• 06.04.2002 10:39

  • von Reinhart Linke

Suganuma: "Einige schrieben uns in Sao Paulo ab"

Hisao Suganuma spricht im Interview über die ersten drei Saisonrennen von Bridgestone und seine Erwartungen für die kommenden Rennen

(Motorsport-Total.com) - Nach drei von 17 Rennen in der 2002er-Formel-1-Saison konnte Reifenhersteller Bridgestone zwei Rennen mit Ferrari-Fahrer Michael Schumacher gewinnen. Dennoch ist Bridgestone-Motorsportdirektor Hisao Suganuma insgesamt mit der Leistung noch nicht ganz zufrieden. Er hätte es gern gesehen, wenn ein Fahrer auf seinen Reifen auch den zweiten Saisonlauf am 17. März in Malaysia gewonnen hätte.

Titel-Bild zur News: Hisao Suganuma

Hisao Suganuma sieht auf seine Ingenieure eine harte Saison zu kommen

Außerdem liegt Ferrari in der Konstrukteursweltmeisterschaft sechs Punkte hinter BMW-Williams. Ohnehin konnte Bridgestone mit seinen Partnerteams erst 27 der insgesamt 78 zu vergebenen Punkte in den ersten Rennen holen. Dennoch bleibt man bei Bridgestone zuversichtlich, dass neben Michael Schumacher in diesem Jahr auch noch andere Fahrer auf Bridgestone-Reifen Rennen gewinnen können.

"Unser Saisonstart hätte besser sein können"

Frage: "Wie sehen sie den Saisonstart nach den ersten drei Rennen?"
Hisao Suganuma: "Insgesamt gesehen war es ein guter Start, aber es war trotzdem nicht so perfekt, weil kein Auto auf Bridgestone-Reifen in Malaysia siegte. Dennoch funktionierten unsere Reifen sehr gut in Australien, wo wir verhältnismäßig kühle Temperaturen hatten, und in Brasilien, wo es extrem heiß war. Dieser Sieg hat uns besonders ermutigt, weil er gezeigt hat, dass wir bei allen Wetter- und Streckenbedingungen gewinnen können. Aber wir analysieren, warum wir in Sepang nicht gewinnen konnten ? wir müssen aus der Vergangenheit lernen, um in Zukunft Fortschritte machen zu können. Zwei von drei Rennen zu gewinnen ist nicht schlecht, aber es ist kein perfektes Resultat, weil ich glaube, dass wir in der Lage waren, alle drei Rennen zu gewinnen. Daher ist es ein wenig enttäuschend, dass wir es nicht geschafft haben."

Frage: "Gab es mit den Reifen von Malaysia Probleme?"
Suganuma: "Wir analysieren noch, was mit unseren Reifen im Malaysia-Grand-Prix los war, weil unsere Performance im Qualifikationstraining sehr vielversprechend war, als beide Ferraris unter die ersten drei fuhren. Zweifellos hatten wir den Eindruck, dass die Reifen mit der extremen Hitze in Sepang zu kämpfen hatten. Aber selbstverständlich wussten wir vorher, wie heiß es werden kann. Wir müssen annehmen, dass unsere Reifen besser hätten sein können. Eine Antwort auf unsere Erfahrungen von Malaysia war der Reifen für Brasilien, aber das Resultat dort war nicht zu 100 Prozent mit dem vorangegangenen zu vergleichen."

Bridgestone wusste, dass ihre Reifen in Interlagos halten würden

Frage: "Nach dem Grand Prix von Brasilien waren einige Leute überrascht, dass die Bridgestone-Reifen im Rennen so gut waren. Was sagen sie zu ihrer Leistung während des Wochenendes?"
Suganuma: "Einige Leute schienen uns in Brasilien abzuschreiben, aber als sich Michael Schumacher qualifizierte, fuhr er mit unseren Reifen im mittleren Sektor Bestzeit. Dies ist der technische Teil der Strecke, der eine gute Abstimmung und Traktion erfordert, also war es schön zu sehen, dass unsere Reifen besonders in diesem Streckenteil gut waren. Dass war auch im Rennen entscheidend, so dass Michael in der Lage war, mit Vorsprung den letzten Sektor zu beginnen, in dem ihn Ralf Schumacher hätte überholen können. Michael war schnell genug, damit sein Bruder nicht in die Lage kam, ihn in der ersten Kurve überholen zu können, was auf dieser Strecke die einzige reale Überholmöglichkeit ist. Michael konnte in den Kurven auch spät bremsen, was zeigt, dass seine Reifen auch beim Bremsen gut waren. Wir wussten nach den Testfahrten in Barcelona, dass die von Ferrari gewählte Reifenspezifikation eine Renndistanz halten würde. Obwohl wir sie vorher nur in Barcelona bei viel kühleren Temperaturen getestet hatten, wussten wir, dass sie in Interlagos halten würde. Offenbar war auch Ferrari hinsichtlich der Haltbarkeit der Reifen überzeugt, da sie sich mit Michael für eine Einstoppstrategie entschieden haben."

Frage: "Bis jetzt konnten sie in der Saison 2002 mit einem Fahrer zwei Rennen gewinnen. Beabsichtigen sie, die Saison in dieser Weise fortzusetzen?"
Suganuma: "Offenbar haben Michael und Ferrari im Moment die Oberhand, aber ich möchte die Möglichkeit nicht ausschließen, dass auch andere Teams und Rubens Barrichello dieses Jahr Rennen gewinnen können. Rubens befand sich zum Beispiel in Brasilien in einer Position, in der er das Rennen hätte gewinnen können. Ich bin sicher, dass es nicht lange dauern wird, bis er auf dem Podium steht. Ebenso hatte Sauber Pech. Wir wissen, dass Nick Heidfeld in der Lage ist, das Rennen auf dem Podium zu beenden. Wir sind glücklich, einige ausgezeichnete Fahrer auf Bridgestone-Reifen zu haben, folglich ist es interessant zu sehen, wie die Saison verläuft. Außerdem beabsichtigen alle unsere Teams, mit uns neue Reifen für zukünftige Rennen zu testen, so dass hoffentlich jeder von den Verbesserungen profitiert, die wir in der Lage sind für sie zu machen."

Bridgestone muss im Reifenduell mit Michelin alle Möglichkeiten ausnutzen, um sich zu verbessern

Frage: "Sind sie insgesamt mit der Entwicklungsrichtung zufrieden, die sie im Winter einschlugen und was für eine Entwicklung können wir während den Rennen in Europa erwarten?"
Suganuma: "Ja, ich bin recht glücklich, aber nicht zu 100 Prozent, weil wir nur nach Siegen wissen, ob wir richtig voranschreiten oder nicht. Wir glauben, dass es noch Raum für Verbesserungen gibt. Die Konkurrenz zwischen den Reifenherstellern in der Formel 1 ist so intensiv, dass wir alle unsere Mittel in der Firma nutzen müssen, um unsere Leistung verbessern zu können. Es gibt keinen Zweifel, dass dies eine sehr harte Saison für unsere Ingenieure werden wird. Jetzt sind wir zurück in Europa, wo wir auf eine Vielzahl unterschiedlicher Strecken und Wetterbedingungen treffen. Es ist unermesslich, dies alles mit in unsere Überlegungen einzubeziehen, wenn wir uns für eine Reifenspezifikation entscheiden und überlegen, welche Anforderungen gestellt werden. Im Vergleich zum letzten Jahr werden wir dieses Jahr sicherlich bei den meisten Grand Prixs neue Reifenspezifikationen in Bezug auf Zusammensetzung und Aufbau sehen."