• 27.01.2006 18:27

  • von Inga Stracke

Sam Michael: "Die Top 3 sind realistisch"

Der Technischer Direktor von Williams im Interview mit 'F1Total.com' über Nico Rosberg, die bevorstehende Saison und die Konkurrenz

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Es ist schon eine große Herausforderung, denn in diesem Jahr ist eine Menge neu: Neue Motoren, neue Aerodynamik und neues Qualifying. Wie hart und arbeitsreich war der Winter für dich?"
Sam Michael: "Nun, wir befinden uns mitten drin. Wir haben jetzt das neue Auto vorgestellt, jetzt werden die kleinen Probleme losgehen, ob das Probleme mit der Zuverlässigkeit oder der Leistung sind. Wir werden herausfinden, ob wir ein schnelles oder ein langsames Auto haben. Wir müssen an den Problemen arbeiten und so schnell wie möglich mit der Weiterentwicklung fortfahren."

Titel-Bild zur News: Williams-Team

Sam Michael und das Williams-Team: Auf dem Weg zurück in Richtung Titel?

"Für uns ist das ziemlich schwierig, auch wenn alle Jungs hart arbeiten und sehr motiviert sind, Williams wieder zu einem Team zu machen, das an der Spitze fährt. Wir haben natürlich den Wechsel von V10- zu V8-Motoren, zudem haben wir mit Cosworth einen neuen Motorenpartner. Wir sind auch zu Bridgestone als Reifenpartner gewechselt."#w1#

"Das sorgt natürlich im Winter für jede Menge Arbeit und da stecken wir noch mitten drin. Ich denke, dass dies bei vielen Teams noch der Fall ist, denn wenn man sich die Zuverlässigkeit und die unterschiedlichen Rundenzeiten anschaut, dann hat dies wirklich die Startaufstellung verändert und durcheinander gewürfelt."

Frage: "Damit sind wir auch schon bei der nächsten Frage. Wie schätzt du den Wettbewerb ein, kann man zu diesem Zeitpunkt überhaupt etwas sagen, weil es so viele Unterschiede gibt?"
Michael: "Das ist im Moment wirklich schwierig, es ist normalerweise schon bei den Wintertestfahrten schwierig, aber wenn man so viele Veränderungen in Bezug auf die Motoren und Reifen dazufügt, dann ist es praktisch unmöglich zu sehen, wo die Leute stehen. Man bekommt ein grobes Bild, aber man braucht das erste Rennen oder sogar die ersten drei oder vier Rennen, um zu sehen, wie es um die Leistung der Einzelnen bestellt ist."

"Es ist praktisch unmöglich zu sehen, wo die Leute stehen." Sam Michael

Frage: "Könnte es komplett umgekehrt ausschauen oder ist es wahrscheinlich, dass jemand wie Renault, die die Weltmeisterschaft gewonnen haben, erneut stark sein werden, jemand wie Ferrari vielleicht erneut nach vorn kommt? Wir haben gehört, dass Mercedes ein paar Probleme mit dem Motor hat..."
Michael: "In Bezug auf das, was du zuletzt gesagt hast - Motorenprobleme können natürlich behoben werden, Mercedes hatte diese auch letztes Jahr und schwupps wurden sie in der Saison behoben. Mit Sicherheit ist Renault der Favorit, sie sind die Weltmeister, ansonsten wären sie es nicht. So war das auch, als Ferrari Weltmeister war, da waren sie der Favorit."

"Renault ist wohl am wahrscheinlichsten bei der Musik. Aber es sind jene sechs Teams mit der traditionellen McLaren-Ferrari-Williams-Top-3, zudem sind Renault, Toyota und sogar Honda dabei, sie könnten um den Sieg fahren. Das sind sechs Teams, also zwölf Autos."

"Renault ist wohl am wahrscheinlichsten bei der Musik." Sam Michael

Sam Michael behält Adrian Neweys Arbeit genau im Auge...

"Es gibt noch andere Faktoren, zum Beispiel geht Adrian (Newey; ehemaliger McLaren-Chefdesigner) zu Red Bull. Adrian kann dort einen massiven Einfluss haben. Wenn die Leute denken, dass er erst 2007 Teile am Auto ändert, dann sind sie verrückt. Wo auch immer er auftauchte, hat man einen massiven Sprung nach vorn gemacht."

"Ich denke, dass all dies nicht in einer kompletten Umkehrung enden wird. Man wird nicht die hinteren Teams an der Spitze sehen, aber die Top 6 oder Top 7 werden kräftig durcheinander gewirbelt sein."

Frage: "Das klingt nach einer sehr aufregenden aber sehr engen Saison. Ihr habt eine aufregende Fahrerpaarung: Den jungen Nico Rosberg, sein Vater war Weltmeister. Nico Rosberg ist ziemlich zuversichtlich, dass er eines Tages in seine Fußstapfen treten kann..."
Michael: "Das stimmt. Wir haben natürlich auch noch Mark, der sowieso schnell ist. Nico ist 20 Jahre alt, er ist jung, es ist sein erstes Jahr in der Formel 1. Ich gehe davon aus, dass er in den ersten vier bis sechs Rennen ein paar Ausrutscher haben wird und falsche Entscheidungen treffen wird, das ist für jemanden so Junges und Unerfahrenen normal."

"Ich gehe davon aus, dass Nico in den ersten vier bis sechs Rennen ein paar Ausrutscher haben." Sam Michael

"Aber er ist clever und sehr schnell. Er wird mehr als 15.000 Testkilometer auf dem Buckel haben, bevor er in das erste Rennen geht. Er wird durch Alex Wurz im dritten Auto gut unterstützt, auf den wir uns übrigens schon jetzt sehr verlassen können, was toll ist. Alex hat viel Erfahrung darin, in welche Richtungen man mit dem Setup gehen muss. Und er hört zu."

"Wir hoffen, dass Nico in diesem Jahr respektabel sein wird und sich selbst unter Beweis stellen kann. Aber er muss das erst einmal machen, er ist noch nie einen Grand Prix gefahren. Auf seinen Schultern lastet jede Menge Druck, dies zu tun. Er hat mit Mark Webber zudem einen harten Teamkollegen. Ich denke, dass wir in diesem Jahr eine fantastische Partnerschaft haben."

Williams soll wieder zum WM-Anwärterteam werden

Frage: "Kurze Frage zum Schluss, wie lautet das Ziel des Teams, kannst du uns eine Position in der Konstrukteursweltmeisterschaft nennen, die man sich vorgenommen hat?"
Michael: "Für mich sind die Top 3 realistisch. Wir wollen Williams wieder als WM-Anwärterteam etablieren. Aber viel wichtiger ist, dass seit mehr als 30 Jahren Williams, Ferrari und McLaren als die großen Drei bekannt sind und wir wollen, dass wir an die Spitze zurückkehren und den Respekt zurückgewinnen."

"Natürlich gehen wir mit jedem Auto, das wir entwerfen, immer mit dem Ziel in das Jahr, zu gewinnen. Wir sind aber auch realistisch und wissen, dass wir zunächst einmal unsere Glaubwürdigkeit wiederherstellen müssen und nicht sofort einen Wirbelsturm erwarten können. Wir müssen unsere Position in der Weltmeisterschaft verbessern. Das ist unser Ziel für 2006."