• 05.07.2011 12:15

Rey: "Viertes Team bringt uns Vorteile"

Renault-Sportchef Bernard Rey erklärt, warum es ein Vorteil ist, ein viertes Team auszurüsten, wie man intern reagiert und ob man über die Formel 1 hinaus kooperiert

(Motorsport-Total.com) - Vor kurzem dachte Renault aufgrund des neuen Motorenreglements bereits über einen Ausstieg aus der Formel 1 nach. Durch die gestrige Bekanntgabe rüstet man ab 2012 nun als einziger Motorenhersteller vier Teams aus. Im Interview spricht der Chef der Renault-Sportabteilung über die Gründe für den Williams-Deal, die Perspektiven und die internen Folgen für Renault.

Titel-Bild zur News: Frank Williams (Teamchef), Bernard Rey (Teampräsident)

Renaults Sportchef Bernard Rey und Frank Williams bei der Präsentation in Grove

Frage: "Herr Rey, warum hat sich Renault entschlossen, Williams als vierten Partner auszuwählen?"
Bernard Rey: "Mit einem vierten Team, einem Drittel der Startaufstellung, hat Renault mehr Möglichkeiten, die Aufmerksamkeit für die eigene Marke durch glaubwürdige Resultate Marketing-Gelegenheiten zu vergrößern, und kann daher die Effizienz der eigenen Investitionen in diesen Sport vergrößern."

"Renault bleibt in der Formel 1, um auf kosteneffiziente Weise erfolgreich zu sein. Die Partnerschaft mit Williams hat viel Potenzial und ist eine zusätzliche Erweiterung der Ergebnisse, die wir in den vergangenen Jahren mit unseren drei anderen Partnerteams erreicht haben. Williams hat kürzlich zahlreiche wichtige Schritte gemacht - sowohl kommerziell, als auch technisch -, um den Betrieb zu erneuern."

"Wir haben das Gefühl, dass diese Partnerschaft ein weiterer wichtiger Schritt in diesem rigorosen Plan ist. Das zeigt einmal mehr, wie zielstrebig dieses Team auf gute Ergebnisse hinarbeitet, was mit unseren eigenen Zielen perfekt übereinstimmt."

Frage: "Es wurde auch andere Geschäftsbereiche erwähnt. Worum handelt es sich?"
Rey: "Die Gespräche über andere Geschäfts- und Konsumenten-Marketingmöglichkeiten dauern noch an, aber wir hatten bereits Gespräche mit Williams bezüglich der Synergien zwischen Formel 1 und Serie. Auf beiden Seiten gibt es viel guten Willen und alle Möglichkeiten werden in den kommenden Monaten untersucht werden."

"Natürlich haben Williams und Renault in ihrer vergangenen neunjährigen Beziehung an unterschiedlichen Projekten zusammengearbeitet, darunter der Betrieb von Renault Lagunas in der britischen Tourenwagen-Meisterschaft von 1995 bis 1997 durch Williams."

"Williams arbeitet zielstrebig auf gute Ergebnisse hin, was mit unseren eigenen Zielen perfekt übereinstimmt." Bernard Rey

"Die Verbindung war sehr erfolgreich, indem wir 1997 mit Alain Menu die dreifache Krone in der Fahrer-, in der Team- und in der Hersteller-Wertung geholt haben. Es gibt keine Pläne, wieder diesen Weg einzuschlagen. Stattdessen konzentrieren wir unsere Bemühungen auf die Formel 1 und wollen den maximalen Vorteil daraus ziehen."

Frage: "Inwiefern wird Renault seinen Betrieb darauf anpassen müssen, dass nun ein viertes Team ausgerüstet wird?"
Rey: "Ende 2010 gaben wir bekannt, dass mit Lotus ein drittes Team zu unseren existierenden Partnern Renault und Red Bull hinzustößt. Durch die bereits erreichten Resultate in diesem Jahr haben wir bewiesen, dass es dadurch zu keinem Abfall in Sachen Performance oder Service gekommen ist. Das Team in Viry sieht dies sehr positiv und freut sich auf die neue Zusammenarbeit."

"Wir haben ausreichende Einrichtungen, um einen vierten Kunden adäquat zu bedienen, und werden unsere internen Strukturen überprüfen, bevor wir - wenn notwendig - neues Personal lukrieren. Unsere Priorität ist es, das exzellente Kundenservice und die Zufriedenheit aufrecht zu erhalten. Wir werden die notwendigen Maßnahmen setzen, um den Betrieb - wenn notwendig - umzustrukturieren."

"Wir haben ausreichende Einrichtungen, um einen vierten Kunden adäquat zu bedienen." Bernard Rey

Frage: "Wie wird die Williams-Motorenabteilung strukturiert sein?"
Rey: "Jeder Partner erhält ein ihm zugeordnetes Team aus sechs Ingenieuren und Technikern - mit einem Leiter des Rennstrecken-Betriebs, der die separaten Teams überwacht. Die Chassis-Daten bleiben unter den unterschiedlichen Teams vertraulich und bloß Motorleistungs- und Zuverlässigkeits-Daten werden vom Leiter des Rennstrecken-Betriebs geteilt. Wir würden diese Struktur gerne beibehalten, da sie dieses Jahr von allen - intern und extern - als gute Arbeitsweise angenommen wurde."

Frage: "Wird eines der vier Teams bevorzugt behandelt?"
Rey: "Renault behandelt seine Partner mit gleichem Respekt und jedes Team hat Zugang zu den gleichen Einrichtungen und zu den gleichen hausinternen Erfahrungswerten. Unsere Partnerteams haben unterschiedliche Strategien und Prioritäten und wir versuchen, allen als Teil unserer Dienstleistung nachzukommen, wir setzen aber bei keinem unserer Partner auf eine Politik der Bevorzugung."


Fotos: PK zur Williams-Renault-Reunion


"Zudem würden uns das die aktuellen Verträge nicht erlauben. Wir glauben daran, dass Wettbewerb zwischen den Teams gesund ist und der gesamten Performance und der Entwicklung des Motors hilft, was auch für unsere Kunden gilt."

Frage: "Williams kooperiert mit anderen Herstellern, darunter Jaguar. Gibt es hier einen Interessenskonflikt und vielleicht sogar Potenzial für gemeinsame Initiativen?"
Rey:"Derzeit kümmern wir uns um die Formel-1-Aktivitäten von Williams. Williams kooperiert mit Jaguar an einem weiteren Straßen-Projekt und das ist streng von der Formel 1 abgegrenzt. Wir werden mit dem Team daran arbeiten, Marketing-Möglichkeiten für die Renault-Marke zu finden. Derzeit peilen wir aber keine über die Formel 1 hinausgehenden Kooperationen mit den anderen Partnern des Teams an."

"Wir setzen aber bei keinem unserer Partner auf eine Politik der Bevorzugung." Bernard Rey

Frage: "Wann beginnt die Arbeit an der Kooperationen ab 2012?"
Rey: "Wir hatten bereits erste Besprechungen, um die involvierten Personen festzulegen. Ein kleines Team hat bereits die Basis des Rennstalls in Großbritannien besucht. Wenn das Team in Kürze mit dem Chassis-Design für 2012 beginnt, werden wir damit beginnen, enger zusammenzuarbeiten. Das ist typisch für die kommenden zwei Monate und wird uns durch den Winter bis zu den Testfahrten im kommenden Jahren führen."

Frage: "Wer wird für die KERS-Unterstützung von Williams verantwortlich sein?"
Rey: "Seit der Einführung von KERS hat Williams in die Hybridtechnologie investiert, weil man das als Teil der Zukunft der Formel 1 betrachtet. Die neue Motorenformel ab 2014 wird einen höheren Grad an Anpassung von IKE und ERS erfordern - die beiden können aber beim derzeitigen Reglement unabhängig voneinander existieren. Dennoch haben sich Renault und Williams darauf geeinigt, die Synergien bereits vor 2014 zu nutzen, sollte das aus technischer oder finanzieller Sicht Vorteile bringen."