Wirth: Auch ohne die Formel 1 "glücklicher Mensch"

Der ehemalige Technische Direktor trauert der Formel 1 nicht nach und genießt es, jetzt den für einen Ingenieur "reizvollen und richtigen" Arbeiten nachzukommen

(Motorsport-Total.com) - Seit Ende der 1980er war Nick Wirth ein Teil der Formel 1. Der 1966 geborene Brite gründete mit dem späteren FIA-Präsidenten Max Mosley 1989 die Firma Simtek, die 1994 mit einem eigenen Wagen in der Königsklasse an den Start ging. Durch den Tod von Roland Ratzenberger erfuhr Wirth mit seinem Projekt bereits im dritten Rennen einen herben Dämpfer. Fehlende Sponsoren zwangen Simtek damals in den Konkurs.

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Nick Wirth hatte es in seiner Formel-1-Zeit nicht gerade leicht

Die späteren Stationen von Wirth waren das nach Michael Schumachers Wechsel zu Ferrari strauchelnde Benetton-Team und die FIA. 2007 wurde die Formel-1-Karriere des mittlerweile 46-Jährigen unterbrochen. Wirth, der sich zu der Zeit voll und ganz auf sein revolutionäres CFD-Verfahren (Computational Fluid Dynamics) konzentrierte, entwarf für Acura die LMP1- und LMP2-Boliden, die recht erfolgreich waren.

Durch das CFD-Verfahren werden klassische Windkanal-Tests überflüssig. Durch ein Computer-Programm werden die Strömungen simuliert. Nicht zuletzt aufgrund der Erfolge im Langstreckensport empfahl sich Wirth mit seinen unkonventionellen Methoden erneut für die Formel 1. Bei Marussia-Virgin konstruierte er das Auto für die Saison 2010 einzig und allein mit der CFD-Technik, die in der Formel 1 nicht mehr neu war, aber bei den konkurrierenden Teams lediglich als Grundlagen-Technik angesehen wurde. Wirth scheiterte. Ausbleibende Erfolge in der Saison 2011 veranlassten Marussia dazu, sich von Wirth und seiner Firma zu trennen.

Etwa ein Jahr nach dem Aus in der Formel 1 scheint Wirth sein Leben zu genieße. Die Königsklasse fehlt dem Briten offensichtlich nicht: "Das habe ich abgehakt, ich liebe Sportwagenrennen", bemerkt er gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Es war damals für die Entwicklung meines Unternehmens wichtig, dass wir den Schritt in die Formel 1 gehen. Wir sind ganz offen und ehrlich herangegangen. Wir haben ganz klar dargestellt, was wir unter dem Dach eines damals angedachten Budgetlimits leisten können. Wir waren überzeugt, dass wir mit unserer Technologie und unserem Ansatz genau dorthin passen würden."

Bei Marussia wollte Nick Wirth mit seiner CFD-Technik für eine Revolution sorgen Zoom

"Es gab in der Presse unwahrscheinlich viele Kommentare von unterschiedlichen Leuten. Ich sage nur eines dazu: Jeder, der den Motorsport liebt und ein bisschen Ahnung von dem hat, was wir mit unserem Unternehmen machen, wird sich seine eigene Meinung über die Vorgänge bilden können", stellt Wirth selbstbewusst klar.

Der Kontakt in die Formel 1 ist aber nicht abgerissen. "Viele von unseren Leuten sind fest zu dem Team gewechselt, wir haben also noch einige Freunde dort. Diesen Menschen wünsche ich allen erdenklichen Erfolg. Ich bin zufrieden mit den Programmen, die wir jetzt haben. Ich denke manchmal an die Formel 1, aber nicht allzu oft. Ganz ehrlich: IndyCar plus Sportwagen mit mehreren Serien bereitet und mehr als genug Arbeit", so Wirth.

"Ich bin ein glücklicher Mensch", betont der ehemalige Marussia-Konstrukteur, der seiner Zeit beim Hinterbänkler-Team nicht nachtrauert: "Zwischen 2009 und 2011 habe ich viel zu viel Zeit und intellektuelle Kraft für nicht-technische Dinge verschwenden müssen. Seit Mitte vergangenen Jahres kann ich mich wieder fast ausschließlich um Dinge kümmern, die für einen Ingenieur reizvoll und richtig sind. Die Businessleute bei Wirth Research halten mir dermaßen gut den Rücken frei, sodass ich das tun kann, was ich liebe: Ingenieursarbeit."