• 19.12.2001 10:05

  • von Marcus Kollmann

Toyota-Pilot Mika Salo im Interview

Der Finne spricht ausführlich über seine Erwartungen für die erste Saison mit Toyota, Privates und über seine Landsleute

(Motorsport-Total.com/Haymarket) - Nachdem Mika Salo sich Ende der Saison 2000 von der aktiven Teilnahme an der FIA-Formel-1-Weltmeisterschaft zu Gunsten der Vorbereitungen des Panasonic Toyota Racing Teams zurückzog, kann es der im letzten Monat 35 Jahre alt gewordene Finne kaum mehr erwarten sich ab März wieder in direktem Wettkampf mit den anderen Teams und Fahrern zu befinden. Wie konkurrenzfähig Toyota mit dem von Gustav Brunner konstruierten TF102 seiner Meinung nach sein wird, welche Probleme es mit dem Prototypen bei den Testfahrten in diesem Jahr gab und über vieles mehr sprach Mika Salo im nachfolgend publizierten Interview.

Titel-Bild zur News: Mika Salo

Salo hat für 2002 hohe Erwartungen und will schnellstmöglich Erfolge

Frage: "Mika, bist du mit den Fortschritten die das Team bislang gemacht hat zufrieden?"
Mika Salo: "Ja, es schaut alles gut aus und wir liegen voll im Zeitplan. Wir haben alles was wir mit dem alten Auto testen wollten auch getestet und jetzt haben wir ein neues Auto. Ich kann es kaum abwarten endlich im Januar zum ersten Mal im TF102 zu fahren. Die Ziele die sich das Team und ich mir persönlich gesetzt habe sind ein wenig verschieden. Das Team ist schon glücklich an den Rennen teilzunehmen, aber genau das ist es wonach ich mich sehne. Als Rennfahrer will ich aber natürlich mehr als nur dabei sein. Ich werde mein Bestes geben und ich werde sehen was ich mit dem Auto erreichen kann. Wir haben bislang immer alleine getestet und hatten deshalb keinen Vergleich zu den anderen Teams. Ehrlich gesagt sind meine Erwartungen schon sehr hoch."

Frage: "Toyota ist ein sehr internationales Team. Was ist deine Meinung über das Team im Vergleich zu den anderen Rennställen für die du gefahren bist?"
Salo: "Es unterscheidet sich eigentlich nicht von den anderen, denn die meisten Teams haben Angestellte unterschiedlicher Nationalitäten. Wenn man in der Firma herumläuft weiß man nicht wer von wo stammt, ganz einfach weil jeder Englisch spricht. Natürlich gibt es viele Deutsche im Team und die Mechaniker sprechen Deutsch, jedoch ist die Hauptsprache Englisch."

Frage: "Kannst du einen Vergleich zwischen Toyota und Ferrari machen?"
Salo: "Nun, sie sind in Italien und wir in Köln. In beiden Teams wird hauptsächlich Englisch gesprochen und alles wird unter einem Dach hergestellt. Das ist sehr wichtig. Vor allem der Reaktionszeit, wenn wir etwas Neues benötigen, hilft es, denn das benötigte Teil ist dann schnell verfügbar - egal ob es nun um den Motor oder das Chassis geht. Der einzige Unterschied zu Ferrari ist der, dass dort alles wie automatisch geschieht. Hier ist noch alles neu, also benötigt es noch etwas bis alles eingespielt ist. Aber das ist etwas was mit der Erfahrung kommt und ich bin mir sicher, dass wir das hinbekommen. Natürlich sind wir ein total neues Team und sie sind schon 50 Jahre im Geschäft. Es gibt also schon einen großen Unterschied. Die Art des Arbeitens scheint aber ziemlich gleich und ich bin wirklich glücklich mit allem."

Frage: "Wie kommst du mit deinem Teamkollegen Allan McNish zurecht?"
Salo: "Er ist ein netter Kerl. Wir haben in diesem Jahr sehr gut miteinander gearbeitet und ich habe keinerlei Probleme mit ihm. Er wird viel über die Formel 1 lernen müssen. Wenn ich ihm helfen kann, so werde ich das auch tun."

Der TF102 ist komplett ein Gustav Brunner-Auto

Frage: "Wie hat es sich für dich angefühlt eine Saison lang keine Rennen zu bestreiten?"
Salo: "Die Zeit vergeht so unglaublich schnell und es fühlt sich für mich so an, als wäre ich vor ein paar Wochen beim ersten Rennen in Australien gewesen. Dieses Jahr habe ich insgesamt nur drei Rennen besucht, denn ich wollte dort nicht einfach nutzlos herumstehen und wollte mich stattdessen auf meine Aufgaben hier konzentrieren. Wie ich schon gesagt habe, die Zeit ist rasend verflogen und das ist manchmal schon recht beängstigend. Im Moment schaut alles gut aus. Wir haben die meiste Zeit alleine unsere Testfahrten bestritten und niemand weiß was wir getan haben, was irgendwo gut ist, denn im Moment fragen sich die anderen Teams schon was wir drauf haben und zerbrechen sich den Kopf über uns."

Frage: "Wie wir wissen, war das erste Auto zu schwer und zu klobig. Sieht der TF102 für dich wie ein richtiges Rennauto aus?"
Salo: "Ja, es sieht genauso aus. Das Gewicht ist verringert worden und die Mechaniker können auch viel einfacher mit dem Auto arbeiten."

Frage: "Wie groß war dein Einfluss auf das Auto?"
Salo: "Es ist voll und ganz Gustavs Auto. Natürlich hatten wir Erfahrungswerte vom alten Auto, sodass wir wussten was wir nicht wollten, aber Gustav wusste was er tat."

Frage: "Was waren die größten Schwächen eures Testautos?"
Salo: "Ganz normale Dinge wie kein Abtrieb und sehr schwer. Für die Mechaniker war es auch schwierig damit zu arbeiten."

Siege sind im ersten Jahr unrealistisch und Punkte zu holen wird ebenfalls sehr schwer

Frage: "Mika, als du dich für Toyota entschieden hast, existierte das alles nur auf dem Papier und die meisten Leute hielten dich für verrückt. Jetzt habt ihr einen richtigen Boliden und alles nimmt Gestalt an. Glaubst du, dass die Kritiker von damals jetzt überzeugt sind, dass du damals wusstest worauf du dich eingelassen hast?"
Salo: "Ich wusste über alles von Anfang an Bescheid, denn sie haben mir gezeigt was geplant war und wie es aussehen würde. Es bestand kein Zweifel darin, dass ich mich dem Team anschließen würde. Wie man jetzt sehen kann, ist das Auto großartig und die Stimmung im Team ist für nächstes Jahr sehr gut. Ich glaube, dass wir gut sein werden."

Frage: "Hast du irgendwelche Zweifel bezüglich der letzten anderthalb Jahre..."
Salo: "Nicht wirklich, nein. Zu Beginn war es schwierig, denn ich hatte beim ersten Test einen Unfall und musste anschließend drei Monate lang pausieren, jedoch als ich wieder im Auto saß und fuhr, konnte ich sehen, dass wir Tag für Tag Fortschritte gemacht hatten. Mit jedem Tag den wir auf der Strecke unterwegs waren wurde das Auto besser. Stück für Stück wurde es besser und unser letzter Testtag war der bisher beste den wir hatten."

Frage: "Wie lange wird es deiner Meinung nach dauern bis ihr um Siege kämpfen könnt?"
Salo: "Das kann man unmöglich vorhersagen. Wir haben alles was wir brauchen, aber wir müssen alle Puzzleteile zusammenfügen und dann wird es passieren. Aber im nächsten Jahr wird es leider noch nicht so weit sein."

Frage: "Sind Punkte ein realistisches Ziel für die kommende Saison?"
Salo: "Selbst die zu holen wird schwierig. Wir werden das erst im Januar besser beurteilen können - nachdem wir mit den anderen Teams getestet haben. Im Moment wissen wir nicht wo wir stehen, ob wir fünf Sekunden schneller als die anderen sind oder langsamer. Nach dem ersten Test werden wir unsere Leistungsfähigkeit ein wenig besser einschätzen können. Ich denke jedoch, dass die Qualifikation in Australien am meisten Aufschluss geben wird. Dort werden wir sehen wie schnell das Auto wirklich ist, denn bei den Winter-Testfahrten fahren viele Teams mit leichteren Autos und beeindrucken mit schnellen Zeiten ihre Sponsoren..."

Es ist gut, dass Kimi von Sauber weg direkt in ein Top-Team gekommen ist

Frage: "Glaubst du, dass ihr besser vorbereitet seit als du dir das vor einem Jahr gedacht hättest?"
Salo: "Wir sind definitiv besser vorbereitet. Was uns noch fehlt sind ein paar weitere Rennsimulationen. Wir haben nur einmal richtig ein Rennen mit Boxenstopps simuliert. Das müssen wir unbedingt wiederholen, denn die Jungs im Team müssen sich an das Tempo und die Abläufe eines Rennwochenendes, wenn einem keine Zeit bleibt nachzudenken und man reagieren muss, gewöhnen."

Frage: "Deine Landsleute haben viele Schlagzeilen in diesem Jahr produziert. Irgendwelche Gedanken bezüglich Mika Häkkinens Pause?"
Salo: "Ich hätte es schön gefunden, wenn er im nächsten Jahr gefahren wäre, denn so hätte es drei von uns gegeben. Ich freue mich jedoch sehr für Kimi, dass er so schnell wie möglich von Sauber weg und direkt in ein Top-Team gekommen ist. Das ist genau das was er brauchte."

Frage: "Kannst du glauben was ihm widerfahren ist?"
Salo: "Er ist gut und das passiert wenn man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Er musste seine Karriere nicht mit dem schlechtesten Team des Feldes beginnen. Die meisten guten Fahrer verlieren ein Jahr Zeit wenn sie für ein schlechtes Team fahren und alle Welt denkt, dass sie nicht gut fahren können, denn sie sitzen ja in einem schlechten Auto."

Frage: "Du bist dieses Jahr Vater geworden. Wie hat sich das angefühlt?"
Salo: "Es ist sehr schön. Ich bin sehr glücklich und kann es ehrlich gesagt nicht recht glauben Vater zu sein. Ich hatte nach der Geburt meines Sohnes Gefühle die ich glaubte gar nicht zu haben und es ist schon irgendwie merkwürdig."

Frage: "Ist es an der Zeit dass du erwachsen wirst oder fühlst du dich immer noch im innern deines Herzens als Teenager?"
Salo: "Ich bin immer noch ein Teenager. Es hat aber nichts damit zu tun. In ein paar Jahren werde ich jemanden haben mit dem ich zusammen ein paar Sachen machen kann."

Frage: "Wieso hast du deinen Sohn Max genannt?"
Salo: "Wir haben nach einem Namen gesucht den man sowohl in Japan als auch in Finnland und in England versteht. So einfach ist das. Sein zweiter Name ist Yuki, was komplett ein japanischer Name ist, und sein dritter Name ist Roland, in Würdigung von Roland Ratzenberger."

Frage: "Wusstest du, dass Jos Verstappen Sohn ebenfalls Max heißt?"
Salo: "Wirklich? Oh, dann werde ich den Namen wohl ändern müssen... Ich wusste das nicht, nein."