• 17.06.2004 21:59

Barrichello: "Ich fahre, um Spaß zu haben"

Rubens Barrichello über das teaminterne Ferrari-Duell mit Michael Schumacher, die weitere Saison und das neue Qualifying

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Rubens. Wie ärgerlich war es, dass du in Kanada nicht an Michael Schumacher vorbei kamst, obschon du schneller unterwegs warst?"
Rubens Barrichello: "Ein bisschen. Ich wusste, dass Michael mindestens eine Runde mehr als ich fahren konnte. Ich hatte nur eine richtige Chance. Michael war fair, er hielt seine Linie und ich stieß in die Innenseite. Für einen Moment dachte ich, dass ich ihn hätte, weil ich neben ihm war. Aber ich hatte schon vor ein paar Jahren mit David Coulthard eine ähnliche Situation. Er kam etwas nach außen und drängte mich ab, sodass wir beide geradeaus fuhren. Daher wollte so spät wie möglich bremsen, gleichzeitig aber auch die Schikane schaffen. Wenn Michael geradeaus gefahren wäre und ich die Schikane durchfahren hätte, dann hätte er mich vielleicht wieder vorbei lassen müssen. Ich hatte auf der Innenseite aber weniger Haftung als er, und er schaffte es, wenn auch komplett im Drift, die Schikane zu durchfahren. Das war schon an der Grenze. Etwas anderes hätte ich wohl kaum machen können. Zu diesem Zeitpunkt habe ich mein Bestes gegeben."

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello (Ferrari)

Rubens Barrichello glaubt, näher an Michael Schumacher heranzukommen

Frage: "Ist es frustrierend, im gleichen Team zu fahren und zu versuchen, Michael Schumacher zu besiegen?"
Barrichello: "Nein, gar nicht. Hat bereits vorher jemand als Teamkollege versucht, Michael zu überholen? Noch nie. Ich war wahrscheinlich der erste, und darauf muss ich stolz sein. Außerhalb des Autos gibt es so viele Unbekannte, so viele Dinge und Kontroversen - aber darum kümmer ich mich nicht. Ich fahre für mich selber und Ferrari und um Spaß zu haben, und ich hatte eine Menge Spaß. Am Ende war es frustrierend, denn wenn ich Michael hätte überholen können, dann wäre ich drei oder vier Zehntelsekunden pro Runde schneller gewesen. Damit hätte ich das Rennen gewonnen. Aber das ist Racing, ich habe ihn ja nicht gefragt, ob er mich vorbei lassen würde."#w1#

Frage: "Ihr habt von den Startpositionen sechs und sieben aus wieder die ersten beiden Plätze belegt. Die Fans bekommen langsam den Eindruck, dass ihr es ohnehin immer schafft."
Barrichello: "Das denke ich nicht. Wir haben uns schon sehr gewundert, wie die anderen ihre Zeiten gefahren sind. Wir lagen ja mehr als eine Sekunde zurück, und es gab einen Zeitpunkt am Wochenende, da waren wir eine Sekunde voraus. Wir haben uns schon gewundert. Aber wir haben ein fantastisches Auto für jeden Kurs, daran gibt es keinen Zweifel. Es war gut zu sehen, dass wir die Pace wieder hatten, aber dafür mussten wir hart arbeiten. Ich konnte Kimi Räikkönen überholen und dann schnell auf Michael aufholen. Dann sahen wir, dass die anderen begannen, an die Boxen zu fahren. Da sagte ich: 'Oh, das wird ein guter Nachmittag werden'."

Frage: "Was denkst du aber das neue Qualifying, das ab Silverstone eingeführt werden wird?"
Barrichello: "Darauf freue ich mich. Aber ich mag es nicht, wenn etwas zu häufig geändert wird, denn das sieht dann so aus, als wüssten wir nicht, was wirklich passiert. Für die Öffentlichkeit sieht das ja noch schlimmer aus. Sicher bin ich mir jedoch noch nicht bei der Addierung der Ergebnisse. Die Zeiten werden dadurch schwanken. Jemand, der Erster hätte werden können, ist dann nur Dritter, obschon er der schnellste Fahrer war. Aber das ist zu neu für mich, ich weiß noch nicht, ob mir das gefällt."

Frage: "Worin liegt die Dominanz von Michael Schumacher begründet? Ist es der Mensch oder die Maschine, oder der Mensch und die Maschine?"
Barrichello: "Nach all den Jahren, die ich mit Michael fahre, ist er noch immer sehr enthusiastisch und gut. Es erfüllt mich mit Stolz, dass ich gegen ihn fahre, denn somit fahre ich gegen den Besten. Und auch ich werde immer besser. Michael hat alles aussortiert. Linksbremsen, Rechtsbremsen, all dies, was ich auch tue. Michael fährt die gesamte Saison mit dem Auto perfekt. Ich habe das Gefühl, dass ich ihm näher komme. In Kanada hatte ich im Qualifying die Chance, vor ihm zu stehen, wenn ein kleiner Fehler nicht passiert wäre. Aber in meiner neuen Sichtweise gibt es keine 'Wenns'."

Frage: "Erinnerst du dich an die Zieldurchfahrt 2002 an gleicher Stelle hier? Michael Schumacher wollte ein Zielfinish und du konntest das Rennen wohl eher unabsichtlich gewinnen. Überraschen dich die Aktionen von Michael und hat dies eure Verbindung als Teamkollegen gestärkt?"
Barrichello: "Wir haben viel darüber gesprochen. Aber damals waren wir ja beide überrascht. Ich denke, dass es eine Umkehrung des Vorfalles in Österreich war. So könnte man das sagen. Die Verbindung zwischen uns hat es eher nicht berührt. Ich habe das Gefühl, Österreich gewonnen zu haben, er hat das Gefühl, in Indianapolis siegreich gewesen zu sein."