• 11.07.2001 20:09

  • von Fabian Hust

Stoddart: "Ich finde mich mit einem dritten Platz ab"

European-Minardi-Teamchef Paul Stoddart über Millionenspritzen und seinen Zeitplan für die kommenden fünf Jahre

(Motorsport-Total.com) - Paul Stoddart ist nicht nur wegen seiner Millionen auf dem Bankkonto in die Formel 1 eingestiegen, sondern vor allem wegen seiner Leidenschaft zum Motorsport. Der Australier bewahrte das Minardi-Team vor dem endgültigen Aus und kaufte den kleinen italienischen Rennstall Anfang des Jahres auf. Sechs Wochen vor dem Saisonstart verfügte Stoddart weder über Fahrer noch über einen Motor und einige Experten befürchteten sogar, dass Minardi in Australien zuschauen muss. Doch schon in Australien sorgte das Team für Aufsehen. Es gab zwar keine Punkte, aber man rettete ein Auto ins Ziel und das nach praktisch keinem einzigen Test.

Titel-Bild zur News: Paul Stoddart

Paul Stoddart (rechts) ist mit viel Leidenschaft in der Formel 1

In einem Interview gab Stoddart vor kurzem bekannt, dass er zur Zeit pro Woche mehr als 1,6 Millionen Mark in sein Team steckt, das im britischen Ledbury und im italienischen Faenza jeweils einen Firmensitz hat. "Im Gegensatz zum allgemeinen Glauben haben wir keinen Fahrer, der Geld in das Team bringt", erklärt Stoddart gegenüber dem 'Independent' die brikäre Lage. "Im nächsten Jahr werde ich dem Team keine Geldmittel mehr zukommen lassen. Wir müssen einen Sponsor bekommen" - Stoddart ist eben kein Milliardär, aber er sagt, dass ihn die Befriedigung, sein Team fahren zu sehen, das Geld in diesem Jahr gerne ausgeben lässt.

Die Woche vor dem Saisonstart war für Stoddart ein unvergesslicher Moment. Vor dem Parlament in Melbourne durfte er den PS01 der Öffentlichkeit vorstellen - dank einer Sondergenehmigung. Die Abgeordneten ließen dafür sogar für 30 Minuten ihre Arbeit ruhen. Im ersten Rennen im Ziel, im dritten auf Platz 9 - was European-Minardi in dieser Saison mit einem Motor aus dem Jahre 1998 leistet, muss einem Respekt abringen: "Wir kämpfen gegen Arrows, Prost und Benetton", so der Teamchef nicht ohne Stolz.

Der Chef einer Firma, die Privatjets least, war schon immer ein Work-aholic, ein Mensch, der keinen Sonntag und keinen Feiertag kennt, wie er selbst zugibt. Nur die Leidenschaft und das Adrenalin lässt ihn diese Anstrenung durchstehen. Und nur so ist es zu erklären, dass er 90 Prozent seiner Zeit der Formel 1 widmet, obwohl er mit seinem Rennstall im Moment Millionenverluste einfährt: "Wenn wir einen guten Tag hatten, dann schwebe ich auf Wolke sieben, hatten wir einen Doppelausfall, dann kommen mir die Leute erst gar nicht nahe, da ich dann ziemlich miese Laune habe..."

Nach rund vier Monaten in der Formel 1 steht für Stoddart fest, dass er seinen langfristigen Plan nicht ändern wird: "Im ersten Jahr wollten wir dabei sein und professionell arbeiten und ich denke, dass wir das sicherlich getan haben und Leute überrascht haben. Im zweiten Jahr wollen wir nach vorne in das Mittelfeld streben, im dritten Jahr möchten wir uns im Mittelfeld platzieren und im Jahr vier und fünf wollen wir uns verstärken und unter Umständen Rennen gewinnen, wie das Jordan 1998 in Spa gelang und Stewart 1999 auf dem Nürburgring."

Der Fünfjahresplan klingt realistisch für ein Team, das noch keinen Automobilhersteller hinter sich hat. Bereits in der kommenden Saison will Paul Stoddart einen besseren Motor haben als das verstaubte Ford-Aggregat, dem derzeit rund 70 PS auf den BMW-Motor fehlen: "Ich bin ja gar nicht größenwahnsinnig. Ich finde mich mit einem dritten Platz ab." Im Haifischbecken Formel 1 schon ein großes Ziel.

So lange man noch kein großes Werk als Partner hat, wird es für Minardi wichtig sein, einen Fahrer im Team zu haben, der Sponsoren im Schlepptau mit sich bringt, um einen besseren Motor und die teuren Entwicklungsarbeiten finanzieren zu können. Mit Fernando Alonso hat man einen Fahrer, der die Eisen aus dem Feuer holen kann, mit Alex Yoong steht der zweite Fahrer bereits vor der Türschwelle - mit einigen Millionen an Sponsorengeldern im Handgepäck.

Minardi wird auch 2002 ein kleines Team bleiben. Ein kleines Team, das nie große Erfolge feiern konnte, das aber dennoch beliebt ist wie kaum ein anderes Team in der Königsklasse des Motorsports. Vielleicht werden die Designer der Konkurrenz nicht mehr bei jedem Rennen zu Minardi laufen, um nach interessanten Neuerungen am Auto zu schauen, denn mit Gustav Brunner hat man den hellen Kopf an Toyota verloren - "Haifischbecken" ist für Paul Stoddart kein Fremdwort mehr.