• 24.06.2010 21:59

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

"Streetfighter" Massa: Fehlt der letzte Biss?

Felipe Massa hat die Saison noch nicht aufgegeben und möchte sogar noch Weltmeister werden, Experte Marc Surer traut ihm das aber nicht zu

(Motorsport-Total.com) - Nach zwei Podestplätzen in den ersten beiden Rennen war die Welt für Felipe Massa noch in Ordnung, doch inzwischen ist der Ferrari-Pilot vom ersten auf den achten WM-Rang abgerutscht, 42 Punkte hinter Spitzenreiter Lewis Hamilton. Daher weiß er vor dem Grand Prix von Europa in Valencia: "Jedes Rennen ist wichtig!"

Titel-Bild zur News: Felipe Massa

Ist Felipe Massa noch der Alte? Experte Marc Surer hat seine Zweifel...

"Valencia kann eine gute Strecke für uns sein, denn wir hatten in Kanada ein gutes Auto, vor allem im Rennen. Im Qualifying war es okay, im Rennen ziemlich gut. Ich erwarte, dass das auf dieser Strecke noch mehr der Fall sein wird", sagt Massa und verweist auf seinen Sieg vor zwei Jahren, als er von 'Motorsport-Total.com' "Streetfighter" von Valencia getauft wurde: "Ich hoffe, dass ich meinen Sieg von 2008 wiederholen kann - ich möchte gewinnen!"#w1#

Surer spricht aus eigener Erfahrung

Doch das wird schwierig, denn zuletzt machte der Brasilianer nicht den Eindruck eines Fahrers in Topform, der um jeden Preis gewinnen will. Marc Surer glaubt sogar, dass er seit seinem Unfall nicht mehr der Alte ist: "Der Unfall war nicht das Problem, sondern die lange Pause. Ich kenne das aus meiner eigenen Erfahrung", meint der 'Motorsport-Total.com'-Experte, der während seiner eigenen Rennfahrerkarriere ebenfalls Zwangspausen einlegen musste.

"Wenn du zu lange pausierst, lernst du das Leben neben der Formel 1 kennen, das du sonst immer verdrängst. Normalerweise denkst du immer an den nächsten Test oder an das nächste Rennen, aber plötzlich hast du so viel Zeit, die du mit der Familie verbringst", erklärt der 82-fache Grand-Prix-Teilnehmer. "Ich selbst habe nach meinem letzten Unfall gemerkt, dass es schön ist, mit Freunden auf der Terrasse zu sitzen und das Leben zu genießen, einen Sonnenuntergang zu sehen."

¿pbvin|512|2856||0|1pb¿"Davor war mir nur wichtig, dass das nächste Rennen gut läuft und das Auto besser wird", erinnert sich Surer, der seine aktive Karriere nach einem schweren Unfall bei der Hessen-Rallye 1986 beendet hat. "Dein Horizont verändert sich. Massa war in Brasilien bei seiner Familie, hat das schöne Leben kennengelernt, das bequeme Leben. Seine Frau hat ein Kind bekommen. Das erweitert deinen Horizont, aber das ist für einen Rennfahrer nicht unbedingt ideal."

"Ich denke nicht, dass er an sich zweifelt, aber er scheint mir mit weniger zufrieden zu sein. Er ist nicht mehr dieser ehrgeizige und verbissene Fahrer, sondern wenn es mal nicht läuft, sagt er sich: 'Okay, klappt es halt beim nächsten Mal!' Da fehlt der Biss", analysiert der Schweizer, der weiß, dass Fernando Alonso obendrein auch ein "knallharter" Teamkollege ist: "Der nutzt jede Schwäche. Auch teamintern hat er sich sofort breit gemacht."

Nur eine Wellenbewegung?

Nach dem dritten Saisonrennen wurde Massas Comeback noch gefeiert, jetzt betrachten es viele als gescheitert. Vielleicht ist der Vizeweltmeister von 2008 aber auch nur Wellenbewegungen unterworfen, wie sie in jüngerer Vergangenheit zum Beispiel auch Robert Kubica erlebt hat. Der Pole wurde 2009 bei BMW schon fast abgeschrieben und trumpft jetzt bei Renault wieder groß auf. Genau wie bei ihm könnten auch bei Massa die Reifen eine wichtige Rolle spielen.

"Trotzdem ist es so, dass er bisher noch gegen jeden Teamkollegen antreten konnte", wirft Surer ein. "Räikkönen galt als der schnellste Mann, Schumacher hat er in seinem ersten Jahr schon zweimal die Pole weggeschnappt. Er hatte niemanden zu fürchten. Dass er jetzt gegen Alonso keinen Stich macht, heißt für mich, dass er nicht mehr der Alte ist. Das kann mit den Reifen ein Stück weit zusammenhängen, aber ich habe auch das Gefühl, dass er nicht mehr die frühere Konsequenz hat."

Dass Ferrari Massa einen neuen Vertrag gegeben hat, ist seiner Meinung nach reines Kalkül: "Für mich ist klar, dass sie Kubica nicht holen dürfen, denn dann gibt es ein Problem um die Nummer eins. Das war mit Schumacher jahrelang das Erfolgsgeheimnis von Ferrari - und das haben sie jetzt mit Alonso wieder. Ob gewollt oder auch nicht, jedenfalls ist es so. Ich denke, dass sie mit dieser Masche jetzt weitermachen und sich keine Probleme ins Team holen wollen."


Fotos: Ferrari, Großer Preis von Europa, Pre-Events


Massa sei nämlich im Gegensatz zu Kubica eine bequeme Nummer zwei, was der 29-Jährige selbst naturgemäß ganz anders sieht. Er hat sogar den WM-Kampf 2010 noch lange nicht aufgegeben: "Der Rückstand ist noch nicht groß, da täuscht das neue Punktesystem. Schon in zwei Rennen kann es ganz anders aussehen. Die Weltmeisterschaft ist noch völlig offen", zeigt sich der Ferrari-Pilot von seiner kämpferischen Seite.

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