• 26.09.2001 10:00

US-Grand-Prix: Angst vor neuem Anschlag

Während die Veranstalter versichern, dass nichts dem Zufall überlassen wird, machen sich Fahrer und Teams Sorgen

(Motorsport-Total.com/dpa) - Die Angst vor einem neuen Anschlag überlagert den Großen Preis der USA. Auch wenn keiner der Formel-1-Piloten mehr von einem Startverzicht aus Solidarität mit den Opfern und Sorge um die eigene Sicherheit spricht, beschäftigen die aufwühlenden Bilder aus New York und Washington noch alle. "Ich glaube, ich darf für alle Fahrer sprechen, wenn ich sage, dass wir immer noch tief betroffen und extrem geschockt sind von dem Ausmaß des Terrors, und dass wir allen Angehörigen der Opfer unser ehrliches Mitgefühl aussprechen wollen", drückte Michael Schumacher stellvertretend für seine Kollegen die Gefühle vor dem vorletzten Saisonlauf in Indianapolis aus. Laut 'Bild' will sein Ferrari-Team dort als Zeichen der Solidarität mit der US-Flagge starten.

Titel-Bild zur News: Gerhard Berger

Berger: "Business as usual wird nicht möglich sein."

Die Veranstalter versuchen indes, die angespannte Stimmung mit Hinweisen auf die erhöhten Sicherheitsstandards zu beruhigen. "Alle Beteiligten möchten die Gewissheit haben, dass sie sich sicher fühlen können. Sie können die Gewissheit haben, wir werden nichts dem Zufall überlassen", versprach Sicherheitsdirektor Jim Campbell. "Das Indy 500 und die Brickyard 400 ziehen noch mehr Zuschauer an als der US-Grand-Prix und wir haben auch diese Rennen jedes Jahr sicher ausgetragen. Das wird uns auch diesmal gelingen." Vor dem Hintergrund der Tragödie muss die Absage sämtlicher Partys und des Grand-Prix-Balls als Minimum einer Geste gewertet werden.

Nicht zuletzt der massive Druck von Formel-1-Chef Bernie Ecclestone und Max Mosley, Präsident des Internationalen Automobil-Verbandes (FIA), hat die in Monza noch massiven Widerstände brechen helfen. Oft gegen die innere Überzeugung gingen Piloten und Team-Verantwortliche zur Tagesordnung über. Schumacher hofft, dass die Formel 1 "den Menschen in den USA ein wenig moralische Unterstützung und etwas Ablenkung bringen" könnte. "Wir wollen Mut machen und den Leuten aus ihrer Erstarrung heraus helfen", begründete der viermalige Weltmeister seinen Start trotz größter Betroffenheit.

BMW-Motorsportdirektor Gerhard Berger pflichtete bei: "Auf Grund der Ereignisse gab es natürlich viele Diskussionen um den Grand Prix. Aus unserer Sicht ist jetzt vor allem wichtig, dass sich bei diesem Rennen jeder voll und ganz auf seine Aufgabe konzentriert und seine Arbeit bestmöglich macht. "Business as usual wird aber trotz aller Appelle angesichts der weiterhin unsicheren und äußerst kritischen internationalen Lage nicht möglich sein.

So rückt auch das Sportliche in den Hintergrund, obwohl im schnellsten "Nudeltopf" der Welt Rekorde und Vorentscheidungen im Rennen um die Vize-Weltmeisterschaft fallen können. Schumacher, im Vorjahr beim Ferrari-Doppelerfolg in Indianapolis strahlender Sieger vor dem Teamkollegen Rubens Barrichello, kann gleich zwei Bestmarken einstellen oder gar brechen. Triumphiert der 52-malige Grand-Prix- Gewinner aus Kerpen am Sonntag (Start: 2000 Uhr), egalisiert er den vom Briten Nigel Mansell (1992) und ihm selbst (1995/2000) gehaltenen Rekord von neun Saisonsiegen.

Zudem würde der nach 15 Läufen mit 107 Zählern souverän führende WM-Spitzenreiter eine neue Punkte-Bestmarke aufstellen. Bisher liegen in dieser Statistik ebenfalls Mansell und er mit je 108 Punkten vorn. Schon ein sechster Rang reicht dem Rheinländer zur Einstellung dieses Rekords.

Spannender als "Schumis" Rekordjagd ist der Fahrer-Dreikampf um Rang zwei der Gesamtwertung sowie das Duell McLaren-Mercedes contra Williams-BMW in der Konstrukteurs-WM. Noch liegt Silberpfeil-Pilot David Coulthard (57) knapp vor Barrichello (54) und Ralf Schumacher (48). Aber auf dem 4,192 km langen Hochgeschwindigkeitskurs gelten die Blau-Weißen dank der BMW-Power wie zuletzt in Monza als Favoriten. "Ich denke, wir sind gut vorbereitet", beurteilte "Schumi II" seine Chancen nur vage. Im Vorjahr kostete ihn ein Ausfall den scheinbar sicheren zweiten Platz. Sein Teamkollege Juan Pablo Montoya strotzt nach seinem jüngsten Sieg beim Großen Preis von Italien vor Selbstvertrauen. Zudem triumphierte der Kolumbianer hier letzte Saison beim legendären Langstrecken-Klassiker Indy 500.

Gut möglich, dass Williams-BMW bei nur acht Punkten Rückstand in den USA McLaren-Mercedes in der Konstrukteurswertung überholt. "Wir sind sehr zuversichtlich", sagte Berger. Aber McLaren-Teamchef Ron Dennis ist "optimistisch", den britisch-bayerischen Konkurrenten auf Distanz halten zu können.