• 23.09.2003 10:40

  • von Marcus Kollmann

Symonds: "Zwei-Stopp-Strategie wahrscheinlich"

Renaults Technikdirektor über das für Indianapolis erforderliche Setup, die Reifen, den Freitagstest und die möglichen Strategien

(Motorsport-Total.com) - Mit der Steilwandkurve und einer zum Oval-Kurs gehörenden langen Geraden, sowie einem extra für die Formel 1 gebauten inneren, kurvenreichen Streckenabschnitt, stellt der Indianapolis Motor Speedway die Ingenieure aller zehn Formel-1-Teams auch dieses Jahr wieder vor eine Herausforderung. Warum das so ist, worauf die Ingenieure ein Auge haben müssen und welche Besonderheiten es zu beachten gilt, erklärt Pat Symonds vom RenaultF1-Team.

Titel-Bild zur News: Pat Symonds (Chefingenieur von Renault)

Symonds rechnet mit möglichen Überraschungen bei der Rennstrategie

"Indianapolis ist eine geringfügig 'schizophrene' Strecke, und zwar im Hinblick darauf, dass sich einer sehr langen Periode hoher Geschwindigkeit einige anspruchsvolle, sehr langsame Mickey Mouse-Kurven anschließen. Was die allgemeine Abstimmung angeht, so ist der Kompromiss ähnlich wie auf dem alten Hockenheimring. Jedoch ist das Verhältnis der schnellen zu den langsamen Streckenabschnitten in Indy so, dass man zum Erreichen einer guten Rundenzeit zu einer Optimierung des Infield-Setups tendiert."

"Diese Abwägung bedeutet, dass es sehr gut möglich ist, dass die Teams für eine bestmögliche Rundenzeit am Freitag auf Kosten einer geringeren Höchstgeschwindigkeit auf den Geraden mit mehr Abtrieb fahren. Am Samstag, die Tatsache im Hinterkopf dass man die Abstimmung für das Rennen nicht mehr ändern kann, wird der Kompromiss so aussehen, dass man weniger Abtrieb wählt um im Rennen vor der ersten Kurve, einer der besten Überholmöglichkeiten, schnell zu sein."

Schmutzige Strecke am Freitagmorgen kein großes Problem

"Aus Sicht unseres Teams hoffen wir, dass uns die Testsession am Freitag einen enormen Vorteil verschafft so wie es schon auf anderen nur zeitweise oder sehr selten benutzten Strecken in diesem Jahr der Fall war. Wir haben schon einmal festgestellt, dass die Strecke zu Beginn des Wochenendes etwas schmutzig ist. Allerdings ist es doch etwas überraschend, dass eine schmutzige Streckenoberfläche auf unsere Arbeit auf anderen Strecken weniger Einfluss gehabt hat als wir ursprünglich glaubten."

"Einmal mehr wird sich während unserer Session in Indianapolis alles um die Reifenentwicklung drehen, wobei einige abschließende Vergleiche für Suzuka als auch die Beurteilung der Reifenhaltbarkeit für das Rennen in Indianapolis, etwas das man zu einem späteren Zeitpunkt des Wochenendes viel schwieriger tun kann, auf dem Programm stehen."

Aggressivere Reifenwahl als im letzten Jahr zu erwarten

"Darüber hinaus werden wir versuchen eine gute Fahrzeugbalance hinzubekommen, die es uns erlaubt uns in den offiziellen Freien Trainings auf die Optimierung der Abstimmung oder vielleicht auch andere interessantere Experimente zu konzentrieren. In den letzten Wochen haben wir auch eine Vielzahl an Diskussionen über die Reifen erlebt und zweifelsohne werden sie hier der Schlüssel sein. Wir rechnen damit, dass eine aggressivere Reifenwahl als im letzten Jahr zu beobachten sein wird."

"Man könnte denken, dass die Steilwandkurve allein die große Herausforderung für die Reifen ist, was jedoch nicht zutrifft. Natürlich sind die Belastungen in der Steilwandkurve sehr hoch, was mit den hohen Geschwindigkeiten in diesem Streckenabschnitt zusammenhängt, doch die wirkenden Kräfte sind nicht höher als auf anderen Strecken. Tatsächlich ist es so, dass die Belastung der vorderen und hinteren Reifen in Indianapolis sehr ausgewogen ist. Und zwar so sehr, dass das jeweilige Setup bestimmen wird ob man eher mit den Vorder- oder Hinterreifen sorgsamer umgehen muss."

Michelin-Reifen sollten keine Probleme mit dem Verschleiß oder Graining haben

"Verschleiß, Blasenbildung und jede Art von Graining werden größtenteils davon abhängen inwiefern die Teams aggressiv in ihrer Reifenwahl vorgehen. Grundsätzlich erwarten wir bei den Michelin-bereiften Teams nur sehr wenig Verschleiß und kaum oder gar kein Graining. Auch eine Blasenbildung macht uns auf dieser Strecke keine Bedenken. Der Leistungsverlust der Reifen war im letzten Jahr sehr gering und auch wenn wir damit rechnen dass sich dies am kommenden Wochenende auf Grund der verschiedenen Reifenmischungen etwas erhöhen wird, so erwarten wir keine Beeinträchtigungen dadurch."

"2002 veranlassten die Reifen das halbe Feld dazu zwei Stopps zu machen, während die andere Hälfte nur einmal anhielt. Für 2003 erwarte ich aber etwas interessantere als sonst übliche Strategien. Mit den neuen Regeln haben wir beobachten können, dass in allen Rennen einmal mehr als im letzten Jahr gestoppt wurde. Die Länge der Boxengasse in Indianapolis, plus der Hochgeschwindigkeitscharakter der Strecke entlang der Boxengasse, lassen drei Stopps aber unwahrscheinlich erscheinen."

Zwei-Stopp-Strategie wahrscheinlich

"Die Auswirkung der Benzinmenge auf die Rundenzeiten ist in Indy etwas geringfügiger als im Durchschnitt auf den anderen Strecken. Der Benzinverbrauch ist nur durchschnittlich und das könnte zu einem leicht verlängerten ersten Rennabschnitt als gewöhnlich führen. Insgesamt denke ich aber, dass man bei den meisten Teams von einer konventionellen Zwei-Stopp-Strategie ausgehen kann."

"Wir selbst sind zuversichtlich, dass wir in Indy ein gutes Ergebnis erzielen können. Es gibt einige mittelschnelle Kurven und viele Stellen an denen es auf Traktion ankommt und wo gebremst werden muss, was alles Bereiche sind in denen unser Auto hervorragend ist. Ferner hat unsere Leistung in Monza mit den jüngsten Verbesserungen auf der Motorenseite gezeigt, dass die lange Gerade für uns jetzt ein viel kleineres Hindernis ist als sie es zu einem früheren Zeitpunkt in diesem Jahr gewesen wäre."