Analyse der Hersteller: Wer steht nach dem Sepang-Test wo

Wer ist gut aufgestellt und wo liegen noch die größten Baustellen: Ein Blick auf die Programme der sechs Hersteller beim ersten MotoGP-Wintertest des Jahres

(Motorsport-Total.com) - Der erste MotoGP-Test des Jahres ist zu Ende gegangen und die engen Zeitabstände versprechen eine spannende Saison 2017. Auf eine schnelle Runde liegen Yamaha, Honda, Ducati und Suzuki eng beisammen. Entscheidend wird aber der Umgang mit den Reifen vor allem in der zweiten Rennhälfte sein. Wer dann genug Grip hat, hat die besten Chancen auf den Sieg. Spätestens beim letzten Wintertest in Katar wird sich die Hackordnung deutlicher zeigen, wenn wohl alle eine Rennsimulation durchführen werden.

In Sepang stand bei allen Teams trotz teilweise feuchter Strecke die Arbeit im Vordergrund. Yamaha konzentrierte sich an allen drei Tagen auf die Konstanz fürs Rennen. Maverick Vinales und Valentino Rossi probierten ein neues Chassis. Es soll gut sein, aber restlos überzeugt sind beide nicht. "Wahrscheinlich werden wir uns in Australien entscheiden, welches wir zu Saisonbeginn verwenden werden", so Teammanager Massimo Meregalli bei 'MotoGP.com'.

Der Speed von Vinales überrascht bei Yamaha niemanden mehr. Auch die Arbeit in der Garage verläuft reibungslos. "Wichtig ist, dass sich beide mehr oder weniger für die gleichen Teile entscheiden", berichtet Meregalli. "Es geht also in die gleiche Richtung. Das hilft natürlich den japanischen Ingenieuren, die Entwicklung rascher voranzutreiben." Technische Probleme traten bei Yamaha keine auf. Über die neue Verkleidung mit den versteckten Winglets durften sich die Fahrer nicht äußern. Da Yamaha diese Innovation schon so früh zeigte, lässt darauf schließen, dass es Vorteile bringt.

In größeren Schwierigkeiten scheint Honda zu stecken. "Wir müssen immer noch viel tun, aber es ist besser als voriges Jahr", merkt Teammanager Livio Suppo an. "Deswegen können wir einigermaßen zufrieden sein." Marc Marquez und Dani Pedrosa arbeiteten in erster Linie am neuen Motor, zwei Spezifikationen wurden getestet. Honda will weiterhin keine Details verraten, doch man will nicht von einem "Big Bang"-Design sprechen, sondern nur von einem "Big Bang Stil".

Maverick Vinales

Maverick Vinales und die Yamaha M1 sind schon eine schlagkräftige Kombination Zoom

Honda testete einerseits jenen neuen Motor, der schon in Valencia und Sepang zum Einsatz kam. Dazu eine modifizierte Version. Obwohl die Fahrer und auch Cal Crutchlow nicht viel dazu sagen durften, wirkten sie nicht besonders glücklich. Das Motormapping passte auch nicht richtig. Die Kraftentfaltung bleibt das Hauptproblem. Optisch unterscheidet sich die RC213V nicht vom Vorgänger. Eine Änderung betrifft den Auspuff. Man wechselte im Winter von Termignoni zu SC-Project. Sichtbar ist das lange Endrohr auf der rechten Seite des Motorrades.

Ducati: Dovizioso legt Richtung fest

Vielversprechender präsentierte sich Ducati. Jorge Lorenzo und Andrea Dovizioso verglichen den 2017er Prototyp von Valencia und eine neue Version, die diese mysteriöse Box im Heck trägt. "Wir sind soweit zufrieden", sagt Teammanager Davide Tardozzi. "Mit Dovi hatten wir einen guten Test, er hat Teile vom alten und neuen Bike verglichen. Schließlich haben wir Fortschritte gemacht. Er hat uns aufgezeigt, welchen Weg wir für den nächsten Test in Phillip Island verfolgen müssen."

Lorenzo wurde in Sepang aufgezeigt, dass er seinen Fahrstil doch verändern muss. Um im Kurvenscheitelpunkt mehr Hilfe zu haben, experimentierte der Spanier auch mit einer Daumenbremse. "Mit seinem Fahrstil ist er immer noch nicht zufrieden, aber es gibt noch genug Luft nach oben", so Tardozzi. Der nächste Test in Phillip Island wird wichtig, um die gewonnenen Erkenntnisse zu bestätigen. "Mit Jorge wollen wir Details finalisieren, wie die Ergonomie. In Valencia war er mit seiner Sitzposition nicht zufrieden, hier haben wir schon bessere Lösungen gefunden. Jetzt fühlt er sich auf dem Motorrad schon wohler."

Andrea Dovizioso

Andrea Dovizioso testete Teile und legte die Richtung für Phillip Island fest Zoom

Suzuki: Neuer Motor wird für Saison homologiert

Zufriedene Gesichter sah man in der Suzuki-Box. Der neue Motor ist ein klarer Fortschritt. "Wir werden ihn in der neuen Saison verwenden", bestätigt Teamchef Davide Brivio. Andrea Iannone wählte auch Chassis, Schwinge sowie Gabel aus, und kümmerte sich anschließend um das Setup. Die Suzuki ist mittlerweile ein gut entwickeltes Motorrad. "Wir haben die besten Teile ausgewählt und werden dieses Paket für Phillip Island zusammenstellen", so Brivio, der Neuzugang Iannone trotz Stürzen wegen Vibrationen in langsamen Kurven lobt: "Andrea ist bereits sehr schnell."

Andrea Iannone

Andrea Iannone könnte mit der Suzuki zu einem Geheimtipp werden Zoom

"Und auch mit Alex (Rins; Anm. d. Red.) sind wir zufrieden. Es war sein erster richtiger Test, denn er hatte bisher nur einen Tag in Valencia. Er hat sehr schnell gelernt. Man kann anhand der Daten sehen, wie er das Bike verwendet. Das ist gut. Er hört uns auch gut zu. Wir wollen ihm soviel wie möglich beibringen, das ist jetzt unser Job." In Phillip Island geht es auch für Suzuki darum, das Gesamtpaket zu bestätigen und die Grundabstimmung zu finalisieren. "Wichtig wird in Phillip Island und Katar auch die Arbeit an der Elektronik", so Brivio.

KTM: Viel Arbeit, schwieriges Fahrverhalten

Extrem viel Arbeit gibt es bei Neueinsteiger KTM. Positiv ist, dass der österreichischen Marke nur zwei Sekunden auf die Spitze fehlten. Das ist geringer als es vor zwei Jahren bei Suzukis erstem Sepang-Wintertest war. "Wir legten es nicht auf schnelle Rundenzeiten an, denn wir sind erst am Beginn dieses Projekts. Unsere Fahrer müssen das Motorrad verstehen lernen", sagt Tom Jojic, der Crew-Chief von Bradley Smith. Auch Pol Espargaro stellte fest, dass die KTM körperlich anstrengend zu fahren ist. Eine Runde ist okay, aber dann wird es schwierig, diese Zeit zu halten.

Auf der Bremse und am Kurvenausgang ist die RC16 sehr unruhig. Motorleistung ist genug vorhanden, aber Fahrwerk, Chassis und Elektronik müssen abgestimmt werden. Es gab drei Stahlgitter-Chassis, die Smith und Espargaro vergleichen mussten. "Wir müssen schauen, dass das Motorrad funktioniert und wir Änderungen verstehen. Über die Rundenzeit machen wir uns erst später Gedanken", so Jojic. Einen Mangel an Entwicklungsteilen konnten die Fahrer nicht beklagen.

Bradley Smith

KTM sortierte Chassis und viele Entwicklungsteile durch Zoom

Für KTM wird die erste richtige Standortbestimmung der Saisonauftakt in Katar werden. "Die Realität ist, dass der Rennreifen momentan unsere Priorität ist. Unsere Fahrer müssen mit dieser Option konkurrenzfähig werden", betont Jojic, dass man es nicht auf schnelle Showrunden anlegt. In der Hackordnung der Hersteller ist KTM derzeit Sechster und Letzter, denn Aprilia gelang über den Winter ein guter Fortschritt.

Aleix Espargaro fuhr deutlich schneller als Alvaro Bautista im vergangenen Oktober. "Die Arbeit der Fahrer war unterschiedlich. Aleix sollte schnell sein und sich um die Entwicklung kümmern. Sam (Lowes; Anm. d. Red.) sollte sich an die MotoGP gewöhnen", so Rennchef Romano Albesiano. "Unser Motorrad hat seit dem Vorjahr beim Chassis und beim Motor einen Fortschritt gemacht. Technisch gesehen ist es nicht einfach, diese Ergebnisse zu erzielen." Der neue Motor ist ein Fortschritt, Espargaro fordert aber weitere PS.

Der nächste Wintertest in Australien geht vom 14. bis 16. Februar über die Bühne.