• 27.05.2004 19:14

Schumacher: "Ändern können wir es nicht mehr"

Mit fast stoischer Ruhe blickt Michael Schumacher auf die Kollision mit Juan-Pablo Montoya in Monaco zurück

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Fernando Alonso wollte deinen Bruder im Tunnel von Monaco außen überholen und flog dabei ab. Hättest du dort auch versucht, außen vorbeizugehen?"
Michael Schumacher: "Man sollte wissen, dass es dort abseits der Ideallinie sehr schmutzig ist. Man kann dort ganz einfach Vollgas fahren, aber man hat nicht viel Spielraum, wenn man außen vorbei möchte. Man konnte auch sehen, dass Alonso weiter nach innen hätten fahren können, denn er war ja fast an der Mauer. So viel Platz hätte er also zwischen sich und Ralf nicht lassen brauchen."

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Michael Schumacher möchte am Nürburgring wieder siegen

Frage: "Kommen wir zu deinem Unfall dort. Die Reifen und Bremsen in einer solchen Situation auf Betriebstemperatur zu halten muss ziemlich schwierig sein, zumal wenn das gesamte Feld hinter einem fährt und darauf achtet, was man tut."
Schumacher: "Ja, und genau das ist der Punkte. Die Jungs dahinter verlassen sich auf das, was der vorne tut. Darauf muss man achten und ich habe nicht in die Spiegel geblickt, weil ich dachte, dass jeder weiß, wie man beschleunigt und bremst. Das kam schon überraschend für mich. Wenn ich in die Spiegel geschaut hätte, dann wäre ich vielleicht nicht auf die normale Rennlinie gezogen, aber ich habe ihn (Juan-Pablo Montoya; d. Red.) dort nicht erwartet."#w1#

Frage: "Ich schätze, dass du nicht auf die dreckige Außenlinie fahren wolltest."
Schumacher: "Das ist sicher wahr, aber es ist vorbei. Ändern können wir es ohnehin nicht mehr."

Frage: "Was war deine Reaktion auf die Entscheidung der Rennleitung, die keine Maßnahmen ergriff?"
Schumacher: "Ich akzeptierte die Entscheidung, auch wenn ich nicht hundertprozentig einverstanden war."

Frage: "Könnt ihr weitergehend diesbezüglich etwas unternehmen?"
Schumacher: "Ich bin sicher, dass die GPDA (Fahrergewerkschaft; d. Red.) und die Fahrer verschiedene Sachen, die an diesem Wochenende passiert sind, ansprechen werden. Wir werden herausfinden, welche Schlussfolgerungen man daraus ziehen kann."

Frage: "Es macht das Gerücht die Runde, dass Mika Häkkinen vor einem Formel-1-Comeback steht. Glaubst, dass er noch immer konkurrenzfähig wäre? Hat er in den zwei Jahren Pause an Fähigkeiten eingebüßt?"
Schumacher: "Ich denke, dass es schwierig wird, wenn man zwei Jahre von der Grand-Prix-Bühne weg war. Er hat natürlich noch sein Talent. Das wird er immer haben, aber nach einer langen Pause ohne Formel 1 zurückzukommen - selbst mit vielen Testfahrten - wird schwierig werden. Ich denke aber, dass sehr viele Leute sehr glücklich darüber wären, wenn er zurück wäre. Ich würde auch dazugehören. Er war ein großartiger Gegner. Aber wir befinden uns natürlich auch in der 'silly season', das muss man auch beachten."

Frage: "Kommen wir zurück zu Monaco. Du warst in allen vier Trainingssitzungen am schnellsten, i0n der Vorqualifikation fehlten dir dann aber zwei Sekunden auf deine eigene Bestzeit vom Morgen. Fuhren einige mit weniger Sprit, als du es erwartet hättest? Und warum bist du im Rennen nicht an die Box gefahren als das Safety Car auf die Strecke ging?"
Schumacher: "Das ist einfach zu erklären. Der Kurs war sehr, sehr schmutzig und sehr, sehr rutschig. Mehr als jeder gedacht hatte. Ohne Benzin wäre ich vielleicht eine Position weiter vorne gewesen. Und nicht an die Box zu fahren, war eine strategische Entscheidung. Ich hatte noch viel Benzin an Bord und hätte noch lange draußen bleiben können. Vielleicht hätte ich da den benötigten Vorteil herausfahren können. Da ein Boxenstopp in diesem Jahr in Monaco etwas schneller abläuft, war es den Versuch wert. Wenn ich es genauso wie Jarno gemacht hätte, dann wäre ich Zweiter geworden. Aber so hatte ich eine Möglichkeit. Das hätte ein Risiko sein können, aber ich hatte die Chance, Erster zu sein. Und wenn man es nicht versucht, dann kann man nicht gewinnen."

Frage: "Es wurde die Vermutung geäußert, dass bereits bei der Einfahrt in den Tunnel etwas mit deiner linken Vorderradaufhängung etwas nicht in Ordnung war. Möchtest du dazu etwas sagen?"
Schumacher: "Das ist nicht richtig. Ich hatte danach ein sehr großes Problem mit der linken Aufhängung, das ist wahr."

Frage: "Juan-Pablo erklärte, dass Takuma Sato einen Frühstart fabrizierte und dass man ihn nur deshalb nicht bestrafte, weil er das Rennen nicht beendete. Dabei hat er dich im Startgetümmel bereits berührt."
Schumacher: "Ich denke, dass Takuma danach zur Rennleitung musste um alles zu erklären. Aber er war sicher nicht lange genug im Rennen, als dass man ihn hätte bestrafen können. Sie brauchen schon etwas Zeit, um die Daten zu analysieren. Dass er mich getroffen hat, ist eine andere Geschichte. Er dachte sicherlich, dass die Lücke groß genug wäre. Und das war sie faktisch auch, denn es ist ja nichts passiert, auch weil ich aufmerksam war und etwas zur Seite fuhr."

Frage: "Montoya sagte auch, dass er überrascht war, wie sehr du hinter dem Safety Car beschleunigt hast. Dann hättest du hart abgebremst. Er erklärte, dass dies über das normale Maß hinausging."
Schumacher: "Wenn ich weiter beschleunigt hätte, dann hätte ich das Safety Car getroffen. Irgendwann muss ich ja aufhören. Und ob ich nun hart oder weniger hart abbremse: Frag die Fahrer. Es ist allgemein die Meinung, dass der Fahrer hinten die Verantwortung trägt, dass er niemanden trifft. So einfach ist das."

Frage: "Könnt ihr nach diesem Wochenende zurückschlagen? Wie sind eure Chancen hier?"
Schumacher: "Gut. Viel mehr kann ich dazu nicht sagen, außer, dass der Nürburgring gut zu unserem Auto passen sollte."

Frage: "Es ist recht kühl hier. Könnte das ein Vorteil sein?"
Schumacher: "Wenn es sehr heiß werden würde, dann wäre das ein Nachteil. Aber ich denke nicht, dass es sehr heiß werden wird."

Frage: "Neben den Gerüchten um ein Comeback von Mika Häkkinen gibt es auch Spekulationen über eine Rückkehr von Jacques Villeneuve. Ihr seid ja nicht die besten Freunde gewesen, aber was denkst du über eine Formel-1-Rückkehr von Jacques?"
Schumacher: "Er hat mit Sicherheit einen großen Namen und die Formel 1 ist immer glücklich, solche Namen zu haben. Es gibt 20 Fahrer in der Formel 1. Mit einigen ist man befreundet, mit anderen hat man weniger zu tun. So ist das Leben, und es ist normal. Ich fühle mich nicht schlecht, wenn er zurückkommen würde. Ich wäre glücklich darüber. Wir haben uns auf einer Party nach dem Rennen in Monaco gesehen und haben uns kurz unterhalten. Die Atmosphäre zwischen uns ist ziemlich entspannt."