• 23.08.2007 18:50

  • von Inga Stracke

Wurz: "Der Unterschied liegt am Teamboss"

Alexander Wurz im Interview über den "Krieg der Sterne", der ihm auf die Nerven geht, und sein Schweigen zu den Vertragsverhandlungen für 2008

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Alexander, die Strecke hier in Istanbul ist erst zwei Jahre alt, ist noch recht neu. Was macht diese Strecke aus, was hat sie Besonderes an sich?"
Alexander Wurz: "Sie hat natürlich diese berühmte Kurve acht, diese elendslange Linkskurve, die im sechsten Gang geht und vier bis fünf Sekunden lang konstant etwa viereinhalb G Querbeschleunigung hat. Das ist natürlich brutal anstrengend für den Nacken. Noch heißer ist es für den Reifen - speziell der rechte Hinterreifen leider in dieser Kurve extrem. Und der Rest der Strecke geht halt rauf und runter, hat auch ein paar Micky-Maus-Kurven - eigentlich ist alles drin, was eine moderne Rennstrecke haben sollte."

Titel-Bild zur News: Alexander Wurz

Alexander Wurz kann hinsichtlich 2008 derzeit noch nichts verraten

Frage: "Ist es etwas Besonderes, dass gegen den Uhrzeigersinn gefahren wird, wie zum Beispiel auch in Brasilien?"
Wurz: "Ja, das ist halt zusätzlich anstrengend für die Muskeln. Wenn sich die Leser jetzt fragen warum: Ganz einfach, weil alle Rennstrecken im Uhrzeigersinn gehen. Das heißt, der rechte Nackenmuskel ist ein bisschen stärker, der linke hat weniger Belastung über das Jahr hinweg. Es gibt nur diese Strecke und eben Brasilien, die gegen den Uhrzeigersinn sind, und da merkt man das natürlich, dass die linke Seite der Nackenmuskulatur weniger entwickelt wird. Das hängt sich dann schon rein, speziell bei so extremen Kurven wie hier in Istanbul."#w1#

Keine Aussage zur Transfersituation

"Den Rest des Geheimnisses werde ich auch heute nicht lüften." Alexander Wurz

Frage: "Kommen wir zu dir. Williams macht immer noch ein Geheimnis um die Fahrerpaarung für 2008. Sam Michael, der nicht irgendwer ist bei Williams, sagt, dass du auf der Liste ganz oben stehst. Berührt dich das oder ist dir das egal? Was gibt es Neues?"
Wurz: "Grundsätzlich muss ich mich für die Aussage nicht verstecken, dass ich auf seiner Wunschliste ganz oben stehe - aber den Rest des Geheimnisses werde ich auch heute nicht lüften..."

Frage: "Nächstes Jahr gibt es ein neues Reglement, zum Beispiel fällt die Traktionskontrolle weg. Du giltst als technisch sehr versierter Fahrer. Inwieweit kann dir das für nächstes Jahr helfen?"
Wurz: "Du hast Recht, es gibt viele Änderungen, aber das kann man im Vorhinein nicht beurteilen. Ich glaube, das wird auch nicht so arg in die Waagschale geworfen, was die Fahrerwahl der Teams für das nächste Jahr betrifft. Meistens geht es um die Performance, die du zum jetzigen Zeitpunkt bringst. Aber noch einmal: Zu allem, was nächstes Jahr betrifft, hülle ich mich in Schweigen - genau wie das Team. Wir müssen noch abwarten, bis es Entscheidungen gibt, die auch an die Öffentlichkeit kommen können."

Frage: "Das Defizit waren bisher die Qualifyings. Warum wird das hier in Istanbul anders sein?"
Wurz: "Grundsätzlich muss ich immer die Gegenfrage stellen: Wäre es dir lieber, wenn ich gute Qualifyings fahren, aber keine Punkte holen würde? Im Prinzip dreht sich alles um die Punkte im Rennen, daher bin ich sehr froh, dass ich vom Racespeed her kein einziges Rennen hatte, für das ich mich verstecken muss. Du hast Recht, im Qualifying habe ich Schwierigkeiten, eine Runde zusammenzubringen, aber das wird am Samstag ganz anders sein."

Frage: "Wechseln wir das Thema. Du warst ein halbes Jahrzehnt lang bei den Silberpfeilen, wo der Eiertanz so weit geht, dass die beiden Fahrer heute nicht einmal mehr an die Strecke kommen und sich vor den Medien verstecken. Wie beurteilst du diese Vorgehensweise?"
Wurz: "Wenn sie es am Samstag und Sonntag genauso machen, ist es mir nur recht! Sonst muss ich sagen: Die Medien spitzen das jetzt ein bisschen auf, denn McLaren reist oft noch nicht am Donnerstag an, speziell die Teambosse."

Wurz kritisiert Hamilton und Alonso

"Was die Fahrer machen: ein Kindergarten!" Alexander Wurz

"Was die Fahrer machen: ein Kindergarten! Die dürfen nicht vergessen werden, dass sie von McLaren bezahlt werden, von Mercedes-Benz, von den Sponsoren. Da sollen sie nicht rumlaufen im Fahrerlager wie Babys, die ihren Schnuller verloren haben! Auch auf der Strecke. Das ist gerade ein bisschen zu viel, als dass es gut sein könnte, das muss ich ganz offen sagen."

Frage: "Du bist jahrelang für McLaren-Mercedes gefahren und fährst jetzt für Williams, wo ganz anders mit solchen Dingen umgegangen wird, obwohl es auch ein englisches Team ist. Warum diese Unterschiede?"
Wurz: "Ich weiß nicht, für wie viele Chefs du schon gearbeitet hast, aber jeder hat halt seinen eigenen Charakter - und das zieht sich von ganz oben bis unten durch. Das macht den Unterschied aus. Frank Williams und Patrick Head sind ganz andere Typen als Ron Dennis. So ist von oben herab eine ganz andere Atmosphäre - wobei der Nenner in beiden Teams derselbe ist: Das sind Teams, die es gewohnt sind, Rennen zu gewinnen, die gewinnen wollen und einen Haufen gescheite Leute haben. Bei McLaren sieht man das an den Resultaten, bei Williams muss man sich nur die Geschichte ansehen. Das sind sehr erfolgsverwöhnte Teams. Aber noch einmal: Der Unterschied liegt halt am Teamboss."

Frage: "Istanbul ist eine recht schnelle Strecke. Inwieweit kommt euch die entgegen und was ist drin an diesem Wochenende?"
Wurz: "Ich bin mir noch nicht ganz sicher. Von der Papierform her glauben wir, dass die Strecke nicht ganz unserem Auto entgegenkommt. Deshalb gehe ich jetzt mal eher ein bisschen skeptisch in dieses Wochenende. Das ändert aber nichts an der Art und Weise, wie ich versuche das Auto auszuquetschen, die Rundenzeiten konstant zu fahren und vor allem im Qualifying umzusetzen. Dann sehen wir, wo wir stehen. In Wirklichkeit reden wir da von ein, zwei Zehnteln Unterschied, aber die machen einen großen Unterschied aus. Es gibt so viele andere Teams im Mittelfeld - Toyota, Red Bull, teilweise Honda, Renault."