Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Jorge Martin
Der Vertragsstreit zwischen Jorge Martin und Aprilia eskaliert - Der Weltmeister macht sich damit keinen Gefallen und verspielt bei vielen Fans jegliche Sympathie
Liebe MotoGP-Fans,

© Gold and Goose
Wie viele Fans werden in Zukunft mit Jorge Martin mitfiebern? Zoom
am schönsten wäre es, wenn Jorge Martin gesund und fit auf der Rennstrecke tolle Leistungen zeigen würde. Der amtierende Weltmeister fehlt einfach. Mit seinem Grundspeed vor allem im Qualifying ist er einer der schnellsten Fahrer der aktuellen Generation.
Ich bin mir sicher, dass er im vergangenen Jahr im WM-Kampf gegen Francesco Bagnaia viele neue Fans gewonnen hat. Auch wenn sie das gleiche Motorrad hatten, war er doch nicht im Werksteam. Es ist diese "Underdog"-Situation, der man die Daumen drückt.
Zweimal wurde Martin der Wechsel ins Ducati-Werksteam verwehrt. Schließlich entschied sich auch das Pramac-Team zum Abschied von Ducati. Der Weltmeistertitel war am Ende eine tolle sportliche Geschichte und absolut verdient.
Nach dem Saisonfinale in Barcelona schrieb ich damals, dass Martin die Chance hat, mit Aprilia etwas aufzubauen. Nach Max Biaggi könnte er sich als neue, jüngere Aprilia-Legende etablieren und sich dort einen Status sichern, der ihm bei Ducati verwehrt geblieben ist.
Die diversen teils schweren Verletzungen im ersten Halbjahr waren schlicht Pech. Vom Druck des WM-Kampfs über die Freude des gewonnenen Titels bis zu den Verletzungen hat Martin in kürzester Zeit alle Höhen und Tiefen des Sports erlebt.
Als Fan fühlt man da mit. Man drückt ihm die Daumen, dass er sich gut erholt und bald wieder zurückkehren kann. Wie groß die Anteilnahme an seinem Verletzungspech war, zeigte sich im Frühling an vielen Genesungsglückwünschen im Internet deutlich. Zurecht!

© Mirco Lazzari gp/Getty Images
Albert Valera und Massimo Rivola stehen vor einem Rechtsstreit Zoom
Aber was sich in den vergangenen Wochen abgespielt hat, ist Stoff für eine ganz schlechte Seifenoper. Dass Martin eine Ausstiegsklausel aus seinem Vertrag ziehen will, weil bis zu einem gewissen Stichtag eine bestimmte WM-Position nicht erreicht wurde, klingt wie ein Scherz.
Schließlich ist er die Aprilia praktisch kaum gefahren. Es ist die gleiche Ausstiegsklausel, die Martin 2020 aus seinem KTM-Vertrag zog. Damals saßen alle im Lockdown und es fand bis zum Stichtag mit Ausnahme des Moto2-Rennens in Katar überhaupt kein Grand Prix statt.
In Assen hat sein Manager am Samstagvormittag gegenüber mehreren TV-Stationen erneut den Standpunkt bekräftigt, dass man der Ansicht ist, dass Martin für 2026 vertragsfrei ist. Das war ein bewusstes Manöver. Albert Valera wollte diese Message in den Medien erneut platzieren.
Niemand von uns hat den Vertrag gelesen und weiß, was da wirklich im Detail steht. Valera und Martin vertreten einen Standpunkt, Massimo Rivola und Aprilia einen anderen. Die Fronten sind verhärtet. Letztendlich wird womöglich ein italienischer Richter entscheiden müssen.
Klar ist für mich, dass Martin im nächsten Jahr nicht für Aprilia fahren wird. Ich frage mich, wie das Gefühl in der Box generell sein wird, wenn er demnächst zurückkehrt. Die Mechaniker müssen sich für jemanden abrackern, der ohnehin nicht für einen fahren will.
Marco Bezzecchi zeigt, wie man es richtig macht
Mit der Aprilia kann man momentan nicht Weltmeister werden, aber die RS-GP ist derzeit das zweitbeste Motorrad im Feld. Marco Bezzecchi hat nicht nur in Assen gezeigt, dass Highlights absolut möglich sind.
Bezzecchi hat die Aufgabe angenommen. Er hat sich von Beginn an in die Arbeit hineingekniet und baut sich mit Aprilia gemeinsam etwas auf. Ein fitter Martin würde auf dem gleichen Level fahren, wenn nicht sogar im Qualifying noch besser. Dessen bin ich mir sicher.
Schließlich ist es Bezzecchi, der die Chance erkannt hat und daran arbeitet, die neue Aprilia-Legende zu werden. Ich finde, er macht das wirklich toll. Das ist so eine Situation, wo man als Fan mitfiebert und die Daumen drückt. Der "Underdog", der Superstar Marc Marquez herausfordert.

© Aprilia
Marco Bezzecchi arbeitet daran, eine neue Aprilia-Legende zu werden Zoom
"Meine Beziehung zu Aprilia ist fantastisch", betont Bezzecchi. "Sie haben mich auf eine sehr gute Weise aufgenommen, und das gesamte Werk leistet großartige Arbeit. Ich kann nur versuchen, es ihnen zurückzuzahlen, indem ich immer alles gebe - und genau das mache ich jedes Wochenende."
Ich glaube, was Valera und Martin völlig unterschätzen, ist das Standing bei den Fans. Wenn man auf Instagram, Facebook, in Foren und so weiter die Kommentare zu der Saga mit der Ausstiegsklausel liest, sind sie durchwegs negativ - weltweit, egal in welcher Sprache.
Das zeigt eindrucksvoll, wie viele Sympathien sich Martin verspielt hat. Viele Fans, die ihm im Vorjahr im WM-Kampf die Daumen gedrückt und beim Verletzungspech mitgefühlt haben, wenden sich jetzt kopfschüttelnd ab.
So ein Vertrauen wiederzugewinnen, wird sehr schwierig, wenn nicht unmöglich. Denn abgesehen von der sportlichen Leistung ist auch das Image eines Spitzensportlers wichtig - als Aushängeschild des Sports, aber natürlich auch für Marketingzwecke.
Wie sich die Situation zwischen Martin und Aprilia weiterentwickeln wird, werden wir sehen. Aber für seine Karriere allgemein hat sich Martin damit keinen Gefallen getan. Denn diese Geschichte wird an ihm vielleicht sogar mehr kleben bleiben als der Weltmeistertitel.
Schade, denn er ist eigentlich ein wirklich toller Fahrer!
Euer

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