Warum Gené nur für ein Rennen bestätigt wurde
BMW-Williams bestätigte Marc Gené als Ersatzfahrer für Ralf Schumacher nur für den Frankreich-Grand-Prix
(Motorsport-Total.com) - Das BMW-Williams-Team redete in seiner heutigen Pressemitteilung nicht lange um den heißen Brei herum. Testfahrer Marc Gené hat man als Ersatzfahrer für den verletzten Ralf Schumacher nur für den kommenden Frankreich-Grand-Prix bestätigt. Welcher Pilot die darauf folgenden Rennen im Auto mit der Startnummer 4 bestreiten darf, wird die Mannschaft von Teamchef Frank Williams erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben.

© BMW AG
Marc Gené: Wie viele Rennen darf er Ralf Schumacher vertreten?
In der Tat ist es eher unwahrscheinlich, dass der sympathische Spanier alle Rennen als Ersatzfahrer bestreiten darf. Stattdessen dürfte das Team aus der Not eine Tugend machen und einen oder gar mehrere potenzielle Fahrer für die kommende Saison im Renneinsatz ausprobieren. Weil Juan-Pablo Montoya zu McLaren-Mercedes und Ralf Schumacher zu Toyota wechselt - was allgemein bekannt, nicht jedoch offiziell ist - benötigt das Team zwei neue Piloten.#w1#
Denkbare Varianten gibt es hierfür viele. Am wahrscheinlichsten erscheint im Moment ein vorzeitiger Wechsel von Jaguar-Pilot Mark Webber. Grundsätzlich ist der Australier bis Ende der Saison an das Jaguar-Team gebunden. Erst beim Großen Preis von Ungarn, Mitte August, greift eine Leistungsklausel, die Webber einen Teamwechsel für die Saison 2005 ermöglicht. Die Option für die Saison 2005 wird Jaguar aufgrund des schwachen Abschneidens diese Saison nicht ziehen können.
Dass Mark Webber sowieso ab der Saison 2005 für die Weiß-Blauen fahren wird, gilt als sicher. Zum einen haben wir dies aus dem Umfeld des 27-Jährigen erfahren, zum Zweiten gibt es für Webber keine probaten Alternativen. Renault, wo Webber noch bis kommende Saison unter Vertrag steht, wird in Kürze Jarno Trulli und Fernando Alonso bestätigen.
Jaguar ist sich mit Sicherheit schon bewusst, dass ihr Fahrer im kommenden Jahr für BMW-Williams fahren wird. Zudem sind die Grünen nicht gerade mit einem großen Budget gesegnet, sodass sie bereits mit den verfügbaren Testtagen haushalten müssen. Es wäre also durchaus sinnvoll, Mark Webber vorzeitigen zu dessen neuen Arbeitgeber ziehen zu lassen - nicht ohne natürlich eine hohe Ablösesumme zu kassieren. Das Team muss abwägen, ob die Finanzspritze für die Entwicklung wichtiger ist als mit Webber einen sicheren Faktor im Team zu haben, der Punkte einfahren kann.
Williams dürfte kein Problem haben, dem Jaguar-Team einen entsprechenden Scheck auszustellen. Solange Ralf Schumacher nicht fahren kann, übernimmt eine Versicherung das Gehalt des Deutschen. Aus der Sicht von Jaguar gäbe es ebenfalls kein Problem, einen Ersatzfahrer für Webber zu finden. Das Team verhandelt derzeit intensiv mit 'Red Bull' über einen möglichen Verkauf, es könnte also ein 'Red Bull'-Schützling oder Testfahrer Björn Wirdheim zum Einsatz kommen.
Doch es gibt noch weitere Kandidaten, die zu einem unverhofften Einsatz kommen könnten. BAR-Honda-Testfahrer Anthony Davidson ist einer jener Fahrer, die auf der Liste möglicher Piloten für die Saison 2005 bei Frank Williams stehen. Den Briten, ebenso wie den zweiten Testfahrer von Williams, Antonio Pizzonia, könnte man durchaus im Renneinsatz ausprobieren. Auch kann man nicht ausschließen, dass Jacques Villeneuve nach einem vorgezogenen Test im Williams zum Einsatz kommen wird, auch wenn dies eher unwahrscheinlich erscheint.
Spekulieren ist zugegebenermaßen wesentlich einfacher als die Spekulation in der Formel 1 in die Tat umzusetzen. Wer beim übernächsten Rennen in Silverstone im zweiten BMW-Williams sitzen wird, hängt von vielen Faktoren ab. Allzu viele Risiken kann sich das Team nicht leisten, sonst fällt es womöglich in der Konstrukteurswertung zu weit ab. Sollte Marc Gené in Magny-Cours gute Arbeit verrichten, könnte ihm dies die Möglichkeit eröffnen, weitere Rennen für das Team zu bestreiten.
Noch ist unklar, ob Ralf Schumacher in dieser Saison überhaupt noch ein Rennen bestreiten kann. Unklar ist auch, wie flexibel das Team in der Fahrerfrage ist und ob man den Deutschen jederzeit wieder in den Williams setzen muss. Der britische Rennstall dürfte kein übermäßiges Interesse daran haben, nach einer solch langen Pause einen Fahrer wieder Rennen bestreiten zu lassen, der am Saisonende sowieso zur Konkurrenz geht.
Die Spekulationen kann man sogar so weit treiben, dass Ralf Schumacher im Falle einer tatsächlich zu erfolgenden Pause bis kurz vor Saisonende vorzeitig freigestellt wird und zu Toyota geht, um dort die Aufbauarbeit noch vor dem Ende der Saison zu beginnen. Sicher ist, dass sich das Fahrerkarussell nach der Bekanntgabe von Ralf Schumacher begonnen hat, deutlich schneller zu drehen. Und man muss wohl kein Experte sein, um zu ahnen, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass Marc Gené die verbleibenden Rennen bestreiten darf.

