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  • 29.05.2017 15:11

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Red Bull trabt auf der Stelle: Jetzt kommen die Angststrecken

Auch im geliebten Monaco gelang Red Bull kein Angriff auf die Spitze: In der Technikabteilung scheint es zu brodeln und Ricciardo die Geduld zu verlieren

(Motorsport-Total.com) - Für die Red-Bull-Mannschaft war der Monaco-Grand-Prix eine bittere Enttäuschung - gemessen an dem, was sich die Truppe um Max Verstappen und Daniel Ricciardo zu Saisonbeginn ausgerechnet hatte. In Relation zu den übrigen Vorstellungen im Laufe des Jahres waren die Plätze drei und fünf sowie der geringe (wenn auch durch die Safety-Car-Phase gegen Rennende verzerrte) Abstand zur Spitze positiv. Dennoch gab es am Sonntagabend dunkle Mienen - es kann nur schlechter werden.

Titel-Bild zur News: Max Verstappen

Max Verstappen vor dem Feld: Daran sollte er sich lieber nicht gewöhnen Zoom

Schließlich galt der enge und langsame Stadtkurs als gefundenes Fressen für die Renault-geplagte Truppe. Doch Ferrari war außer Reichweite und selbst ein strauchelndes Mercedes-Team im Qualifying zu stark. Da war es kein Trost, dass die Lücke nach vorne auf rund drei Zehntelsekunden pro Runde geschrumpft zu sein schien: "Alle sind sich näher gekommen. Es liegt in der Natur der Strecke", verweist Verstappen auf die Kürze der Bahn. "Die Updates sind auch kaum zu bewerten."

Motorsport-Berater Helmut Marko nennt eine von vielen Schwächen des RB13: "Wir haben das Problem mit dem Aufwärmen der Reifen. Das hat man beim Restart erlebt", hadert der Grazer. Auch im Verkehr scheint der Wagen mehr einzubüßen als die Konkurrenten. Erst als Ricciardo im Rennen zwischenzeitlich freie Bahn und aufgewärmte Gummis hatte, sorgte er für Spitzenzeiten. Erstaunlicherweise mit gebrauchten Ultrasofts. Heißt: Der Red Bull haushaltet gut mit den Pneus.

Alles sei eben nicht schlecht am eigenen Auto, verteidigt man sich in Milton Keynes: "Wir verstehen es besser, entfalten eher Potenzial und bekommen mehr Tempo raus", besinnt sich Teamchef Christian Horner auf erfreuliche Erkenntnisse. Auch Verstappen will am Chassis nicht nur nörgeln: "Wir sind nicht die Besten, aber nicht weit weg. Es geht nicht nur um Abtrieb, sondern um mechanischen Grip", meint der Niederländer. Red Bulls Ansprüche sind trotzdem erste, nicht dritte Plätze.


Fotostrecke: GP Monaco, Highlights 2017

Nur wird es Siege so schnell nicht zu feiern geben: "Updates kommen in unterschiedlichen Dimensionen, aber mit einem ähnlich Effekt wie bisher", bremst Marko die Erwartungen, nachdem sich ein vermeintlicher RB14 für Spanien mehr als Optimierung denn als Revolution entpuppt hatte. "Ich glaube nicht, dass es nur um einen Bereich geht", befürchtet Chefingenieur Paul Monaghan. "Wir müssen herausfinden, wo sich das meiste herausholen lässt und daraus Kapital schlagen."

Adrian Newey

Adrian Newey: Inwiefern geht das neue Red-Bull-Auto wirklich auf seine Kappe? Zoom

In der Red-Bull-Technikabteilung soll es deshalb einem Bericht der 'Auto Bild motorsport' zufolge rumoren. Wie es heißt, wolle sich Designguru Adrian Newey nicht die Verantwortung für die Defizite des RB13 in die Schuhe schieben lassen und poche darauf, erst anlässlich des Updates in Barcelona reaktiviert und mit dem Auto betraut worden zu sein. Monaghan widerspricht: "Adrian war von Anfang an Teil des Entwicklungsteams - so wie er es immer gewesen ist." Klingt nach Kabale.

Die Aussichten für die kommenden fünf Wochen lassen keinen Frieden vermuten. Es stehen Strecken auf dem Programm, die Motorpower erfordern und die ist bekanntlich Red Bulls Achillesferse. "Wegen Montreal, Baku und Spielberg bin ich besorgt, denn es handelt es sich um ganz andere Bahnen. Es sind größten Herausforderungen abgesehen von Monza", bläst Horner die Backen auf, wenn es um die Verallgemeinerbarkeit des Monaco-Resultats geht. Schon a priori über Renault abzuledern spart er sich aber: "Ich setzte mich damit jedes Mal in die Nesseln." Das sagt auch einiges. Marko winkt mit einem süffisanten Grinsen ab: "Da hoffen wir dann, dass es regnet."


Großer Preis von Monaco

So viel Diplomatie hätte auch Ricciardo gut zu Gesicht gestanden, findet Ex-Pilot und TV-Experte Martin Brundle. Er weiß, dass öffentliche Kritik, wie sie der Australier am Samstag einmal mehr unverblümt übte, bei Red Bull nicht gut ankommt. "Es ist ein Spaßteam und eine Spaßmarke, aber sie mögen so etwas nicht. Nur ist Daniel kein Blödmann. Er sagt solche Dinge nicht ohne Grund." Wahrscheinlich deshalb, weil er sich an seine Pole-Position von 2016 erinnerte, was zeigte, wie weit Red Bull tatsächlich zurückgefallen ist.