• 20.08.2002 10:19

  • von Fabian Hust

Ungarn: (Spannung,) Spiel und Spaß für die Roten

Der Große Preis von Ungarn in Budapest war eine beeindruckende Demonstration der Ferrari-Dominanz ? eine Analyse

(Motorsport-Total.com) - Viele Teams, die gehofft hatten, dass ihnen der enge Hungaroring entgegenkommen könnte ? allen voran das McLaren-Mercedes-Team ? wurden enttäuscht. Wieder einmal waren es die Roten, denen in dieser Saison schlichtweg alle Strecke liegen. Schlimm ist nur, dass die 3,975 Kilometer lange Strecke in Ungarn auf den F2002 wie maßgeschneidert zu sein schien. Kein Auto verfügt über eine so perfekte Straßenlage und über so viel Abtrieb, so dass den Ferrari jede Kurve scheinbar mit Kusshand zu empfangen schien.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Ferrari fuhr der Konkurrenz auf dem Hungaroring auf und davon

Während man bei Ferrari das ganze Wochenende mit der Konkurrenz Katz' und Maus spielte, blieb für die anderen Teams wieder einmal nur die bittere Erkenntnis über dem flimmernden Asphalt stehen, dass im Winter statt Skifahren harte Arbeit im Windkanal und an den Computern angesagt ist, will man in der kommenden Saison nicht schon wieder die Weltmeisterschaft vorzeitig der Konkurrenz aus Maranello überlassen

Ferrari ? 157 WM-Punkte ? Konstrukteursweltmeister:
Egal ob Freies Training, Qualifying oder Rennen, nie konnte die Konkurrenz auch nur am Heck des Ferraris schnüffeln. Rubens Barrichello sicherte sich hoch motiviert die Pole Position, was das Rennwochenende für Ferrari sehr einfach gestaltete, da man so auf eine offensichtliche Stallorder verzichten konnte. Der Brasilianer fuhr vom Start weg ein perfektes Rennen und verdiente sich somit seinen dritten Formel-1-Sieg.

Michael Schumacher hingegen fuhr gemütlich wie ein braver Angestellter auf seiner Fahrt auf der Autobahn zur Arbeit ? immer mit einem gewissen Sicherheitsabstand auf den Vordermann, aber ohne das Risiko eines Überholmanövers einzugehen. Abgesehen davon, dass der Deutsche auf der Strecke nicht am Brasilianer vorbeigekommen wäre, durfte er "Rubinho" auch gar nicht überholen. Ausnahmsweise herrschte für "Schumi" Siegverbot, denn man will Rubens Barrichello zum Vizeweltmeister küren.

Und so suchte Michael Schumacher seinen Spaß auf der Strecke, in dem er sich mit 1:16.207 Minuten nicht nur die schnellste Rennrunde sicherte, sondern "aus Spaß" mal eben einen neuen Rundenrekord fuhr. Ferrari konnte es sich leisten, um die Strecke zu schleichen und dennoch die Konkurrenz auf Distanz zu halten. Wenn man gewollt hätte, wäre man locker eine Sekunde pro Runde schneller gefahren und hätte alle Fahrer im Feld überrundet.

Eine clevere Boxenstopptaktik brauchte Ferrari auch nicht, aber dennoch überlegte man es sich wohl sehr gut, wie man beide Fahrer an die Box holt. Hätte man zum Beispiel Rubens Barrichello zuerst an die Box beordert, hätte Michael Schumacher wohl unweigerlich den Brasilianer überholt, aus diesem Grund drehte man die Reihenfolge um und selbst das wurde noch relativ knapp. Ach ja, an der Zuverlässigkeit gab es wieder einmal nichts auszusetzen, Michael Schumacher fuhr sein 18. Rennen am Stück zu Ende.

Kurzprognose:
Das neue und alte Weltmeisterteam wird es in den kommenden Rennen nicht mehr so einfach haben wie in Ungarn. Doch auch die kommenden Strecken bieten beste Chancen auf weitere Siege. Nachdem der Konstrukteurstitel und Fahrertitel in trockenen Tüchern ist, besitzt Rubens Barrichello wie erwartet beste Chancen auf den Vizetitel. Bis der gesichert ist, muss Michael Schumacher seinem Teamkollegen den Vortritt lassen.

BMW-Williams ? 80 WM-Punkte ? Platz 2
Wie erwartet hatte BMW-Williams mit dem engen Hungaroring massiv zu kämpfen. Am Freitag waren beide Fahrer mit ihren Autos nicht zufrieden und man befürchtete das Schlimmste. Ralf Schumacher war zumindest in der Lage, im Qualifying und im Rennen auf die dritte Position zu fahren, er holte also das Maximum aus dem Auto heraus. Im Rennen fehlten ihm auf seiner schnellsten Rennrunde 1,576 Sekunden auf die schnellste Rennrunde ? das bedeutete Rang 5. Allerdings musste der Deutsche nicht unbedingt schneller fahren, denn er konnte nach vorne ebenso wenig ausrichten, wie ihm von hinten Gefahr drohte.

Völlig von der Rolle war am vergangenen Wochenende Teamkollege Juan-Pablo Montoya. Im Qualifying um fast eine Sekunde von Ralf Schumacher gebügelt, rutschte der Kolumbianer im Rennen von der Strecke und beschädigte sich das Auto. Bei einem Duell mit Kimi Räikkönen hatte der 26-Jährige zwar nichts zu verlieren, mit seinem unnötigen Gegenhalten mit dem angeschlagenen Auto riskierte er aber einen Ausfall. Der elfte Platz war die magere Bilanz des Wochenendes. Wie schon im letzten Jahr kam "JPM" mit dem ungarischen Kurs einfach nicht zurecht. 1,956 Sekunden Rückstand in der schnellsten Rennrunde waren ein Zeugnis dafür.

Kurzprognose:
Die Weiß-Blauen werden es auf den kommenden Strecken wieder deutlich einfacher haben, vor allem in Spa und Monza sollte man im Vergleich zu Ferrari wesentlich stärker aussehen als in Ungarn. Ob es allerdings reichen wird, die Roten zu schlagen, darf bezweifelt werden. Exzellente Chancen hat man dafür aber auf den zweiten Platz in der Konstrukteurswertung.

McLaren-Mercedes ? 54 WM-Punkte ? Platz 3
Wieder einmal zeigten die McLaren-Mercedes, dass man im Rennen wesentlich stärker ist als in der Qualifikation, wo man nur die enttäuschenden Plätze 10 und 11 belegen konnte. Im Rennen arbeitete man sich dank einer guten Strategie auf die Plätze 4 und 5 nach vorne, was auf dieser Art von Strecke sehr hoch anzurechnen ist.

Dabei durfte sich David Coulthard sogar einen Ausrutscher ins Kiesbett erlauben und konnte dennoch Rang fünf erobern. Der vierte Platz von Kimi Räikkönen ist wohl verdient. Der Finne lieferte sich ein mutiges, faires und fantastisches Duell mit Juan-Pablo Montoya und konnte auch Jenson Button unter Druck setzen, der sich wie Montoya einen folgenschweren Fahrfehler leistete. In seiner schnellsten Rennrunde fehlten Kimi Räikkönen 0,719 Sekunden (Rang 3), David Coulthard 1,083 Sekunden (Rang 4).

Kurzprognose:
Würden die Silbernen im Qualifying stärker sein, so wären im Rennen regelmäßig Podiumsplätze möglich, daran muss man arbeiten. Aber auch so darf man sich berechtigte Hoffnungen machen, dass man BMW-Williams das eine oder andere Mal noch schlagen kann. Ob es aber auf den zweiten Platz der Konstrukteurswertung reichen wird, ist mehr als fraglich.

Renault ? 15 WM-Punkte ? Platz 4
Für das Renault-Team war das Ungarn-Wochenende eher enttäuschend, denn man hatte sich erhofft, dass der R202 dank seiner hervorragenden Traktion auf dem engen Kurs gut funktioniert. Doch Jenson Button vergab mit einem Fahrfehler seine Chance auf WM-Punkte und Teamkollege Jarno Trulli musste sich mit dem achten Platz zufrieden geben. Der Römer war zuvor mit 2,231 Sekunden Rückstand die zehntschnellste Rennrunde gefahren.

Kurzprognose:
Die Franzosen rangieren weiterhin knapp vor Sauber und besitzen gute Chancen, den vierten Platz zu verteidigen. Die eine oder andere Punkteplatzierung liegt im Bereich des Möglichen, auch wenn mit Jordan-Honda ein weiteres Team in die Leistungsklasse von Renault vorgedrungen ist.

Sauber ? 11 WM-Punkte ? Platz 5
Das Sauber-Team kämpfte zu Beginn des Wochenendes mit dem Auto, vor allem Nick Heidfeld tat sich schwer, mit Felipe Massa mitzuhalten, von dem er im Qualifying dann auch prompt geschlagen wurde, wenn auch knapp. Im Rennen war dann erneut Felipe Massa der Star, der lange Zeit in den Punkten fuhr. Doch weil die Konkurrenz eine bessere Boxenstoppstrategie hatte, wurde der Brasilianer auf den siebten Platz durchgereicht, Rang sechs wäre möglich gewesen, wäre man nur eine Runde später an die Box gekommen.

Nach einer schwierigen Anfangsphase kam Teamkollege Nick Heidfeld noch als Neunter ins Ziel. Der Mönchengladbacher war in seiner schnellsten Rennrunde 1,978 Sekunden langsamer als Michael Schumacher, das bedeutete Rang 8. Felipe Massa kam mit 2,251 Sekunden auf den elften Platz. In Sachen Zuverlässigkeit waren die Autos wie erwartet absolut konkurrenzfähig.

Kurzprognose:
Anhand der Tatsache, wie knapp Sauber Punkte verpasst hat, kann man sehen, wie hart die Formel 1 im Moment ist. Vor allem die Tatsache, dass Giancarlo Fisichella regelmäßig in die Top 6 fahren kann, kostete das Team schon Punkte. Somit wird es für das Team auch in den letzten Rennen schwierig werden, weitere WM-Zähler zu sammeln.

Jordan-Honda ? 7 WM-Punkte ? Platz 6
Das Jordan-Honda-Team bot in Ungarn eine gute Vorstellung, die den leichten Aufwärtstrend der letzten Rennen untermauerte. Mit dem sechsten Platz wurde Giancarlo Fisichella für ein gutes Rennen belohnt. Der Italiener wurde in der Liste der schnellsten Rennrunden mit 2,371 Sekunden Rückstand auf dem 12. Rang geführt. Teamkollege Takuma Sato, der schon wie in Hockenheim recht gut unterwegs war und als Zehnter ins Ziel kam, war mit 2,040 Sekunden Rückstand auf dem neunten Platz sogar noch schneller.

Kurzprognose:
Die Konkurrenz muss sich daran gewöhnen, dass Giancarlo Fisichella ein Punktekandidat ist und so wird der Römer wohl auch in den letzten Rennen den einen oder anderen WM-Zähler sammeln. Takuma Sato macht in letzter Zeit Fortschritte, aber ob der Formel-1-Neuling aus Japan noch einen Punkt einfahren kann, bleibt abzuwarten.

BAR-Honda ? 5 WM-Punkte ? Platz 7
Die Mannschaft aus Brackley erlebte ein komisches Wochenende. Olivier Panis war wie schon in Hockenheim am Freitag extrem schnell, doch als es darauf ankam, versank er in den Tiefen des Zeitentableauxs. Im Qualifying kam der Franzose einen Platz vor Teamkollege Jacques Villeneuve auf den 12. Platz. Im Rennen dann zeigte er mit 1,919 Sekunden Rückstand in seiner schnellsten Rennrunde und Platz sechs das Potenzial auf. Der Rennausgang war für das Team jedoch enttäuschend. Jacques Villeneuve musste frühzeitig mit einem Getriebeschaden aufgeben. Panis kam nur als 12. ins Ziel.

Kurzprognose:
Viel darf man von BAR-Honda in dieser Saison nicht mehr erwarten. Die Hoffnung auf Platzierungen in den Punkten erscheint angesichts der stärkeren Konkurrenz vergeblich zu sein, doch mit Überraschungen muss man immer rechnen.

Jaguar ? 3 WM-Punkte ? Platz 8
Während Pedro de la Rosa als 13. die Zielflagge sah, musste Eddie Irvine einen weiteren Ausfall hinnehmen. Das Team von Niki Lauda ist weiterhin nicht nur zu wenig zuverlässig, sondern auch zu langsam. Im Rennen fehlten Eddie Irvine 2,682 Sekunden auf die schnellste Rennrunde (Platz 13), Pedro de la Rosa 3,439 Sekunden (Platz 18).

Kurzprognose:
Am liebsten würde man bei Jaguar die Autos schon jetzt in das Museum stellen, aber noch muss man sich vier Rennen durchkämpfen, in denen man wohl wie gewohnt hinterherfahren wird.

Minardi-Asiatech ? 2 WM-Punkte ? Platz 9
Mit Anthony Davidson ist in das Team frischer Wind hineingekommen, was allen Beteiligten gut getan hat. Der Brite konnte sich qualifizieren und setzte zeitweise sogar Teamkollege Mark Webber unter Druck, was Alex Yoong nie gelang. Mit 3,140 Sekunden Rückstand (Platz 14) war Davidson sogar im Rennen schneller als Webber, dem 3,360 Sekunden fehlten (Platz 17). Dennoch war Davidson auf dem letzten Platz zu finden, als er von der Strecke rutschte ? unnötig aber verzeihbar. Webber kam als 17. ins Ziel.

Kurzprognose:
Auch wenn Punkte außer Reichweite sind ? oder gerade deswegen ? ist der Fahrerwechsel für das Team eine gute Motivation. Angesichts der guten Vorstellung von Davidson ist fraglich, ob Yoong überhaupt wieder einsteigen darf. Davidson räumt sich eine 50-prozentige Chance ein, dass er alle vier Rennen der Saison noch fahren darf.

Toyota ? 2 WM-Punkte ? Platz 10
Obwohl man in Ungarn bereits getestet hatte, kam der Toyota auf dem Hungaroring nicht so recht in die Gänge. Sowohl im Qualifying als auch im Rennen fuhr man der Konkurrenz hinterher, dafür waren die Autos immerhin zuverlässig, McNish und Salo kamen auf den Plätzen 14 und 15 ins Ziel. Auf der schnellsten Rennrunde fehlten den Fahrern Salo 3,201 (Platz 15) und McNish 3,730 Sekunden (Platz 20) auf die Konkurrenz.

Kurzprognose:
Rennen für Rennen verlieren die Japaner vermehrt den Anschluss an die Konkurrenz. Bis auf das wichtige Sammeln von Daten wird man also in dieser Saison wohl kaum noch einen Erfolg verbuchen können.

Arrows ? 2 WM-Punkte ? Platz 11
Das Arrows-Team reiste angesichts der finanziellen Probleme erst gar nicht an den Hungaroring. Ob das Team in den nächsten Wochen wieder auf die Rennstrecke zurückkehren wird, ist noch völlig unklar.