• 20.08.2008 10:12

Vasselon: "Budapest war kein Einzelfall"

Toyotas Technischer Direktor Pascal Vasselon im Interview über Timo Glocks nach oben zeigende Formkurve und den Kampf um den vierten WM-Rang

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Pascal, was ist der Schlüssel zur Vorbereitung auf eine noch unbekannte neue Strecke wie Valencia?"
Pascal Vasselon: "Wir bereiten uns im Wesentlichen so vor, wie wir das bei einer neuen Strecke immer tun. Wir beginnen mit den Informationen, die wir von der FIA erhalten, und stellen einige Geschwindigkeitsprofile auf. Dieses Mal stehen auch zusätzliche Informationen zur Verfügung, weil dort vor dem Grand Prix schon ein Rennen für Formel-3- und GT-Autos stattgefunden hat. Das gab uns die Gelegenheit, selbst Informationen zu sammeln. Einige von unseren Leuten haben sich die Logistik angesehen und technische Daten zu den Fahrlinien eingeholt. Wir sind dieses Mal also vermutlich besser vorbereitet als bei anderen neuen Strecken."

Titel-Bild zur News: Pascal Vasselon

Pascal Vasselon nimmt BMW im Kampf um den dritten WM-Platz ins Visier

Frage: "Was sind deine ersten Eindrücke?"
Vasselon: "Für einen Straßenkurs sind die Auslaufzonen und die Breite der Fahrbahn beeindruckend. Die Strecke ist sehr, sehr breit und auch einigermaßen schnell. Wir erwarten, dass sie im mittelhohen Abtriebsniveau liegt und ziemlich stark die Bremsen beansprucht. Der Grip dürfte anfangs ziemlich gering sein, wird im Laufe des Wochenendes aber besser werden. Das Abtriebsniveau unterscheidet sich von Ungarn erheblich, weil die Durchschnittsgeschwindigkeit relativ hoch ist, weshalb sich alle um weniger Abtrieb bemühen werden, wobei aber zu beachten ist, dass der Grip ziemlich niedrig zu sein scheint."#w1#

Schwenkbrücke als Fragezeichen

"Uns macht vor allem die Schwenkbrücke Sorgen." Pascal Vasselon

Frage: "Einige Formel-3-Fahrer meinten, dass die Kerbs ein Problem sein könnten. Gibt es etwas, was dir Sorgen macht?"
Vasselon: "Solche Details gehören zu den Dingen, die wir vor dem Grand-Prix-Wochenende noch aufgreifen werden. Uns macht vor allem die Schwenkbrücke Sorgen. Da sie normalerweise gedreht werden muss, um die Boote in den Hafen zu lassen, ist ein 3 Zentimeter breiter und einige Millimeter hoher Spalt vorhanden. Es scheint, dass es in der Formel 3 einige Schwierigkeiten damit gegeben hat, weshalb wir die Situation sehr genau beobachten werden."

Frage: "Wie wichtig ist der Fahrbahnbelag in Bezug auf die eingesetzten Reifen?"
Vasselon: "Extrem wichtig. Die Reifenauswahl liegt fest, der Belag gibt aber den Ausschlag dafür, ob wir unter den gestellten Bridgestone-Reifen primär die weichen oder die superweichen Reifen einsetzen. Er beeinflusst auch das Abtriebsniveau."

Frage: "Kommt dem Freien Training am Freitag deshalb in Valencia eine zusätzliche Bedeutung zu?"
Vasselon: "Man kann wohl erwarten, dass viel gefahren wird, aber nicht so sehr zu Beginn der Sitzung, weil die Strecke da noch staubig ist. Sicher ist aber, dass wir noch viele Daten einzufahren haben, und es werden wohl erheblich mehr Runden gefahren als auf einer Strecke, die schon gut bekannt ist."

Frage: "Genießt du die Herausforderung, ein Rennen auf einem neuen Kurs zu fahren?"
Vasselon: "Es ist immer eine zusätzliche Herausforderung, wenn man keine Referenzdaten hat, und man muss mehr darüber nachdenken, was vergleichbar ist. Es ist schon interessanter, wenn man versuchen muss, schneller als die Konkurrenz die leistungsbestimmenden Faktoren herauszufinden. Es wird ein sehr arbeitsreiches Wochenende und es kann sein, dass es logistisch etwas eng wird, weil dies eine neue Situation ist. Ich glaube aber, dass wir am Ende alles auf der Reihe haben."

Frage: "Was war deine Reaktion auf Timo Glocks zweiten Platz in Ungarn?"
Vasselon: "Es versteht sich, dass wir mit unserer Leistung in Ungarn sehr zufrieden waren. Unsere Pace war wirklich gut, besonders bei Timo, der vom zweiten Platz einmal abgesehen auch im Qualifying um einen der ersten drei Plätze gekämpft hat."

Tolles Qualifying von Glock in Ungarn

"Timos Rennen war hervorragend." Pascal Vasselon

"Seine erste Rundenzeit im Q3 war sogar die zweitbeste der ganzen Session, wenn man die Spritlasten berücksichtigt, nur Hamilton war besser. Der fünfte Startplatz war sein bisher bestes Qualifyingergebnis und für das Team in Bezug auf die Pace insgesamt vielleicht sogar das beste der ganzen Saison. Timos Rennen war ebenfalls hervorragend und er lag performancemäßig sehr nahe am McLaren von Kovalainen, weshalb er den Platz auf dem Podest voll verdient hat."

Frage: "Hast du nach den Erfahrungen der ersten Saisonhälfte den Eindruck, dass Timo stärker geworden ist?"
Vasselon: "Er wird immer besser, sowohl im Qualifying als auch im Rennen, und sieht sehr viel versprechend aus. Er ist in dieser Saison schon mehrere Male stark gewesen und hat besonders in Hockenheim eine hervorragende Pace gezeigt. Budapest war also kein Einzelfall. Es ist offensichtlich, dass Timo seine Lernphase allmählich abzuschließen scheint. Jarno (Trulli; Anm. d. Red.) hat im Ungarn-Vergleich vielleicht einige Zehntel zurück gelegen, er war aber mit seinem Setup nicht ganz zufrieden, hatte im Qualifying eine größere Spritlast und fuhr mit seinem Motor das zweite Rennen, während der von Timo noch neu war. In Budapest waren also beide Autos sehr konkurrenzfähig, was sehr gut für das Team ist."

Frage: "Glaubst du, dass ihr nach den zehn Punkten von Ungarn den vierten Rang in der Konstrukteurswertung über den Rest der Saison halten könnt?"
Vasselon: "Das ist unsere Zielsetzung, und nach den letzten vier Rennen ist das auch der Rang, den wir verdienen. Aber in der Formel 1 weiß man nie, was als Nächstes kommt, und wir unterschätzen auf keinen Fall, was andere Teams wie Renault und Red Bull leisten können. Wenn man einmal die Performance seit Magny-Cours zugrunde legt, glaube ich, dass wir den Kampf mit BMW um das drittschnellste Paket aufnehmen können. Valencia wird auch zeigen, wie gut die Teams in der Lage sind, auf neue Bedingungen zu reagieren und vorherzusehen, was die leistungsbestimmenden Faktoren sind. Es wird interessant werden."

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