powered by Motorsport.com

Warum Berger Schumacher erst nicht leiden konnte

Gerhard Berger bezeichnet Michael Schumacher inzwischen als Freund, doch früher konnte er mit seinem damaligen Konkurrenten noch nicht viel anfangen

(Motorsport-Total.com) - Die hitzige Diskussion um die Rascasse-Affäre von Monaco ist noch gar nicht so lange her, die Tatsache, dass sich Michael Schumacher im Fahrerlager in all den Jahren auch viele Feinde gemacht hat, jedem bewusst - und doch waren alle Animositäten wie weggeblasen, als er gestern nach seinem Sieg beim Grand Prix von Italien gerührt seinen Rücktritt von der Formel 1 bekannt gab.

Titel-Bild zur News: Gerhard Berger

Gerhard Berger gehört heute zu Michael Schumachers Freunden in der Formel 1

Einer, der die Gefühle in jenem Moment gut nachvollziehen konnte, war Gerhard Berger, der 50-Prozent-Teilhaber der Scuderia Toro Rosso, der in seiner aktiven Karriere bis 1997 210 Grands Prix bestritten hat. Dass Berger zu Beginn von Schumachers Karriere mit dem aufstrebenden Superstar überhaupt nichts anfangen konnte, haben viele schon wieder vergessen, aber: "Ich glaube, ich habe damals instinktiv auf ihn reagiert. Sein Gehabe war unangenehm", sagte er im Interview mit 'Spiegel Online'.#w1#

Schumacher war Berger zu aufmüpfig

"Am liebsten hat man jemanden, der sich zuerst vorstellt, einem freundlich die Hand schüttelt und sofort zur Seite fährt, wenn er deinen Helm im Rückspiegel auftauchen sieht. Solche Fahrer kommen auch manchmal, aber nicht immer", ergänzte der 47-Jährige. "Andere siehst du zuerst gar nicht, plötzlich fährt er vor dir her, macht sich breit und lässt dich nicht vorbei. Zu allem Überfluss ist der sauschnell. Michael hat zu diesem Typus gehört."

"Am liebsten hat man jemanden, der sofort zur Seite fährt, wenn er deinen Helm im Rückspiegel auftauchen sieht." Gerhard Berger

Berger sieht in Schumacher einen auf Erfolg programmierten Robotermenschen, der zumindest im Rennauto ohne Rücksicht auf Verluste alles dem Ziel unterordnen kann, zu gewinnen. Diesbezüglich gibt es Parallelen zur 1994 verstorbenen Formel-1-Legende Ayrton Senna: "Der hat vor dem Rennen die Bibel gelesen und im Rennen ist er dir über den Kopf gefahren. Die Supererfolgreichen ticken alle so", gab der zehnfache Grand-Prix-Sieger zu Protokoll.

Heute sieht er Schumacher mit anderen Augen: "Erstens respektiere ich sein Können und seinen enormen Erfolg. Zweitens hat er bewiesen, dass er auch Leute führen kann. Er ist irrsinnig gereift. Obwohl er sehr viel Geld verdient hat, ist er nicht abgehoben. Ein Privatflugzeug ist für ihn ein praktisches Transportmittel, kein Schickimicki. Ihn interessieren nur zwei Sachen wirklich: Sport und Familie", streute er dem siebenfachen Weltmeister Rosen.

Berger bewundert Schumachers Motivation

Und weiter: "Mich hat beeindruckt, dass jemand sein Bankkonto auf dieses Maß bringt und trotzdem motiviert genug bleibt, sich jeden Tag im Fitnessraum zu quälen und Jahr für Jahr Zehntausende von Testkilometern herunterzuspulen. Privat habe ich festgestellt, wie vernünftig man mit ihm diskutieren kann. Er denkt zuerst, bevor er redet. Und er hat eine nette Familie. Kurz gesagt: Er läuft rund", fügte Berger seiner Lobeshymne an.

"Privat habe ich festgestellt, wie vernünftig man mit ihm diskutieren kann. Er denkt zuerst, bevor er redet." Gerhard Berger

Seine Meinung über Schumacher hat sich übrigens 1995 geändert, als Berger noch für Ferrari fuhr und von Teamchef Jean Todt mitgeteilt bekam, dass der Deutsche von Benetton kommen würde. Todt machte sich für ein klärendes Gespräch zwischen seinen beiden Wunschkandidaten stark, ehe Berger bei Benetton unterschrieb. Dort konnte er Schumachers Weltmeisterauto bei den ersten Testfahrten nicht bändigen, wodurch sein Respekt vor dem vermeintlichen Feind zu wachsen begann.

"Als ich bei Ferrari fuhr und Ende 1995 klar war, dass er zum Team stößt, sagte mir Todt: 'Der Michael ist nicht verkehrt. Ihr werdet euch verstehen. Rede doch mal mit ihm!'", erinnerte sich Berger zurück. "Da habe ich ihm geantwortet: 'Du glaubst doch nicht, dass ich mit dem Wahnsinnigen rede!' Aber Todt ließ nicht locker. Wir haben uns also unterhalten und tatsächlich gut verstanden. Mittlerweile würde ich Michael zu meinen Freunden zählen."

Folgen Sie uns!

Anzeige

Folge uns auf Instagram

Folge uns jetzt auf Instagram und erlebe die schönsten und emotionalsten Momente im Motorsport zusammen mit anderen Fans aus der ganzen Welt