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Veränderte Formel-1-Kommission nimmt Formen an

Analyse nach dem Gipfeltreffen: So, mit neuem Führungskomitee, sollen Regeländerungen in der Formel 1 künftig erarbeitet und beschlossen werden

(Motorsport-Total.com) - Im Zuge der Verhandlungen über ein neues Concorde-Agreement steht seit Wochen der Plan im Raum, den Prozess zur Einführung neuer Regeln zu verändern. Dabei geht es in erster Linie um die Formel-1-Kommission, bisher ein 26-köpfiges Gremium unter anderem mit Vertretern aller zwölf Teams, der Inhaber der kommerziellen Rechte, der Rennstrecken, Sponsoren, Motoren- und Reifenhersteller.

Titel-Bild zur News: Ross Brawn, Martin Whitmarsh, Stefano Domenicali, Eric Boullier

Die Teamchefs finden, dass das Treffen am Montag in Paris produktiv war Zoom

Bernie Ecclestones Idee war ursprünglich, dieses Gremium durch eine Art "Sechser-Regelkommission" zu ersetzen, besetzt von Vertretern von Ferrari, Red Bull, McLaren, Mercedes, Williams und Lotus. Nach zahlreichen Protesten wurde die Idee nun laut Informationen von 'Motorsport-Total.com' in einen neuen Rahmen gefasst. Der Plan sieht vor, dass die bestehende Kommission nicht ersetzt, sondern ein zusätzliches Gremium als Führungskomitee installiert wird.

Dieses Führungskomitee soll insgesamt 18 Stimmen umfassen: sechs für die Teams, sechs für die Inhaber der kommerziellen Rechte und sechs für den Automobil-Weltverband FIA. Allerdings können Ecclestone und FIA-Präsident Jean Todt als Einzelrepräsentanten alle sechs Stimmen en bloc abgeben, wohingegen die nominierten Teams vollzählig anwesend sein müssen, um ihre sechs Stimmen dann einzeln abgeben zu können.

Mosley begrüßt derzeit diskutierten Vorschlag

Bei den sechs Teams handelt es sich um Ferrari, Red Bull, McLaren, Mercedes und Williams sowie das bestplatzierte nicht nominierte Team in der Konstrukteurs-WM. Das wäre momentan Lotus. Eine Lösung, die Max Mosley begrüßt: "Wenn es zum Führungskomitee geht, haben gewisse Teams eine Stimme, weil sie im Sport etabliert sind. Dazu kommt ein rotierendes Team. Dabei würde es sich um das Team mit den meisten Punkten handeln."

"So war es übrigens schon 1981", erklärt der ehemalige FIA-Präsident gegenüber 'Sky Sports F1'. "Wir hatten damals drei britische Teams und drei große Konstrukteure. Das hat sehr gut funktioniert, denn jeder repräsentierte seine Gruppe. Ich denke, dass das funktionieren könnte. Der ursprüngliche Vorschlag, dass nur zwei oder drei Teams die Regeln machen, hätte niemals funktioniert. Das war offensichtlich falsch."

Im bis Ende 2012 laufenden Concorde-Agreement ist festgelegt, dass neue Regeln zuerst von der Technischen oder Sportlichen Arbeitsgruppe vorgeschlagen werden müssen. Diesen Arbeitsgruppen gehören Vertreter aller zwölf Teams an, den Vorsitz hat FIA-Mann Charlie Whiting. Von der Arbeitsgruppe geht jeder Regelvorschlag dann an die Formel-1-Kommission. In dieser ist momentan eine Mehrheit von 18 der 26 Stimmen erforderlich.

Die Kommission kann Regeln nur durchwinken oder ablehnen. Ist sie mit einem Vorschlag einverstanden, wird dieser dem FIA-Motorsport-Weltrat zur endgültigen Ratifizierung vorgelegt. Legt sie hingegen ihr Veto ein, sind wieder die Arbeitsgruppen am Zug, denn eigenmächtige Umformulierungen oder Anpassungen sind in den Concorde-Statuten nicht vorgesehen. Daher soll das neue Führungskomitee zwischen Arbeitsgruppen und Kommission geschaltet werden.


SNTV: Gipfeltreffen in Paris

"Jeder erkennt", sagt Mercedes-Teamchef Ross Brawn, "dass die Formel-1-Kommission ein wichtiges Gremium ist, aber es ist nicht einfach, diese Gruppe zusammenzubekommen, um über die Zukunft der Formel 1 zu diskutieren." Damit meint er vor allem die logistische Herausforderung, dass 26 hochrangige Vertreter unterschiedlicher Herkunft ihre Termine koordinieren und zu einem gemeinsamen Treffpunkt fliegen müssen.

Brawn begrüßt zusätzliches Gremium

"Ich denke, die neue Gruppe wird als Forum für den Inhaber der kommerziellen Rechte, den Verband und die Teams sehr wichtig sein, um über die Zukunft der Formel 1 zu sprechen. Was wollen wir? Sind die Rennen gut, sind sie schlecht? Müssen wir das Konzept verändern? Müssen wir das Qualifying entwickeln? Wie ist die Reifensituation? Für all diese breiten Themen, für die es keine strukturierte Diskussions-Organisation gibt, wird das sehr nützlich sein", findet Brawn.

Doch trotz des zwischengeschalteten neuen Gremiums soll auch die Formel-1-Kommission reformiert werden. Vorgesehen ist etwa, dass nur noch Teams stimmberechtigt sind, die bereits WM-Punkte gesammelt haben - ein Rückschlag für Caterham, Marussia und HRT. Auch an der Anzahl der stimmberechtigten Rennstrecken, Sponsoren, Motoren- und Reifenhersteller wird gerüttelt. Pirelli zum Beispiel wäre dann gar nicht mehr vertreten.

Bei den Motorenherstellern ist der Fall komplex: Ferrari und Mercedes zum Beispiel würden ihre Motorenstimme verlieren, weil sie als Team ohnehin weiterhin stimmberechtigt sind, wohingegen Renault und Cosworth einen gemeinsamen Repräsentanten entsenden dürften. Außerdem durften die Teams bisher zwei Rennstrecken selbst nominieren (Ecclestone vier). Dieses Recht wird ihnen künftig komplett weggenommen.

Diese neue Zusammensetzung bedeutet eine Verkleinerung der Kommission von 26 auf derzeit 18 Mitglieder: neun Teams, FIA, Inhaber der kommerziellen Rechte, ein Motorenhersteller und sechs Rennstrecken. Der Einfluss der Teams sinkt damit von bisher 66 (wenn man von ihnen nominierte Rennstrecken sowie andere Partner einrechnet) auf 50 Prozent der Stimmen. Wenn jedoch Caterham und Co. punkten, hätten die Teams wieder eine Mehrheit.

All diese Details geben einen Vorgeschmack darauf, was Ecclestone, die FIA und Teams noch verhandeln müssen, ehe sie ein gemeinsames Concorde-Agreement für die Jahre 2013 bis 2020 ratifizieren können. Zumindest scheinen sich die beteiligten Parteien aber nicht mehr gegenseitig die Köpfe einzuschlagen: "Das Wichtigste ist, dass es ein produktives Treffen war und jeder damit zufrieden schien", betont Red-Bull-Teamchef Christian Horner.