Renault: Williams gönnt sich keine Eingewöhnungszeit

Warum Williams daran glaubt, ab dem ersten Rennen 2012 konkurrenzfähig zu sein, warum Renault die beste Wahl war und woran die Cosworth-Partnerschaft scheiterte

(Motorsport-Total.com) - Williams kommt derzeit nicht zur Ruhe. Nach dem Rauswurf von Langzeit-Technikchef Sam Michael sicherte man sich die Dienste von Ex-McLaren-Mann Mike Coughlan sowie Mark Gillan und Jason Sommerwille, die das Team in Zukunft nach vorne bringen sollen. Dazu kommt der Wechsel von Cosworth- auf Renault-Motoren. Eine vielversprechende Umstrukturierung, doch in der Formel 1 ist es durchaus üblich, dass es bei groben Veränderungen eine Weile dauert, bis ein Rad ins andere greift.

Titel-Bild zur News: Adam Parr

Williams-Geschäftsführer Adam Parr glaubt, dass man die Krise bewältigt hat

Doch davon will Williams-Geschäftsführer Adam Parr nichts wissen. Der Brite fordert, dass sein Rennstall 2012 von Anfang an konkurrenzfähig ist: "Warum nicht? Die Abstände sind in der Formel 1 so klein und ich sehe keinen Grund, warum wir nächstes Jahr nicht den Fortschritt machen können, den wir dieses Jahr hätten machen sollen. Es wird nicht nur am Motor liegen, sondern auch an allen anderen Dingen."

Williams "ab dem ersten Rennen 2012" erfolgreich?

Williams und Renault gelang es bereits Ende der 1980er-Jahre, in kurzer Zeit siegfähig zu werden. In den 1990er Jahren waren die Williams-Renault-Boliden dann die dominierende Kraft. Doch Renault-Motorenchef Rob White möchte gegenüber 'The Flying Lap' nicht zu lange an die glorreiche Vergangenheit denken: "Ich habe sehr schöne Erinnerungen an die vorherige Periode mit Williams. Aber es geht heute um die Zukunft."

"Wir glauben, dass wir konkurrenzfähig sein können - und zwar ab dem ersten Rennen 2012." Rob White

"Wir haben zunächst mal zwei gemeinsame Jahre vor uns, aber bevor es an zwei Jahre Rennfahren geht, haben wir erstmal sechs Monate Design- und Entwicklungsarbeit vor uns, um den Motor so ins Chassis zu bekommen, dass wir konkurrenzfähig sein können", verweist White darauf, dass die Zusammenarbeit trotz eines Zweijahres-Vertrags bereits jetzt beginnt.

Auch er rechnet damit, dass die Partnerschaft "ab dem ersten Rennen 2012" erfolgreich sein wird: "Wir glauben, dass wir genug voneinander wissen, und beide Organisationen haben hohe Erwartungen. Wir sollten nicht viel Zeit damit verschleudern, einander kennenzulernen, sondern ich denke, dass wir sehr schnell im Normalbetrieb laufen werden."

Williams buhlt um Werksunterstützung

Laut Geschäftsführer Parr lag dem Wechsel des Motorenpartners der Versuch zugrunde, eine Unbekannte in der Williams-Gleichung zu beseitigen. "Man weiß in der Formel 1 nie, wo deine Schwachpunkte liegen - wenn man sie also eliminieren kann, dann umso besser." Er verspricht sich nun "fundamentale Änderungen. Erstens handelt es sich um einen Weltmeister-Motor und wir bewegen uns in der Welt der Zehntelsekunden. Zweitens handelt es sich um eine Partnerschaft zwischen uns und einem unabhängigen Motorenbauer, der gleichzeitig Automobil-Hersteller ist. Das ist sehr wichtig."


Fotos: PK zur Williams-Renault-Reunion


Worauf Parr damit anspielt, ist klar: Renault besitzt keine Anteile mehr am Renault-Rennstall, der vollständig im Besitz des Finanz-Dienstleisters Genii Capital - zudem greift die Lotus-Gruppe nach dem Team. Daher ist Renault der einzige Motorenhersteller in der Formel 1, der kein wirkliches Werksteam besitzt. Williams will nun alles versuchen, um die Franzosen über den Zweijahres-Vertrag hinaus zu einer engeren Partnerschaft zu motivieren und so quasi zum Renault-Werksteam zu mutieren.

Ursprünglich hatte man geplant, gemeinsam mit dem bisherigen Motorenpartner Cosworth einen Automobil-Hersteller anzulocken. Ein Vorhaben, das laut Parr nicht von Erfolg gekrönt war: "Cosworth hat uns mitgeteilt, dass sie keinen Motor für 2013 bauen können. Ich kann das verstehen, denn es handelt sich um eine enorme Investition."

Alle Zutaten beisammen?

Der Vertrag mit Renault sorgt aber nun für eine Aufbruchsstimmung: "Das ist eine Nachricht an unsere Partner, unsere Fahrer und unsere Kollegen, dass wir zurückkommen werden - es ist ein sehr ermutigendes Zeichen."

"Wenn du in so einer Situation bist, dann musst du mutig sein." Adam Parr

Ähnlich ermutigend ist auch der teaminterne Umbau, schließlich konnte der scheidende Technikchef Michael im vergangenen Jahrzehnt nicht beweisen, dass er fähig ist, ein wirklich konkurrenzfähiges Rennauto zu bauen. Laut Parr sind die Schwächen der Vergangenheit nun ausgemerzt: "Die neuen Leute sind erste Klasse und daher sind wir sehr aufgeregt. Dazu kommt die Partnerschaft mit Jaguar, die im Mai präsentiert wurde. Das ist für uns als Unternehmen sehr wichtig."

Er prophezeit eine rosige Zukunft: "Ich denke, dass wir alle Zutaten haben. Die Performance auf der Strecke fehlt, aber sie ist besser, als sie es schon war, und wir sehen Licht am Ende des Tunnels. Wir wissen, wo wir hingehen, und das sieht sehr aufregend aus." Das ist auch darauf zurückzuführen, dass das Team trotz der Krise aktiv gegen die Probleme angekämpft hat. "Wenn du in so einer Situation bist, dann musst du mutig sein", erklärt Parr. "Man darf nicht in den eingetretenen Pfaden verweilen und hoffen, dass alles von selbst besser wird. So funktioniert das nicht."

Absage an Kolles

Auch wenn es derzeit nicht danach aussieht, dass Neuzugang Coughlan, dessen Ruf in der Spionageaffäre stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, Michael Nachfolger als Technikchef wird, lobt Parr dessen Arbeitsweise als Chefingenieur: "Es ist eine Freude, mit ihm zu arbeiten. Er ist absolut motiviert, er arbeitet sieben Tage die Woche. Er hat unglaublich viel Erfahrung, er hat nichts von seinem Flair und von seinem Verständnis verloren. Und wenn andere Leute das nicht sehen, dann schön für uns."

"Ich weiß nicht, woher diese Gerüchte kommen." Adam Parr

Den Gerüchte, der bisherige HRT-Teamchef Colin Kolles könnte bei Williams andocken, erteilt Parr allerdings eine Absage: "Ich weiß nicht, woher diese Gerüchte kommen, aber unser Team für die Zukunft ist ziemlich vollständig. Uns fehlt nicht mehr viel."