Villeneuve: "Es gibt immer Angebote"
Im Gespräch mit Jacques Villeneuve über das BAR-Honda-Team, den verbesserten BAR004 und die Strecke in Montreal
(Motorsport-Total.com) - Seit 75 Rennen konnte Jacques Villeneuve inzwischen keinen Grand-Prix-Sieg mehr feiern. Nachdem der Kanadier 1997 den Luxemburg-Grand-Prix auf dem Nürburgring gewonnen hatte und zwei Rennen später in Jerez Weltmeister wurde, konnte er keine weiteren Grand Prixs mehr gewinnen. Nach einer enttäuschenden Saison 1998 bei Williams-Mécachrome wechselte er für die Saison 1999 zum neugegründeten BAR-Team, welches er zusammen mit seinem Manager Craig Pollock zum Top-Team machen wollte. Doch daraus wurde bis heute nichts.

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Ist von seinen Fähigkeiten überzeugt: Jacques Villeneuve
Statt Siegen holte die Mannschaft im Debütjahr nicht einen einzigen WM-Punkt. Zwar konnte man 2001 in Spanien und Deutschland immerhin zwei Mal auf Platz drei auf dem Podium stehen, doch eigentlich wollte das Team längst um Siege kämpfen. Ende vergangenen Jahres trennte sich BAR-Honda von Teamchef Craig Pollock, da man noch immer keine Erfolge erzielt hatte.
Villeneuve: "Ich bereue überhaupt nichts"
Dennoch stellte Jacques Villeneuve auf einer Pressekonferenz in seinem Restaurant 'Newtown' in Montreal im Vorfeld des Kanada-Grand-Prixs klar, dass er den Wechsel zu BAR nicht bereut. "Ich bereue es überhaupt nicht", sagte der Lokalmatador vor der Presse. "Ich traf eine Entscheidung und es lief nicht so wie geplant. Wir erzielten nicht die Resultate, arbeiteten aber hart. Doch wer weiß, ob irgend eine andere Entscheidung besser gewesen wäre? Möglicher Weise wäre es schmerzend gewesen, wenn ich zu einem anderen Team gegangen wäre. Ich bedaure es nicht, aber es war schwierig. Es war sehr hart und frustrierend. Es nimmt viel Kraft."
Obwohl viele glauben, dass der ehemalige Rivale von Michael Schumacher viel von seinem Kampfgeist verloren hat, stellte Jacques Villeneuve klar: "Sobald du im Auto sitzt oder mit den Ingenieuren arbeitest, musst du professionell sein. Es ist wichtig, dass ich mit dem Gefühl nach Hause gehe, alles gegeben zu haben." Doch dies half bisher nicht, um das Team dort hin zu bringen, wo es alle Beteiligten haben wollen.
Villeneuve fand die Entlassungen von Pollock richtig
Nachdem seit Mitte Dezember 2001 David Richards bei BAR-Honda die Fäden in der Hand hält, hat sich im Team viel verändert. Der neue Boss entlies gleich eine Reihe von Mitarbeitern, wogegen Jacques Villeneuve nie etwas einzuwenden hatte. "Wenn wir mit den selben Leuten weitergemacht hätten, dann hätten wir uns weiterhin rückwärts entwickelt", unterstützt der 31-Jährige seinen Teamchef. Unter anderem neu ins Team kam Geoffrey Willis, der als Technischer Direktor die Aufgagen von Malcolm Oastler übernahm. Der 106-fache Grand-Prix-Teilnehmer Jacques Villeneuve kannte Geoffrey Willis bereits aus der gemeinsamen Zeit bei Williams. "Mit 'Geoff' war es einfach, weil wir schon bei Williams zusammengearbeitet haben", so der Wahlmonegasse. "Auch mit David (Richards; d. Red.) arbeite ich gut zusammen, weil er das Team nach vorne bringen will."
In Folge der teaminternen Änderungen wurde bereits seit Saisonbeginn an einer kompletten Überarbeitung des BAR004 gearbeitet, denn immerhin konnte das Team mit dem Auto, welches bis zum siebten Saisonlauf in Monte Carlo eingesetzt wurde, noch nicht einen WM-Punkt holen. Entweder konnten sich Jacques Villeneuve und Olivier Panis im Qualifikationstraining nicht weit genug vorne qualifizieren, um im Rennen Punkte zu holen, oder sie schieden mit technischen Defekten im Grand Prix aus.
Villeneuve hofft auf den verbesserten BAR004
In Kanada wird nun erstmals eine komplette Überarbeitung des BAR004 zum Einsatz kommen. Das neue Auto soll vor allem im aerodynamischen Bereich besser sein. Dafür veränderte man die seitlichen Windabweiser, die Seitenkästen, die Hinterradaufhängung und den Diffuser. Außerdem wurde das Getriebe des Autos überarbeitet, so dass das Team aus Brackley hofft, dass man damit endlich die ersten Saisonpunkte einfahren kann. "Wir sollten mindestens ein Auto haben, das uns erlaubt, anzugreifen", erklärte der 1 Meter 68 große Rennfahrer. "Wie konkurrenzfähig es sein wird? Ich weiß es nicht. Wir finden es am Freitag heraus."
Obwohl Jacques Villeneuve auf dem 'Gilles Villeneuve Circuit', der nach seinem 1982 verstorbenen Vater benannt ist, bisher nur 1996 als Zweiter WM-Punkte sammeln konnte, freut sich der Lokalmatador auf sein Heimrennen, auch wenn er ein schwieriges Wochenende erwartet. "Es ist die erste Strecke der Saison, auf der man mit wenig Abtrieb fährt", weiß der 13-fache Pole-Setter. "Sogar Hockenheim wurde jetzt umgebaut, so dass man nur noch in Montreal und Monza mit wenig Abtrieb fährt, weshalb die Autos dafür eigentlich nicht mehr richtig gebaut werden."
Villeneuve: "Du sprichst immer mit anderen Teams"
Viel wird derzeit über die Zukunft von Jacques Villeneuve in der Königsklasse des Motorsports spekuliert. Angeblich sei er mit seinem Gehalt von geschätzten 16 Millionen Euro pro Saison für das BAR-Honda-Team zu teuer. Der Indy-500-Sieger von 1995 selbst ist aber fest davon überzeugt, dass er auch 2003 für BAR-Honda fährt. "Du sprichst immer mit anderen Teams", ließ der Pastaliebhaber wissen.
"Die Boxengasse kann manchmal sehr sozial sein", fuhr der Indy-Car-Meister von 1995 fort. "Du sagst oft 'Hallo' zu den anderen Teams, aber das ist alles. Es gibt immer Angebote. Aber es ist zu früh in der Saison und jeder weiß, dass ich einen Vertrag für die kommende Saison habe. Die Teams wünschen sich Siege. Doch viele Teams denken, dass ich nicht mehr hungrig bin, aber das ist falsch, weil sie sehen, dass ich hungrig bin, so wie ich auf der Strecke fahre und arbeite."
Villeneuve: "Bin ein besserer Rennfahrer geworden"
Jacques Villeneuve glaubt sogar, dass er seit seinem WM-Titel 1997 ein besserer Rennfahrer geworden ist. "Ich bin körperlich fitter und kann heute härter fahren als vor fünf Jahren", zitiert die Fachzeitung 'Motorsport aktuell' den BAR-Honda-Fahrer. "Wenn ich mit der Erfahrung von heute wieder in den Williams von 1997 klettern könnte, würde ich mehr Rennen gewinnen als damals."

