Fortschritte, was das Ducati-typische Bremsen angeht. Aber ich brauche jedes Mal mehr Anpassungszeit als Dovi, wenn es zu einer neuen Strecke geht. Ich muss mir das Selbstvertrauen erarbeiten. Doch diese Anpassungszeit wird immer geringer."

Auf dem Red-Bull-Ring wird es extrem wichtig sein, sich die Reifen richtig einzuteilen. "Das kann Dovi sehr gut. Er hat eine besondere Fahrweise. Er geht sehr sanft mit dem Gas um", erklärt Lorenzo. "Ich verstehe jedes Mal besser, wie ich mit den Reifen umgehen muss. Bei Yamaha musste man sich nicht so anpassen, doch bei der Ducati ist es wichtig. Ich lerne jedes Mal dazu und werde ein besserer Fahrer."

Jorge Lorenzo

Im Vergleich zur Yamaha-Zeit muss Lorenzo stärker auf die Reifen aufpassen Zoom

Dass die 2017er-Maschinen durch ihr üppiges Flügelwerk viel Topspeed verlieren, hat auch der dreifache MotoGP-Weltmeister bemerkt: "Wir verlieren ziemlich viel Topspeed. Ich verliere aber auch ein bisschen auf Dovi und er verwendet auch die neue Verkleidung. Wir müssen verstehen, warum wir im fünften und sechsten Gang Topspeed verlieren. Die neue Verkleidung schenkt vermutlich mehr Gefühl für die Front, doch im fünften und sechsten Gang verliert man auf Grund des Abtriebs", grübelt der Spanier.

Danilo Petrucci nur 15.

Überhaupt nicht zufrieden ist Pramac-Pilot Petrucci. Der Italiener konnte die Leistung seiner Desmosedici nicht in gute Rundenzeiten umwandeln. Doch als 15. verliert der Italiener gerade einmal 0,889 Sekunden. "Wir liegen eng beisammen, doch ich bin ziemlich weit hinten. Ich bin nicht zufrieden", kommentiert er.

Danilo Petrucci

Die Ducati von Danilo Petrucci neigt in Österreich zu stark zu Wheelies Zoom

Auch Petrucci hält an der neuen Verkleidung fest. "Sie ist besser. Doch wir haben nach wie vor große Probleme mit Wheelies aus engen Kurven. Wir müssen für Samstag noch viele Dinge beheben", gesteht der Pramac-Pilot, der nicht so gut in Schwung kam wie die Werkspiloten. "Sie haben mit neuen Reifen keine Probleme. Ich hatte Probleme mit der Traktion. Das müssen wir verstehen", fordert Petrucci.

Die vergleichsweise niedrigen Topspeeds besorgen auch Petrucci, der knapp zehn km/h auf die 2016er-Ducati von Alvaro Bautista verlor. "Vielleicht ist es ein Problem. Wir müssen verstehen, was besser ist. Selbst die Jungs mit den alten Verkleidungen liegen nicht weit zurück. Es ist schwierig, weil wir beim finalen Teil der Beschleunigung verlieren. Wir haben aus den engen Ecken keine Vorteile mit Blick auf die Wheelies. Es ist schwierig, das zu verstehen", so der Pramac-Pilot.