• 14.12.2002 17:50

  • von Fabian Hust

Stoddart: "Slick-Comeback zweifle ich sehr stark an"

Im vierten Interview-Teil spricht Paul Stoddart über geplante Reglementsänderungen und Testfahrten am Grand-Prix-Freitag

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Es gibt ja Diskussionen, wonach man die Slick-Reifen wieder in der Formel 1 einführen könnte. Was denken sie darüber?"
Paul Stoddart: "Das zweifle ich stark an. Das Problem, das wir mit den Slick-Reifen haben ist, dass die Formel-1-Autos sich stark weiterentwickelt haben, sie sind technologisch über die Jahre hinweg so hoch gezüchtet worden, dass Slick-Reifen solch hohe Geschwindigkeiten erlauben würden, dass die Sicherheit ernsthaft in Frage gestellt werden müsste. So gerne wir sie alle sehen würden, so müssten sie Bestandteil eines Pakets sein, das die aerodynamischen Kräfte beschneidet, so dass die Geschwindigkeiten nicht über die Sicherheitslimits hinausgehen."

Titel-Bild zur News: Paul Stoddart (Minardi-Teamchef)

Paul Stoddart glaubt nicht an eine Rückkehr der Slicks

Frage: "Wird es weitere Reglementsänderungen in der Formel 1 geben?"
Stoddart: "Ja. Als wir das Treffen hatten, aus dem die Freitagstestfahrten, das neue Qualifying und all dies hervor ging, da beschlossen wir bei diesem Treffen, dass wir uns am 4. Dezember noch einmal zusammen setzen, um über Kostenreduktionen zu sprechen und ein neues Reglement zu verabschieden, das wir nun haben. Heraus kam dabei das, was wir nun als Änderungen für 2003 haben, besonders in Bezug auf die Kostenreduktion und es gibt ein paar Gebiete, die wir uns noch anschauen können. Da die Leute schon ihre neuen Autos fertig geplant hatten, liefen wir Gefahr, zu viel zu verändern, eine breitere Maßnahmenkette, um Kosten zu sparen, wird 2004 und noch ausgiebiger 2005 in Kraft treten, wenn wir auch zum ersten Mal die Chassis vom Design her wieder verändern."

Frage: "Können sie uns Hinweise darauf geben, in welche Richtung diese Veränderungen gehen?"
Stoddart: "Auf dem Treffen in diesem Jahr zuvor haben wir die Ein-Motoren-Regel eingebracht und beschlossen, dass das Chassis-Reglement für 2002, 2003 und 2004 stabil bleibt. Wir werden also für 2005 etwas verändern in Bezug auf Bremsen, Betanken und vielleicht auch in Bezug auf die Standardisierung der Räder. Im Moment stellen die Teams unterschiedlich große Räder her, auch wenn die Reifen von der Breite her gleich sind. Da geht eine Menge Geld dafür drauf. Es gibt viele Gebiete bei einem Auto, wo man Standardisieren kann oder Regeln aufstellt, dass jeder die gleichen Spezifikationen verwenden muss, so dass man Millionen sparen kann. Diese Art von Veränderungen streben wir an."

"Für 2003 hat man ein paar Kleinigkeiten verändert, wie zum Beispiel, dass wir nicht mehr so viele Regenreifen verwenden, da gibt es deshalb keine großartigen Ausgaben mehr und ein paar andere Dinge, die wir in Bezug auf das Chassis unternehmen können, aber nicht viel. 2005 wird komplett anders sein. Da können wir viel mehr machen und es könnte radikalere Veränderungen geben, aber es ist noch zu früh, um dies genau sagen zu können."

Frage: "Wie ist es mit den Testfahrten am Freitag genau? Können sie mit drei Autos und vier Fahrern antreten?"
Stoddart: "Grundsätzlich hat man drei Autos zur Verfügung. Auch wenn es das wichtigste für den Freitag ist, dass man ein Test- oder T-Car einsetzen kann, ein drittes Auto, so ist es ein Test, es gibt aus diesem Grund keine Einschränkungen, wie viele Fahrer man einsetzen darf. Wenn man mit drei Autos in zwei Stunden fahren möchte, so kann man sechs Fahrer durchwechseln lassen und jeden eine halbe Stunde fahren lassen. Das könnte man so machen."

"Der Hintergedanke war es gewesen, der Presse eine Menge mehr zu berichten zu geben, den kleineren Teams oder den Teams, die sich für diese Variante entscheiden, einen kleinen Vorteil zu geben, da sie zwei Stunden Extra-Zeit auf der Strecke erhalten werden. Ich gehe davon aus, dass die meisten von uns zwischen den Einsatzfahrern wechseln werden. Und ? noch viel wichtiger ? neue Fahrer, die noch nie auf einer Grand-Prix-Strecke gefahren sind, können auf die Strecke fahren und Runden auf einer Strecke abspulen, auf der sie normalerweise nie fahren könnten. Zusätzliche kann man lokalen Fahrern die Möglichkeit geben, sich zu präsentieren. Im Normalfall könnten sie sich vielleicht gar nicht den Weltmedien zur Show stellen."

Frage: "Nehmen wir an, sie wollen einen jungen, unerfahrenen Piloten fahren lassen, braucht er für den Test dann eine Superlizenz?"
Stoddart: "Nein, es gelten die Standardregeln, die besagen, dass derjenige eine Internationale A-Lizenz braucht - und man sollte sowieso niemanden ins Auto setzen, der eine solche Lizenz nicht sein Eigen nennt ? und er braucht die Erlaubnis des Teamchefs. Wir operieren also unter dem aktuellen Testreglement. Da es ein zweistündiger Test ist und nicht in Verbindung zum Grand-Prix-Wochenende steht, besteht kein Bedarf für eine Superlizenz."

Frage: "Glauben sie, dass die Freitagstests akzeptiert werden?"
Stoddart: "Wie ich vorhin schon gesagt habe, ist der Vorteil, dass viele Fahrer niemals auf einer Grand-Prix-Strecke fahren können. Nehmen wir zum Beispiel Melbourne, diese Strecke ist sonst nicht geöffnet, das Gleiche gilt für Monaco und Indianapolis. Hier kann man nicht testen, es ist aus diesem Grund ein großer Vorteil für die Teams, die diese Möglichkeit wählen. Abgesehen von der Kostenersparnis gibt es also auch noch technische Gründe, um sich dafür zu entscheiden."

Frage: "Besteht nicht die Gefahr, dass sie das Geld, das die jungen Fahrer für die Testmöglichkeit auf den Tisch blättern, wieder verlieren, wenn sie Autos zu Schrott fahren?"
Stoddart: "Ein sehr guter Punkt. Wenn uns die Versicherungen zuhören, so wäre ich für ein Angebot sehr dankbar! Ernsthaft, das schauen wir uns natürlich an, aber wir setzen keine Leute in unser Auto, die nicht fähig oder verantwortlich sind. Natürlich bin ich mir sicher, dass zwei oder drei von ihnen im Verlauf des Jahres ernsthafte Abflüge haben werden, aber das haben wir auch bei den Tests. Eine Menge hängt von der Disziplin der Fahrer ab, man hat nicht nur gegenüber sich sondern auch gegenüber dem Team eine Verantwortung und muss dementsprechend handeln. Im Normalfall passiert auch nichts."

Frage: "Könnten vielleicht auch Leute wie Mick Doohan oder Valentino Rossi in diesem Rahmen testen?"
Stoddart: "Das stand noch gar nicht zur Disposition und um ehrlich zu sein habe ich darüber noch gar nicht nachgedacht. Ich denke nicht, denn es ist immer noch ein Test und wir schauen uns schon nach Leuten um, aber ohne respektierlich gegenüber Mick oder gegen sonst wen zu sein, wir wollen Leute ans Steuer setzen, die wir vielleicht in Zukunft verpflichten möchten. Es gibt Fahrer, die in einem bestimmten Auto zuvor nicht besonders erfolgreich waren, viele von ihnen passen sich aber der Formel 1 viel besser an als anderen Formeln und umgekehrt. Manchmal denkt man, dass einer Champion werden kann, aber er schafft dann den Durchbruch in der Formel 1 nicht. Es ist also gut, einen Test zu fahren, wenn alle dabei sind. Nicht nur der Teamchef wird den Test sehen. Jeder Teamchef wird ihn ebenfalls sehen, das gibt den Kids eine echte Chance."

Frage: "Mit anderen Worten, Minardi hilft McLaren und Ferrari bei der Talentsuche?"
Stoddart: "So könnte man das sehen, aber seien sie sich sicher, dass niemand in das Auto kommt, bevor er nicht einen Vertrag unterschrieben hat. Das sehe nicht nur ich so, sondern auch jeder andere. Wenn Ferrari oder McLaren einen jungen Fahrer haben wollen, so müssen sie deshalb eine Gebühr zahlen."

Lesen Sie am Sonntag den 5. Teil des großen Interviews mit Paul Stoddart