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Todt: "Gut, dass die Meisterschaft vorbei ist"
Ferrari-Teamchef Jean Todt verabschiedet sich im Interview vom großen Michael Schumacher und spricht über das Rennen in São Paulo
(Motorsport-Total.com) - Michael Schumacher trug seinen vierten Platz nach sensationeller Leistung im Abschiedsrennen in São Paulo einigermaßen mit Fassung, doch Teamchef Jean Todt war anzusehen, dass er sich für seinen besten Freund einen Sieg gewünscht hätte. Für den Franzosen war offenbar auch der Heimsieg von Felipe Massa nur ein schwacher Trost...

© xpb.cc
Jean Todt machte nach dem Rennen einen niedergeschlagenen Eindruck
Frage: "Jean, wie lautet dein Fazit nach diesem Wochenende? Es war ja das letzte mit Michael Schumacher..."
Jean Todt: "Irgendwie ist es gut, dass die Meisterschaft jetzt vorbei ist. Wir sind ein bisschen enttäuscht, denn wir haben neun von 18 Grands Prix gewonnen - sieben mit Michael, zwei mit Felipe. Natürlich hätten wir da gerne zumindest einen Titel mit nach Hause genommen. Das ist nicht passiert, denn wir hatten einen sehr starken Gegner, der mehr Punkte holte als wir."#w1#
Todt ist stolz auf Ferraris Leistungen
"Gleichzeitig muss man sagen, dass Ferrari in diesem Jahr sehr stark war, was die Qualität des Teams, die Qualität der Leute und die gute Atmosphäre unterstreicht. Wir haben großartige Fahrer, großartige Ingenieure, großartige Mechaniker, großartige Partner. Mit Michaels Entscheidung, vom Formel-1-Rennsport zurückzutreten, endet ein Kapitel. Ich bin sehr traurig darüber, auch wenn ich seine Entscheidung nachvollziehen und verstehen kann. Michael hätte wahrscheinlich lieber mit einem anderen Resultat aufgehört, aber ich würde sagen, dass er wieder unter Beweis gestellt hat, was für ein Kämpfer er ist."
"Wir waren in der Meisterschaft schon weit hinten und kamen zwei Rennen vor Schluss zurück. In den letzten beiden Rennen waren wir nicht zuverlässig genug, wofür wir einen hohen, aber gerechten Preis zahlen mussten. Wir beschweren uns nicht, sondern wir schlagen dieses Kapitel zu und ein anderes auf. Das gehört zur Ferrari-Geschichte."
Frage: "Wie passend war diese fantastische Fahrt zum Abschluss von Michael Schumachers Karriere?"
Todt: "Michael ist ein fantastischer Fahrer. Er hat 91 Grands Prix gewonnen, glaube ich. Das ist einmalig, also muss man nicht fragen, ob ich über seine Fahrt überrascht bin. Ich wundere mich, dass manche Leute überrascht sind. Sollte es jemand sein, dann hat er keine Ahnung von diesem Business! Ich muss sagen, dass es viele Leute in diesem Business gibt, die nicht sehr nahe dran zu sein scheinen. Ich bin einfach enttäuscht, dass Michael nach gestern kämpfen musste - zuerst die Benzinpumpe im Qualifying, dann das Überholmanöver gegen Fisichella und dann der Reifenschaden. Er wäre beinahe von Felipe überrundet worden, der ein bisschen langsamer machte, um Michael zurückkommen zu lassen. Michael ist einmalig. Das hat er heute erneut unter Beweis gestellt."
Frage: "Hast du am Funk nach dem Rennen mit ihm gesprochen?"
Todt: "Wir haben ihm nur die Zeitunterschiede der Fahrer durchgegeben."
Frage: "Michael Schumacher hat in Kurve neun zweimal Zeit verloren, einmal hinter Robert Kubica, einmal hinter Giancarlo Fisichella. Was war da los?"
Todt: "Er kam ein wenig von der Linie ab und verlor zweimal Zeit, aber nur, weil er alles gab. Er fuhr weit über 100 Prozent, da übertrieb er es manchmal ein bisschen."
Frage: "Wisst ihr durch die Telemetrie, ob es beim Überholmanöver gegen Giancarlo Fisichella eine Berührung gab? Und wenn ja, hatte das einen Einfluss auf den Reifenschaden?"
Todt: "Er hat sich den Reifenschaden definitiv bei dem Überholmanöver zugezogen. Wir müssen uns die Zeitlupe ansehen. Es war sicher ein Rennunfall, aber sagen wir mal so: Das Manöver war nicht hilfreich. Es wurde nicht gut unterstützt, das hat Michael beim Überholen nicht geholfen."
Todt will noch nicht über 2007 sprechen
Frage: "Wie zuversichtlich bist du, dass ihr 2007 da anknüpfen könnt, wo ihr jetzt aufgehört habt, nämlich bei neun Saisonsiegen?"
Todt: "Nun ja, wir haben gerade erst den 22. Oktober, also bleiben noch fünf Monate bis zur nächsten Meisterschaft. Wir werden unser Bestes geben, um besser zu starten als dieses Jahr, denn wir wissen, wie wichtig es sein kann, am Jahresanfang Punkte zu sammeln. Es wird sicher anders werden, es wird ohne Michael nie mehr dasselbe sein - speziell für die Leute, die so lange mit ihm gearbeitet haben, mich eingeschlossen. Wir haben eine fantastische Zusammenarbeit aufgebaut. Michael wird Teil der Familie bleiben, was von großem Wert für das Unternehmen ist, für das Team, aber es wird anders sein. Wir werden unser Bestes geben, genau wie immer - manchmal mit großem Erfolg, manchmal ohne Erfolg."
Frage: "Michael Schumacher ist ein wichtiger Bestandteil von Ferrari. Wie zuversichtlich bist du, dass sich das Team ohne ihn aufraffen kann?"
Todt: "Das wird die Zeit zeigen. Unabhängig von den Nationalitäten stellt ihr Journalisten immer die gleichen Fragen! Die Italiener sind genauso. Jetzt reden wir mal ein paar Stunden von der 2006er-Meisterschaft, dann können wir über 2007 reden. Wir haben gesagt, dass wir nach dem Rennen ein paar Veränderungen für 2007 bekannt geben werden, und das werden wir auch. Wir werden ein paar Veränderungen bekannt geben und dazu stehen, was wir gesagt haben, aber es ist noch ein bisschen zu früh, um schon über den Auftakt in Australien 2007 zu sprechen."
Frage: "Würdest du Michael Schumacher als größten Formel-1-Fahrer aller Zeiten bezeichnen?"
Todt: "Das kann ich nicht sagen. Wie soll ich darüber urteilen, ob er besser ist als Fangio oder Clark? Er gehört sicher zu den besten Fahrern der Motorsportgeschichte, aber um Dinge vergleichen zu können, müssen sie in derselben Zeit passieren. Seine Zeit ist vorbei. Ich sage das mit allem Respekt vor Michael, ich bewundere ihn ja sehr, aber die Formel 1 ist zum Glück in den vergangenen 15, 20, 30, 40 Jahren viel sicherer geworden, zum Glück. Darüber kann man nicht genug sprechen. Denjenigen, die dabei mitgeholfen haben, und den Formel-1-Fahrern der Vergangenheit gebührt dafür Dank."
Frage: "Gibt es Neuigkeiten zur Motorensituation mit der Scuderia Toro Rosso?"
Todt: "Wir reden und werden demnächst über eventuelle Änderungen informieren. Bald."

