• 01.04.2004 11:30

Tilke: "Kann mir nichts Schöneres vorstellen"

Streckenarchitekt Tilke verrät, warum der Bau der Rennstrecken in Bahrain und Shanghai eine große Herausforderung war

(Motorsport-Total.com/sid) - Frage: "Aus dem schönen Sauerland in die große weite Welt. Wie kommt ein begabter Bauingenieur aus Olpe dazu, weltweit Automobilrennstrecken zu entwerfen, zu planen und zu bauen?"
Hermann Tilke: "Rennstrecken zu konstruieren ist für einen Bauingenieur, der selbst immer noch Rennen fährt, ein berufliches Highlight. In jeder Hinsicht. Ich habe mein Hobby mit dem Beruf verbunden, damals fand ich es riesig, an einer Rennstrecke arbeiten zu können. Ich kann mir heute noch nichts Schöneres vorstellen. Und zu so einem Job kommt man schneller als man denkt."

Titel-Bild zur News: Hermann Tilke

Hermann Tilke: Ein Hobby-Rennfahrer der Strecken entwirft...

Frage: "Wie lange machen Sie das nun schon?"
Tilke: "Seit knapp 20 Jahren. Wir haben seit 1984 in der ganzen Welt mittlerweile 27 Rennstrecken renoviert, umgebaut oder neu konstruiert. Natürlich nicht nur in der Formel 1."#w1#

Frage: "Wie haben Sie angefangen?"
Tilke: "Angefangen haben wir mit baulichen Kleinigkeiten auf dem Nürburgring. Das haben wir offenbar ganz gut gemacht. Seit diesem Zeitpunkt sind wir im Geschäft. In unseren Büros in Aachen und Olpe arbeiten 120 Menschen. Peter Wahl, auch einer aus dem Sauerland, ist der Architekt, ich der Ingenieur, ein weiterer ist Elektro-Ingenieur. Wir bauen aber nicht nur Formel 1-Strecken, sondern auch ganz normale Straßen und Fahr-Sicherheitszentren, mittlerweile schon 30 in ganz Europa."

Frage: "Wie sind Sie zum Motorsport gekommen?"
Tilke: "Motorsport ist meine Leidenschaft. Früher habe ich Handball gespielt, aber meine Leidenschaft war und ist der Motorsport. Ich habe früh angefangen, Rennen zu fahren. Ich fahre weiter 24-Stunden-Rennen, in der Tourenwagen-Europameisterschaft, im Langstreckenpokal. Motorsport fasziniert mich und wird mich immer faszinieren."

Frage: "Was sind die Besonderheiten an den Rennstrecken in Schanghai und Bahrain, die sie zuletzt gebaut haben?"
Tilke: "In Bahrain haben wir eine Rennstrecke in die Wüste gebaut, auf über den Zeitraum von Jahrtausenden zusammengepressten Sand. Der Sand ist härter als Beton, so hart, dass man sprengen muss. Die Rennstrecke in Schanghai ist ein ganz anderes Kaliber. Wir mussten in einem Sumpfgebiet bauen. Wenn man dort für das Streckenprofil einen Hügel braucht, kann man ihn nicht einfach aufschütten, der würde versinken. Wir haben ihn deshalb aus Styropor gebaut."

Frage: "Styropor?"
Tilke: "In der Tat. Das ist aber nicht unsere Idee. In Norwegen wird beim Bau von Eisenbahnstrecken seit 30 Jahren mit Styropor gearbeitet. Beim Bau von Rennstrecken waren wir aber die ersten, die mit diesem Material gearbeitet haben."

Frage: "Was muss man als Kontsrukteur beachten, wenn man einen Kurs bauen will, der spannende Rennen verspricht?"
Tilke: "Man sollte möglichst einen Kurs bauen, bei dem das Feld nach der ersten Kurve noch zusammen ist. Es nutzt nichts, wenn sich das Feld sofort nach dem Start auseinanderziehen kann. Da müssen sehr viele Details beachtet werden, die sich dem Beobachter an der Rennstrecke gar nicht erschließen."

Frage: "Was sind die nächsten Projekte?"
Tilke: "Derzeit bauen wir den Formel-1-Kurs in Istanbul, dort wird 2005 der erste Grand Prix der Türkei stattfinden. Im japanischen Fuji haben wir ein weiteres Großprojekt gestartet, das aber keine Formel-1-Strecke werden wird."