• 14.08.2004 13:56

Symonds: "Wir müssen sehr vorsichtig sein"

Renaults Chefingenieur über die Fallstricke bei der Findung des Reglements für 2005 und die Uneinigkeit der Teams

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Ich möchte zuerst eine Frage bezüglich der Affäre um Jenson Button stellen. David Richards hat die anderen Teambesitzer um Unterstützung gebeten. Kannst du dir vorstellen, ihm diese Unterstützung zu geben? Und was denkst du von dieser Geschichte allgemein?"
Pat Symonds: "Ich kenne die Fakten ja nicht genau. Aber wenn ein Angestellter nicht mehr bei dir arbeiten möchte, egal ob nun Fahrer, Mechaniker oder der Mann, der den Flur wischt, dann sollte man ihn auch nicht halten. Man möchte Leute haben, die für einen arbeiten. Wenn sie das nicht mehr wollen, dann sollte man sich fragen, warum das so ist. Mehr kann ich dazu auch nicht sagen."#w1#

Titel-Bild zur News: Renault-Chefingenieur Pat Symonds

Pat Symonds mag etwas Chaos, aber nicht zu viel davon

Frage: "Kommen wird zum Regelwerk für 2005. Wie beeinflusst die Tatsache, dass die neuen Regeln wohl recht spät umgesetzt werden können, die kleinen Teams? Und wie schreiten die Verhandlungen in dieser Sache voran?"
Symonds: "Wir reden ja über drei Gebiete. Das Chassis, also hauptsächlich die Aerodynamik, den Motor und die Reifen. Beim Chassis haben wir keine Probleme. Das wird in der Technischen Arbeitsgruppe schon einige Zeit diskutiert. Probleme wird es hier keine geben. Bei den Motoren ist die Situation schwieriger, weil es einen Zwischenschritt geben muss. Die Technische Arbeitsgruppe hat bereits dargelegt, dass wir nur mit weniger Hubraum die Leistung senken können, darüber reden wir seit 18 Monaten. 2005 ist zu früh dafür, daher brauchen wir einen Zwischenschritt. Wir müssen auch aufpassen, dass wir die Ideen der Sicherheit und der Kostenersparnis nicht vermischen, aber wir wären zufrieden damit, wenn ein Motor zwei Rennen halten soll. Bei der Sicherheit wäre das aber kein großer Schritt."

"Die Reifen sind wohl das schwierigste Thema. Als Team unterstützen wir die gemachten Vorschläge, doch ich möchte eine persönliche Warnung aussprechen. Heute ist ja auch das Spektakel wichtig. Wir reden immer über Einsparungen, aber ich würde lieber mehr Geld einnehmen. Wenn wir aber nur einen Reifen haben, dann wird die Show gegenüber jetzt leiden. Da müssen wir sehr vorsichtig sein. Die Leute wollen Überholmanöver sehen, mit einem Einheitsreifen wird das nicht passieren. Aber wir nehmen diesen Vorschlag dennoch an, denn wir müssen bei der Entwicklung des Autos ja vorankommen. Aber es geht ja nicht nur um die technischen Regeln sondern auch um die sportlichen, und diese entscheiden ja auch darüber, wie wir die Rennen angehen. Wir haben das in der Simulation schon durchgespielt. Selbst Ungarn wäre dann ein Ein-Stopp-Rennen, wobei wir erst in der 49. Runde hereinkommen würden. Wenn man nicht überholen kann, dann wird das bis dahin ein sehr ödes Rennen werden."

Frage: "Wäre es aber nicht schön, wenn man hier an diesem Wochenende eine Einigkeit in allen Punkten erreichen könnte?"
Symonds: "Das ist sogar möglich, wir haben am Sonntagmorgen ja ein Meeting. Es tut mir Leid, dass einige Teamchefs das nicht wissen, aber sechs Teams haben den Vorschlägen bereits zugestimmt, es ist also alles auf dem Weg. Nun werden die Teamchefs mit hinzugezogen, dann könnte die Situation wieder schwieriger werden. Es ist schon komisch, in der Formel 1 setzen die Beteiligten die Regeln fest. Dabei gibt es viele verschiedene Interessen, es ist Zeit, das zu reformieren. Ich bin sicher, dass die Technische Arbeitsgruppe die Vorschläge am Sonntag verabschieden wird."

Frage: "Das Qualifying ist für die Show also wichtig, die Reifen ebenso. Auch für das Design der Autos ist das wichtig. Aber wie wird sich das Qualifying endgültig darstellen?"
Symonds: "Das sage ich ja schon immer. Wir müssen die technische Seite aussortieren, dann können wir mit dem Design der Autos fortfahren. Aber noch ist das nicht der Fall. Die sportlichen Regeln werden auch immer einen Einfluss auf das Design haben, auch das Qualifying, zum Beispiel bei der Größe des Benzintanks. Solchen Dingen müssen wir am Sonntag zustimmen. Aber die sportlichen Regeln können dem wieder entgegentreten. Und diese Entscheidungen können noch einige Monate auf sich warten lassen."

"Auch zu Tony Purnells Vorschlag (Sprintrennen als Qualifyingersatz; d. Red.) möchte ich etwas sagen. Es wurde gesagt, dass Überholmanöver quasi garantiert wären, das sehe ich nicht so. Auch, dass die ersten zehn Runden immer aufregend sind, stimmt so nicht. Ich bin aber nicht grundsätzlich dagegen, eine radikale Änderung ist gut. Aber ein Zehn-Runden-Rennen führt nicht automatisch zu Überholmanövern. Ein paar Grundsätze sollten für die Qualifikation gelten. Die Regel, dass man sich mit dem Benzin für das Rennen qualifizieren muss, ist gut. Die Idee der Qualifyingautos und -reifen war einfach falsch. Aber man sollte sich auch nicht ablenken lassen. Das Qualifying ist wichtig, aber das Rennen ist wichtiger. Wir müssen also dafür sorgen, dass die Rennen nicht langweilig sind, weil das Qualifyingformat nicht gut ist. Ich mag die Idee, ein kleines Chaos zu produzieren, die Ein-Runden-Qualifikation hat dafür gesorgt. Man sollte es aber nicht übertreiben, das hat die Formel 1 nicht nötig. Strafgewichte oder eine Auslosung wäre wohl zu viel des Guten. Die Öffentlichkeit zu fragen, kann aber auch in die falsche Richtung gehen. Wir dürfen nicht die fragen, die sich das Qualifying ohnehin ansehen. Wir sollten während des Qualifyings durch die Straßen gehen und die Leute fragen, warum sie es sich nicht ansehen."

Frage: "Aber die Zuschauerzahlen sind ja gar nicht so schlecht. Muss in der Formel 1 wirklich etwas geändert werden, oder ist es einfach ein Kampf großer Egos?"
Symonds: "Die Zuschauerzahlen sind sehr interessant, denn insgesamt sind sie um fünf Prozent gestiegen. Gerade in Italien und Deutschland sind sie gestiegen und - das ist jetzt eine Überraschung - in Finnland und Holland sanken sie. Das sollte uns dann schon zeigen, worüber wir eigentlich reden."