• 30.06.2004 17:06

  • von Fabian Hust

Ferrari gegen überstürztes neues Motoren-Reglement

Ferraris Motoren-Entwicklungschef Gilles Simon warnt davor, in der Formel 1 überhastet ein neues Motoren-Reglement einzuführen

(Motorsport-Total.com) - Hinter den Kulissen werden in den kommenden Wochen die Köpfe der Ingenieure bei den Teams rauchen. Innerhalb von zwei Monaten müssen sie dem Automobilweltverband FIA Vorschläge unterbreiten, wie man die Formel 1 einbremsen kann. Am Mittwoch beschloss der Weltmotorsportrat in Paris, dass schon für die Saison 2005 entsprechende Maßnahmen getroffen werden müssen. Sind die Vorschläge der technischen Arbeitsgruppe nicht ausreichend, wird die FIA den Teams im Oktober ein neues technisches Reglement aufzwingen.

Titel-Bild zur News: Zeichnung des Ferrari-053-Motors für das Jahr 2004

Ferrari will ausreichend Entwicklungszeit für den Motor haben

Eines der größten Streitthemen ist bekanntlich das Motoren-Reglement. Die meisten Teams sind sich einig, dass neben anderen Restriktionen auch in Sachen Motorleistung dringend eine technische Abrüstung notwendig ist. Die Vorstellungen gehen aber weit auseinander. BMW hat klar gemacht, dass eine Reduzierung auf acht Zylinder sowie eine Senkung des Hubraums von derzeit drei auf 2,4 Liter nicht in Frage kommt. Stattdessen schlägt man eine Einschränkung der verwendbaren Materialien sowie eine Ausdehnung der Laufzeit der Motoren auf mehrere Rennen vor.#w1#

Nun kritisiert auch Ferrari die Forderungen der FIA, die schon ab der Saison 2006 das neue Motorenformat in der Formel 1 sehen möchte. In den Augen des Motoren-Entwicklungschefs von Ferrari sei eine überhastete Einführung eines neuen Motoren-Reglements vor den Sponsoren, den Unternehmen und Zuschauern nicht zu verantworten: "Es wäre nicht professionell, würde man einen Motor überhastet bauen und dann Zeuge vieler Defekte im ersten Rennen werden", so Gilles Simon gegenüber der 'Gazzetta dello Sport'.

In der Formel 1 könne man es sich nicht leisten, mit einem unzuverlässigen Produkt an den Start zu gehen: "Dies ist keine Amateur-Serie. Falls sich die Regeln ändern werden, so werden wir uns danach richten, aber wir werden Schwierigkeiten haben, etwas mit jener Entwicklung vorzubereiten, die dem Wert der Formel 1 gerecht wird. In meinen Augen wäre dies nicht professionell."

Dieser Meinung werden sich wiederum mit Sicherheit nicht alle Experten anschließen. Dass man auch innerhalb kurzer Zeit einen zuverlässigen Motor entwickeln kann, bewies Renault, wo man kurzfristig den Zylinderbankwinkel von radikalen 111 Grad auf 73 Grad veränderte. Zudem ist eine praktische "Abkappung" zweier Zylinder nach Ansicht der Insider keine große technische Herausforderung.

Vielmehr geht es bei dem Motoren-Reglement darum, dass die Automobilhersteller vermeiden möchten, dass die teuerste Rennserie der Welt in Sachen Leistung keinen "Respektabstand" vor niedrigeren Klassen, wie beispielsweise der Formel 3000, hat. Ein V8-Motor dürfte eine Leistung von zunächst rund 700 PS entwickeln, die stärksten aktuellen Triebwerke leisten über 900 PS.

Der Wunsch aller Beteiligten, die Formel 1 kostengünstiger zu gestalten, würde bei einem V8-Motor drohen, unterzugehen, solange die Laufleistung nicht erhöht wird und exotische Materialien verwendet werden dürfen. Beide Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, scheint im Moment die größte Herausforderung überhaupt zu sein.