• 17.06.2004 21:46

Williams: "Wir halten uns am Fahrermarkt auf"

Der BMW-Williams-Boss über die Montreal-Affäre, die Fahrer für 2004, das neue Qualifying-Format und weitere Themen

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Frank, in Montreal ging es in Sachen Performance erstmals leicht bergauf. Glaubst du, dass ihr das beibehalten könnt?"
Sir Frank Williams: "Naja, die Strecke war mehr nach dem Geschmack unseres Autos, wenn man so will, und daher war das Auto leichter an die Strecke anzupassen. Die Fahrer haben immer 101 Prozent gegeben, ganz egal, was sie gemacht haben, abgesehen von dieser dummen Geschichte nach dem Ende des Rennens, nach der ich bestimmt gleich gefragt werde..."

Titel-Bild zur News: Sir Frank Williams

Frank Williams bei der heutigen Pressekonferenz in Indianapolis

Frage: "In der Tat. Wie kann so etwas passieren? Ross Brawn hat schon angedeutet, wie komplex dieser Bereich ist, aber wer trägt die Verantwortung dafür?"
Williams: "Naja, man kann sagen, dass die Verantwortung im Endeffekt erst bei mir aufhört. Wir sind eben eine große Organisation und es ist eine Verkettung von Umständen passiert, die ich hier sicher nicht an die Öffentlichkeit tragen werde. Wir haben aber sehr schwerfällig agiert in dieser Sache. Mir liegt viel daran, dass nicht vermutet wird, dass wir uns auf diese irgendeinen aerodynamischen Vorteil verschaffen wollten. Wir haben einen Fehler gemacht und einen hohen Preis dafür bezahlt und wir haben nichts einzuwenden."

BMW zahlt Montreal-Prämien aus, Williams unentschlossen

Frage: "Musst du eigentlich trotz der Disqualifikation die Punkteprämien ausbezahlen?"
Williams: "Das ist eine interne Angelegenheit, in der wir uns noch nicht entschieden haben."

Frage: "BMW hat meines Wissens nach angekündigt, dass sie zahlen werden."
Williams: "Das ist ihre Sache. Du scheinst mehr über dieses Geschäft zu wissen als ich."

Frage: "Einer meiner Kollegen hat mich darauf aufmerksam gemacht. Hatte euer Missgeschick vielleicht irgendetwas mit der Befehlsabfolge zu tun, die ja durch die Umstrukturierung verändert wurde?"
Williams: "Ich möchte dazu nichts mehr sagen. Soweit es mich betrifft, liegt das hinter uns. Was das Team angeht, würden wir viel lieber über das bevorstehende Wochenende sprechen. Wir schauen nur zurück, um aus unseren Fehlern zu lernen. Letztes Wochenende haben wir eine Menge gelernt."

Frage: "Man hört, dass ihr bald ein verbessertes Auto ins Rennen schicken werdet. Wann soll es soweit sein?"
Williams: "Vielleicht Frankreich, vielleicht Großbritannien, vielleicht beim nächsten Rennen. Es hängt davon ab, welche Performance es bringt. Es ist eine vernünftige Weiterentwicklung, gemäßigt, wenn man so will. Es muss uns aber einen Vorteil bringen. Ist das nicht der Fall, werden wir es nicht einsetzen. Man wird aber keine großen Änderungen sehen, bis es nicht wirklich lohnend ist, damit unsere Jungs ihren Karrieren gerecht werden können."

Frage: "Geht es primär um die Aerodynamik?"
Williams: "Ich werde nicht verraten, was wir tun, leider."

Williams gibt zu: BMW-Motor ist nicht das Problem

Frage: "Wo liegen eure wahren Probleme eigentlich?"
Williams: "Einfach ausgedrückt müssen wir uns an den gegnerischen Fahrzeugen messen und wir wollen die Bereiche, auf die es ankommt, so rasch wie möglich verbessern. Dabei reden wir von den Kurven. Wir haben eine adäquate PS-Leistung - natürlich will man immer mehr, darüber würde man sich nie beschweren, aber das muss uns keine Sorgen machen. Wir müssen uns auf das Auto konzentrieren. Für alle ist offensichtlich, dass wir es nicht geschafft haben, uns wirklich zu steigern. Wir versuchen es und hoffentlich sehen wir mit einer leichten Richtungsänderung bald Ergebnisse, aber wir sind nach unseren selbst auferlegten Standards im Moment nicht wettbewerbsfähig genug."

Frage: "Noch einmal zu der Disqualifikation. Toyota hatte in Montreal genau dasselbe Problem. Kann es sein, dass es da vielleicht eine Grauzone im Reglement gibt, die zu dieser Affäre geführt hat?"
Williams: "Das glaube ich nicht. Ich habe das Wort Schwerfälligkeit mit Absicht verwendet. Es ist eine interne Angelegenheit, aber wir haben etwas übersehen oder die Abfolge nicht genau nachgeprüft und ich muss ehrlich sagen, ich habe die Befehlskette nicht selbst überprüft. Es hat uns hart getroffen, wir haben das aber verdient. Da muss man eben bezahlen."

Frage: "Über die Fahrerpaarung für nächstes Jahr wirst du wahrscheinlich auch nicht viel erzählen wollen, aber es sollte hier zur Sprache kommen. Wie passen zwei Fahrer, die einen Amerika-Bezug haben - Jacques Villeneuve und Scott Dixon -, in eure Pläne?"
Williams: "Wir haben eine Liste, denn wir wissen, dass wir Fahrer brauchen. Wir haben Scott schon getestet und wir könnten Jacques testen oder auch nicht. Das Ersetzen der Fahrer ist im Moment nicht mein Hauptfokus. Nach Ende Juli sollten die Dinge etwas klarer werden. Dann werden wir dem Thema mehr Aufmerksamkeit schenken. Das größte Problem ist, ein Siegerauto zu bauen, erst dann kann das Telefon läuten."

Braucht Williams 2005 einen oder zwei neue Fahrer?

Frage: "Du hast gesagt, ihr braucht Fahrer. Da muss ich nachhaken, denn wenn man es ganz genau nimmt, braucht ihr im Moment nur einen Fahrer..."
Williams: "Zur jetzigen Zeitpunkt hat sich Ralf noch nicht entschieden, was er machen will, ansonsten hätte es schon eine Bekanntgabe gegeben. Wir müssen langfristig Vorkehrungen treffen, um nicht plötzlich zum falschen Zeitpunkt mit leeren Händen dazustehen, wenn keine bedeutsamen Fahrer mehr verfügbar sind. Wir halten uns am Fahrermarkt auf, schauen und hören uns um."

Frage: "Die Teamchefs haben sich ab Silverstone auf ein neues Qualifying-Format geeinigt. Was kannst du darüber verraten?"
Williams: "Noch ist nichts beschlossen. Es ist insofern bestätigt, als ich weiß, dass es Williams unterzeichnet hat, aber weder Max noch Bernie haben mir mitgeteilt, dass es formell gesehen schon fix ist. Es gibt noch einige Vorbehalte, ob nicht doch das, was wir jetzt machen, geeigneter ist als das, was ab Silverstone gemacht wird, falls es dazu kommt."

Frage: "Wie sehen die konkreten Pläne ab Silverstone aus?"
Williams: "In Silverstone soll es nur noch ein Qualifying geben, aufgeteilt in zwei 25-minütige Sessions mit zehn Minuten Pause dazwischen. Jedem Team ist erlaubt, sechs Runden pro Session zu drehen, und für die beiden 25-Minuten-Sessions vier Reifensätze zu verwenden. Man muss das Rennen mit den Reifen beginnen, mit denen man sich qualifiziert hat, und zum ersten Mal in der Geschichte der Formel 1 gilt als Zeit die Summe der beiden erzielten Zeiten."

Frage: "Mit welchem Startbenzin muss ins Rennen gegangen werden?"
Williams: "Ich denke, man sollte auftanken, bevor das Qualifying beginnt, aber die Mehrheit ist dafür, erst vor dem Start des Rennens aufzutanken. Wenn alle unterschrieben haben, wird es auch so sein."