• 26.05.2005 17:27

Schumacher: "Ralf ist mein Bruder, mein Blut"

Michael Schumacher im PK-Interview über den beendeten Bruderkrieg, seine Aussichten für den Nürburgring und einige weitere Themen

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Michael, Monaco ist ein einzigartiges und auch außergewöhnliches Rennen. Mit welchem Gefühl gehst du in das bevorstehende Wochenende?"
Michael Schumacher: "Mit viel Optimismus. In den meisten Rennen waren wir sehr konkurrenzfähig, nur in den Qualifyings hatten wir Probleme. Wir sind optimistisch, dass wir das hier besser im Griff haben werden."

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Michael Schumacher heute Nachmittag während der FIA-Pressekonferenz

Frage: "Wird euch das veränderte Qualifying eher helfen oder eher schaden?"
Schumacher: "Sagen wir so: Selbst wenn wir schlecht sein sollten, können wir nun nur noch einmal schlecht sein, nicht mehr zweimal..."#w1#

Frage: "Es sollte also eine Verbesserung sein, nicht wahr?"
Schumacher: "Ja."

Bruderkrieg ist nach einer Aussprache beigelegt

Frage: "Nach dem Grand Prix von Monaco wurdest du von deinem Bruder und von deinem Teamkollegen heftig kritisiert. Gibt es dazu noch etwas zu sagen oder ist das vorbei?"
Schumacher: "Das ist vorbei. Ralf und ich hatten eine Unterhaltung deswegen. So ist der Rennsport nun mal."

Frage: "Liverpool hat vergangene Nacht das Europacupfinale im Fußball nach einem 0:3 noch gewonnen. Schöpfst du daraus Hoffnung, dass man im Sport schon verloren geglaubte Situationen noch umdrehen kann?"
Schumacher: "Du willst doch nur die Italiener ärgern, indem du schon wieder das Spiel von gestern erwähnst (lacht)! Aber ja, es stimmt: Das Spiel gestern hat klar gezeigt, dass man bis zur letzten Minute kämpfen muss."

Frage: "In der Vergangenheit sind immer wieder Fans über die Zäune geklettert, zum Beispiel in Hockenheim 2000 oder in Silverstone 2003. Machst du dir Sorgen, dass irgendein Fan einmal auf die Idee kommen könnte, deine Strategie im Rennen mit einer solchen Aktion gezielt zu zerstören?"
Schumacher: "Nein, das hoffe ich nicht. Man weiß nie, was in den Köpfen mancher Leute vorgeht, denn es ist ja schon zweimal passiert. Früher sind die Fans immer auf die Strecke gelaufen, wenn das Rennen vorbei war - vor 15 oder 20 Jahren. Jetzt tun sie das nicht mehr. Was die zwei unangenehmen Fälle in jüngerer Vergangenheit angeht, glaube ich, dass die Sicherheitsvorkehrungen inzwischen ausreichend verbessert worden sind."

Schumacher darf keine Flaggen von Fans annehmen

Frage: "In Imola ist auch ein Fan über den Zaun gesprungen, weil er dir eine Ferrari-Flagge geben wollte. Warum hast du die nicht angenommen?"
Schumacher: "Das dürfen wir nicht. Das Reglement verbietet es uns, anzuhalten und irgendwelches Zeug anzunehmen, denn dabei könnte man ja das Gewicht manipulieren."

Frage: "Rubens Barrichello hat sich darüber beschwert, dass du ihn in der letzten Runde in Monaco überholt hast. Was hast du ihm zu sagen?"
Schumacher: "Es stimmt, das habe ich getan. So ist der Rennsport! Ich meine, man fährt ein Rennen, gibt alles, ist erschöpft und müde - da können einem die Emotionen schon mal durchgehen. Aber wenn man sich das Rennen danach in Ruhe ansieht, denkt man vielleicht ganz anders darüber. Ich habe Rubens heute noch nicht gesehen, aber am Montag hatten wir eine Unterhaltung, als ich ihm zum Geburtstag gratulierte. Er war recht entspannt. Er ist Brasilianer. Die sind halt grundsätzlich etwas temperamentvoller..."

"Man vergisst dabei nie, dass es der Bruder ist"

Frage: "In den deutschen Medien gab es in den vergangenen Tagen kein anderes Thema als den Bruderkrieg. Was sagst du dazu?"
Schumacher: "Wir sind beide sehr wettbewerbsorientierte Rennfahrer, kämpfen auf der Strecke - jeder in seinem Interesse und im Interesse des jeweiligen Teams. Man vergisst dabei aber nie, dass es der eigene Bruder ist, den man liebt. Nach der Zielankunft ist man vielleicht geladen, aber das macht nichts. Ralf ist mein Bruder, mein Blut - und was immer auch diese dummen Zeitungen schreiben: Es ist Mist! Wer uns kennt, weiß das."

Frage: "Dein Bruder hat dein Manöver in Monaco mit der Begründung akzeptiert, dass man so eine Entscheidung innerhalb weniger Sekunden treffen muss und dass man dabei auch mal falsch liegen kann. Im Nachhinein betrachtet: Glaubst du immer noch, dass deine Attacke gerechtfertigt war?"
Schumacher: "Wir haben beide schon gesagt, dass wir Rennen gegeneinander fahren. Das ist der Rennsport! Vielleicht haben wir in bestimmten Punkten nicht immer dieselbe Meinung, aber das ist doch nur natürlich. Wir stehen beide im Wettbewerb und jeder hat seine eigene Meinung, aber das ist doch gut so. Jetzt einen Wirbel daraus zu machen und jede Aussage zu zerlegen, halte ich für Blödsinn. Sind wir besser ernsthaft, hören wir mit dieser Idiotie auf und konzentrieren wir uns auf die normalen Dinge."

Frage: "Juan-Manuel Fangio fuhr hier am Nürburgring 1957 eines seiner besten Rennen, ehe er den Helm an den Nagel hängte. Glaubst du, dass du auch noch so einen schönen Erfolg brauchst, damit du beruhigt aufhören kannst?"
Schumacher: "Nein."

"Selbst ein Rennen wie Monaco macht mir irgendwie Spaß"

Frage: "Weil jeder deiner Siege ein großer Sieg war?"
Schumacher: "Nein, aber jeder einzelne Sieg ist anders, einzigartig auf seine Art. Es gibt manche Rennen, die ich mehr genossen habe als andere, aber selbst ein Rennen wie Monaco macht mir irgendwie Spaß. Es war zäh, ich lag zurück und ich musste mich nach vorne kämpfen. Ich habe es genossen. Man muss nicht unbedingt immer gewinnen, um ein großes Rennen zu fahren. Klar, das ist am wahrscheinlichsten, aber es muss nicht zwingend immer so sein."

Frage: "Die Veranstalter hier am Nürburgring organisieren seit vergangenem Jahr Taxifahrten für die Fans mit Formel-1-Piloten am Steuer, aber du und dein Teamkollege werden auch diesmal nicht dabei sein? Warum? Ich schätze, diese Frage sollte man eher den Verantwortlichen des Teams stellen..."
Schumacher: "Ja, ich denke auch. Es ist eine kommerzielle Frage, aber ich kenne die genauen Hintergründe nicht."