Ducati GP25 vs. GP24: Morbidelli erkennt im Duell mit Marc Marquez Unterschiede

Mehr Grip am Kurvenausgang oder Vertrauen auf der Bremse? - Franco Morbidelli beobachtet Unterschiede zwischen seiner Ducati und jener von Marc Marquez

(Motorsport-Total.com) - In den vergangenen Wochen wurde viel über die Unterschiede zwischen der Ducati GP24 aus dem Vorjahr und der aktuellen Desmosedici diskutiert, die in diesem Jahr von Marc Marquez, Francesco Bagnaia und Fabio Di Giannantonio gefahren werden. Es gibt technische Unterschiede, auch wenn sie minimal sind.

Titel-Bild zur News: Franco Morbidelli, Marc Marquez

Das Duell zwischen Marc Marquez und Franco Morbidelli in Silverstone Zoom

Vor dem Saisonstart hat Ducati zwei Motorspezifikationen homologiert - eine mit dem bewährten GP24-Motor und eine für die GP25. Allerdings hat sich Ducati bei den Wintertests dagegen entschieden, vollständig auf den weiterentwickelten GP25-Motor zu setzen.

Es ist anzunehmen, dass der innere Aufbau des Triebwerks praktisch dem Vorjahresmotor entspricht, jedoch wurde das Motorgehäuse modifiziert. Dieser Motor soll nicht in das Standardchassis der GP24 passen.

In Le Mans und in Silverstone fuhr Marc Marquez mit einem weiterentwickelten Chassis. Francesco Bagnaia verzichtete darauf. Zuletzt in Aragon wechselte Marc Marquez auf das zu Saisonbeginn verwendete Standardchassis der GP25 zurück.

Auch das Ride-Height-System der GP25 unterscheidet sich von der GP24. Für mehr Grip am Hinterrad beim Kurvenausgang und somit für eine bessere Beschleunigung büßte das aktuelle Motorrad dafür in der Bremsphase Gefühl für das Vorderrad ein.

In Silverstone lieferte sich Franco Morbidelli, der eine zweite Saison die GP24 fährt, in der Schlussphase ein enges Duell mit Marc Marquez um den dritten Platz, das er beim Rausbeschleunigen auf die Zielgerade letztlich in der finalen Runde knapp verlor.

Bei diesem Duell sind Morbidelli markante Unterschiede zwischen den beiden Motorrädern aufgefallen. "Was den Unterschied betrifft, kann ich es nicht mit Sicherheit sagen, weil ich die 25er nicht selbst gefahren bin", leitet der VR46-Fahrer seine Einschätzung ein.

"Aber wenn man sie beim gemeinsamen Fahren beobachtet und auf die Kommentare der Fahrer hört, scheint es so zu sein, dass sie beim Kurveneingang etwas weniger Vertrauen haben, dafür aber beim Herausbeschleunigen etwas mehr Performance und Grip. So ungefähr ist die Situation."

"Wenn man sich das Duell zwischen mir und Marc in Silverstone ansieht, dann erkennt man, dass er mich aus Kurve 14 heraus wieder überholen konnte. Und als wir aus Kurve 15 beschleunigt haben, konnte er sich leicht absetzen."

Franco Morbidelli, Matteo Flamigni

Morbidelli mit Crewchief Matteo Flamigni, der lange Teil von Rossis Crew war Zoom

"Ich war aber trotzdem in der Lage, hart zu bremsen und anzugreifen. Ich denke, das ist aktuell der Unterschied zwischen den beiden Paketen", schätzt Morbidelli. Die GP24 vermittelt also ein besseres Gefühl am Kurveneingang, aber die GP25 hat mehr Grip am Kurvenausgang.

Welcher Aspekt ist für eine gute Rundenzeit wichtiger? "Hinterradgrip ist auf jeden Fall extrem wichtig, weil er den Fahrer schnell macht. Grip ist essenziell", so Morbidelli, denn: "Wenn du keinen Grip hast, tust du dir sehr schwer."

"Wenn du weniger Vertrauen ins Vorderrad hast, kannst du noch etwas dagegen tun. Wir sehen Marc, wie er Stürze rettet oder wie er, auch in der Vergangenheit, Situationen mit Vorderradrutschern in sehr spektakulärer Weise abgefangen hat."

"Das zeigt, dass man nicht immer volles Vertrauen ins Vorderrad haben muss. Bis zu einem gewissen Grad kann man das als Fahrer kompensieren. Es gibt eine Grenze, bis zu der man gehen kann. Wenn man aber [hinten] keinen Grip hat, dann hat man einfach keinen."

Di Giannantonio bestätigt: Vorderrad vermittelt nicht richtiges Feedback

Die Konkurrenz von Ducati klagt seit Jahren, dass man nicht den gleichen Grip am Kurvenausgang hat. Mit der GP25 ist Ducati offenbar in diese Richtung noch einen Schritt weiter gegangen - auf Kosten des Gefühls am Kurveneingang. Aber Marc Marquez kann das kompensieren.

Neben Bagnaia hatte bisher auch Di Giannantonio Mühe mit der aktuellen Ducati. "Dieses Motorrad scheint so eine Art Filter im Bereich des Vorderrads zu haben, der dir nicht das richtige Feedback gibt, um das Limit des Motorrads zu verstehen", sagt der zweite VR46-Fahrer.

"Auch für mich ist es so, als würde ich das Motorrad Tag für Tag neu entdecken. Denn du kannst pushen, pushen, pushen - und plötzlich stürzt du, oder bist kurz davor. Du spürst dieses Limit, das das Motorrad eigentlich vermitteln sollte, einfach nicht."

Fabio Di Giannantonio, Franco Morbidelli

VR46 hat eine GP25 und eine GP24 in der Garage zur Verfügung Zoom

Im vergangenen Jahr fuhr Di Giannantonio ebenso wie Marc Marquez die Ducati GP23. Beide übersprangen die GP24. Di Giannantonio beschreibt das Gefühl für die aktuelle Desmosedici ganz anders als der WM-Führende.

"Vergangenes Jahr habe ich versucht, über die Grenzen des Motorrads hinauszugehen. Dieses Jahr habe ich im Moment das Gefühl, eher am Limit des Motorrads zu fahren - ich kann es nicht wirklich überschreiten", so "Diggia". "Ich kann mit dem Vorderrad nicht mehr machen."

"Aber vielleicht können wir das noch verbessern. Wir wissen, dass ein neues Motorrad zu Beginn der Saison oft schwierig ist, und dass es sich im Verlauf deutlich verbessert." Bagnaia fand in Aragon mit dem Wechsel auf die größere vordere Bremsscheibe ein besseres Gefühl. Di Giannantonio spürte damit keinen wesentlichen Fortschritt.