• 06.04.2002 08:59

  • von Marcus Kollmann

Mechaniker: "Fisi ist ein cooler und taktischer Fahrer"

"Fisicos" Nummer-1-Mechaniker verrät im Interview interessante Details und Ansichten über den italienischen Piloten

(Motorsport-Total.com) - Nach der Rückkehr von Giancarlo Fisichella zum Jordan-Team, wo der heute 29 Jahre alte Italiener 1997 eine Saison lang fuhr, bevor er die folgenden vier Jahre für Benetton/Benetton-Renault an den Start ging, hat Nick Burrows in einem Interview verraten ob sich der Italiener seit damals verändert hat. Der 43 Jahre alte Engländer war schon vor fünf Jahren Chefmechaniker des englischen Rennstalls ist dies auch heute noch und kennt den Römer wahrscheinlich so gut wie sonst kaum ein anderer.

Titel-Bild zur News: Giancarlo Fisichella (Jordan-Honda)

Für Jordans Nummer-1-Chefmechaniker ist "Fisico" ein cooler und taktischer Pilot

Frage: "Nick, hat sich Giancarlo seit 1997 sehr verändert?"
Nick Burrows: "Nicht wirklich, nein, er ist eigentlich noch immer so wie damals. Ich bin mit ihm schon 1997 gut zurechtgekommen und 1997 passte er schon sehr gut in das Team. Natürlich war er jünger und unerfahrener, doch sein Charakter hat sich ja nicht verändert. Was seine Art Rennen zu fahren angeht, so ist er während seiner Jahre bei Benetton gereift und fährt jetzt kalkulierter. Damals fuhr er in jeder Session volles Tempo, um das Auto für das Rennen abzustimmen. Nun weiß er, dass es nicht wichtig ist am Freitag der Schnellste zu sein, wenn wir auch am Sonntag das Beste aus dem Auto herausholen können. Fisi ist schon immer ein cooler und taktischer Fahrer gewesen - schon damals. Heute ist er durch seine Erfahrungen noch besser in dieser Hinsicht."

Frage: "Oft hört man, dass er gar nicht so ist wie man sich einen typischen italienischen Rennfahrer vorstellt. Kannst du dem zustimmen?"
Burrows: "Giancarlo ist sehr italienisch was seine Art angeht und wie er ausschaut. Vom fahrerischen Aspekt her, stimmt es, dass er kein typischer italienischer Rennfahrer ist, denn er ist nicht so ungeduldig und emotional, er ist viel cooler. Ein anderer italienischer Pilot der genauso ist, ist Zanardi. Was ihren Charakter auf der Rennstrecke angeht, so sind sich die beiden meiner Meinung nach recht ähnlich."

"Er hilft Takuma, weil er nicht erwartet von ihm besiegt zu werden"

Frage: "Inwiefern kann man die Kombination Fisichella-Sato mit der von 1997, Fisichella-Ralf Schumacher, vergleichen?"
Burrows: "Nun, als er Ralfs Teamkollege war, da waren beide absolut gleichberechtigt und es gab einen richtigen Zweikampf zwischen den beiden. Am Ende der Saison war Fisi normalerweise schneller als Ralf und seither ist er immer schneller als seine Teamkollegen gewesen. Da er nicht erwartet, dass Takuma ihn schlagen kann, ist er bereit ihm zu helfen. An dem Tag, an dem ihn Takuma jedoch bezwingt, wird sich das ändern! Sowohl Ralf als auch Takuma haben Unfälle verursacht durch die Fisi von der Strecke geflogen ist. Der Unfall in Argentinien 1997 schien einen schwierigen Anfang für Fisi und Ralf zu bedeuten, doch über die Saison hinweg verdiente sich jeder den Respekt des anderen. Takumas Fehler in Malaysia - in diesem Jahr - hat Fisi natürlich ziemlich geärgert, doch er regte sich auch schnell wieder ab. Er ist erfahren, barmherzig und weiß, dass es keine Katastrophe gewesen ist und er hat seinen Respekt gegenüber Takuma auch nicht verloren."

Frage: "Giancarlo muss über den Start in die Saison doch sehr enttäuscht gewesen sein oder?"
Burrows: "Er ist frustriert. Jedoch denke ich, dass er damit gut umgehen kann und zurechtkommt. Er weiß, dass es noch jede Menge Arbeit am Auto und dem Motor zu verrichten gilt. Und er wartet geduldig darauf, dass seine Saison besser verläuft. Mit dem Auto und dem Team ist er wirklich zufrieden, auch wenn die Saison ziemlich unglücklich für ihn begonnen hat. Als er 1997 zu uns kam, da war er ein relativ langsames Auto wie bei Minardi gewohnt und hatte keine hohen Erwartungen. Jetzt erwartet er mehr und realisiert, dass sich das nicht über Nacht umsetzen lässt. Aus diesem Grund ist er auch vorbereitet auf die Verbesserungen durch Honda zu warten. Er weiß, dass das Team hart arbeitet und er auch an sich arbeiten muss."

"Fisichella seinen ersten Sieg holen zu sehen, wäre großartig"

Frage: "Magst du ihn?"
Burrows: "Fisi ist vermutlich einer der besten Rennfahrer mit denen ich sehr gut zurechtgekommen bin. Er ist manchmal natürlich einfach er selbst, doch zur gleichen Zeit ist er immer offen und freundlich. Zum Beispiel hat er in Brasilien zusammen mit allen Mechanikern Fußball gespielt. Auf der Rennstrecke und in der Fabrik ist er immer professionell. Er macht alles sehr überlegt. Man weiß bei ihm immer genau, woran man ist und was man erwarten kann, egal was passieren wird."

Frage: "Was wünschst du dir für Giancarlo in dieser Saison?"
Burrows: "Ich würde ihn gerne seinen ersten Sieg holen sehen. Das wäre großartig. Einerseits weil er ein außergewöhnlicher Fahrer ist, der schon längst verdient hat Rennen zu gewinnen, andererseits weil er ein netter Kerl ist und man weiß, dass er, wenn es passiert, seinen Erfolg mit dem ganzen Team teilen wird."