Renault vor Monza: Wie gut ist Senna?

Heidfeld-Ersatz Bruno Senna hat in Spa seine Visitenkarte abgeben - In Monza muss er diese Leistung nun unter Beweis stellen

(Motorsport-Total.com) - Nach dem vielversprechenden Renault-Debüt von Bruno Senna in Spa-Francorchamps sind auch in Monza alle Augen auf den Neffen der tödlich verunglückten Formel-1-Legende gerichtet. Der Brasilianer hatte nach dem starken Qualifying und Startplatz sieben zwar bereits in der ersten Kurve durch eine Kollision alle Chancen auf ein gutes Ergebnis zunichte gemacht, doch die ermutigende Performance Sennas macht nun Lust auf mehr. Witali Petrows neunter Platz und die zwei WM-Punkte, die der Russe in Belgien für Renault einfuhr, rückten da ein wenig in den Hintergrund.

Titel-Bild zur News: Bruno Senna

Im königlichen Park von Monza muss Senna seine Leistung bestätigen

Doch wie beurteilt Senna seine Leistung in Belgien selbst? "Ich würde mir in aller Fairness achteinhalb von zehn Punkten geben, denn abgesehen von zwei Fehlern, die ich an diesem Wochenende gemacht habe, lief alles glatt", spielt er auf den Startcrash und den Ausrutscher im ersten Training an.

"Es war mit Sicherheit nicht perfekt, wegen meiner Fehler, aber gleichzeitig war es sehr ermutigend und gab mir viel Selbstvertrauen, um hart mit dem Team zu arbeiten und die Dinge weiterzuentwickeln", zieht Senna ein positives Fazit. "Ich habe nun eine gute Basis für zukünftige Entwicklungen."

Senna zieht positives Fazit

Natürlich weiß er: "Was in der ersten Kurve passiert ist, hat mir vielleicht Punkte gekostet, aber im Vordergrund stand an diesem Wochenende, ein paar Runden und Erfahrung zu sammeln - und das habe ich getan. Ich fuhr das Rennen zu Ende, spulte viele Runden ab und gewöhnte mich an das Auto."

Senna ist bewusst, dass nach Startplatz sieben die Erwartungen vor allem im Qualifying groß sind: "Es ist klar, dass eine gute Qualifying-Leistung die Erwartungen nach oben schraubt. Innerhalb und außerhalb des Teams waren alle mit dem Qualifying sehr glücklich - die Erwartungen waren sogar noch größer, dass wir im Rennen punkten. Da muss ich aber dazu sagen, dass ich der Erste war, der gemeint hat, dass Rennen und Qualifying zwei unterschiedliche Dinge sind - ich blieb auf dem Boden. Es war ein Schritt ins Ungewisse. Was die Performance angeht, lief es wirklich gut, aber ich muss im Rennen zulegen, da bin ich etwas eingerostet."

"Ich muss im Rennen zulegen, da bin ich etwas eingerostet." Bruno Senna

Da hilft es freilich, dass Senna nun bereits ein komplettes Renn-Wochenende mit dem Renault-Rennstall auf dem Buckel hat. "In Spa wusste ich natürlich nicht, wie konkurrenzfähig ich sein werde, aber es war extrem ermutigend, wie schnell ich mein Tempo verbesserte und wie gut ich mit dem Team arbeitete. Ich habe eine starke Arbeitsbeziehung zu meinen Ingenieuren und ich kann es kaum erwarten, in Monza wieder ins Cockpit zu steigen, denn ich gehe mit mehr Selbstvertrauen in dieses Rennen. Wie in jedem Sport, sorgen Kilometer und Erfahrung für Selbstvertrauen."

Monza nicht Sennas Lieblingskurs

An Monza hat Senna aber nicht nur gute Erinnerungen: "Ich kenne Monza seit 2005, ich war also dort jedes Jahr seit 2005. Es handelt sich um einen Kurs, wo ich unterschiedliche Resultate hatte. Als ich jünger war, hatte ich mehrmals nicht das richtige Setup, aber jetzt verstehe ich den Kurs besser. Ich bin ein reiferer Pilot und ich bin zuversichtlich, dass wir ein weiteres Mal unter die ersten Zehn im Qualifying kommen können und Punkte holen."

Sein Optimismus begründet sich auch darin, dass ihm der Renault R31 immer vertrauter wird: "Ich kennen das Auto jetzt besser. Mir sind die Tendenzen des Autos inzwischen vertraut und ich verstehe, in welche Richtung wir damit gehen können. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit meinen Ingenieuren - wir werden Lösungen ausprobieren, die unsere Herangehensweise unterstützen werden."

Petrow und Senna "gute Freunde"

Auch Teamkollege Witali Petrow zieht nach dem Wochenende in Belgien ein positives Fazit. "Wenn man nämlich zurückblickt, dann hatten wir davor ein paar schwierige Wochenenden", argumentiert der Russe, der in Spa zwei Punkte holte. "Wir waren froh, wieder in den Top-10 zu sein, und hoffen, dass wir nun dort weitermachen können. Das Wochenende in Spa war interessant und wir mussten uns mit herausfordernden, wechselhaften Wetterbedingungen herumschlagen. Das hat uns wirklich auf die Probe gestellt, aber insgesamt gingen wir mit all den unvorhersehbaren Dingen gut um."

Ob es ebenfalls unvorhersehbar war, dass Senna seinen früheren Teamkollegen Nick Heidfeld ersetzt, ist fraglich. Dennoch hat sich Petrow bereits an die neue Situation gewöhnt. "Ich kenne Bruno schon aus meiner Zeit in der GP2. Damals waren wir keine engen Freunde, aber seit er dieses Jahr bei uns ist, ist er in jeder Besprechung und wir haben öfter gemeinsam gegessen, viel geredet und eine gute Freundschaft entwickelt. Er ist ein guter Freund und ein talentierter Fahrer, was sich in Belgien gezeigt hat. Er hat dort allen sein Können demonstriert."

"Er ist ein guter Freund und ein talentierter Fahrer." Witali Petrow

Qualifying-Niederlage für Petrow kein Problem

Dass er bei der Renault-Premiere Sennas im Qualifying das Nachsehen hatte, hat keine Spuren hinterlassen: "Ich denke, es handelt sich um einen gesunden Wettbewerb. Ich hatte ein paar Probleme mit dem Auto in Q3, aber ich finde, dass es Bruno verdient hat, das hat er wirklich. Er hatte ein starkes Qualifying und hat seine Fähigkeiten bewiesen."

Spa-Francorchamps zählte bereits zu den schnelleren Kursen im Kalender, aber Monza ist diesbezüglich nicht zu schlagen. "Man benötigt hier ein anderes Abtriebsniveau, einen starken Motor und gute Bremsen", weiß Petrow. "Es gibt nicht viele Kurven, aber jeder Zentimeter der Strecke entscheidet über die Rundenzeit. Bremsen, Traktion und der Kurvenausgang - in Monza geht es vor allem um Präzision."

Das Rennen im königlichen Park zählt zu den Klassikern - zum 60. Mal wird es dieses Jahr ausgetragen. "Es handelt sich um ein großes Rennen, recht ähnlich wie Großbritannien", vergleicht er. "Silverstone ist stets voller britischer Fans, Monza ist voller italienischer Ferrari-Fans. Sie lieben den Motorsport, lieben den Kurs und lieben die Formel 1."

Boullier bläst zur Attacke auf Mercedes

Teamchef Eric Boullier weint noch den verlorenen Punkten in Spa nach: "Sportlich hätte das ein besseres Wochenende sein können, denn wir hatten ein Auto in den niedrigen Punkterängen und das andere hat keine Punkte eingebracht. Das ist nicht ausreichend, wenn wir Mercedes im Kampf um Platz vier angreifen wollen."

Dennoch sieht er auch die positiven Aspekte: "Alles in allem war es ein gutes Wochenende. Wir hatten eine ziemlich ordentliche Qualifying-Session und Bruno erlebte einen erfolgreichen Einstand. Diese Aspekte waren vielversprechend - es war für das Team ermutigend, dass beide Autos konkurrenzfähig waren und die Arbeit gefruchtet hat."

"Nach dem Qualifying war da so viel positive Energie." Eric Boullier

Nach der Trennung von Heidfeld benötigte das Team dringend ein Erfolgserlebnis - im Qualifying war es laut Boullier soweit: "Nach dem Qualifying war da so viel positive Energie, denn jeder weiß, dass es für einen neuen Fahrer eine große Herausforderung ist einzuspringen. Es war ein gutes Zeichen, dass das Team dem Fahrer nach Q2 und Q3 applaudiert hat. Ich war sehr glücklich, das zu sehen, und es war sehr zufriedenstellend, lächelnde Gesichter unter den Teammitgliedern zu erkennen."

Senna auf dem Prüfstand

Dennoch gibt Boullier zu, dass das Team durch den Fahrerwechsel auch seine Herangehensweise ändern muss: "Jeder Fahrer ist ganz anders. Es gibt unterschiedliche Charaktere mit unterschiedlichen Angewohnheiten - daher muss man sich auf den Fahrer im Renncockpit einstellen. Obwohl Bruno seit Monaten ein Teil der Familie unseres Teams ist, hat er als Rennfahrer nun einen anderen Auftrag."

Der Teamchef ist der Meinung, dass man den Brasilianer nach seinem zweiten Rennen besser beurteilen wird können: "Es ist immer schwierig, zu viele Schlüsse nach nur einem Rennen zu ziehen - ganz egal, ob es um den Fahrer oder um Updates am Auto geht. Monza sollte ein besserer Indikator sein, wo wir stehen. Monza ist immer eine schwierige Strecke, denn sie verlangt nach einem Setup mit wenig Abtrieb. Es gibt Hochgeschwindigkeits-Kurven und -Geraden. Nach den Schritten, die wir in Spa gemacht haben, bin ich zuversichtlich, dass wir uns in Italien weiter vorwärts entwickeln werden."