Red Bull ohne Vettel? Horner fehlt die Vorstellungskraft

Christian Horner glaubt nicht, dass Sebastian Vettel einen Wechsel braucht, um Anerkennung zu bekommen: Die Schumacher-Rekorde sieht er zudem in Gefahr

(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel hat ja schon viele Erfolgsgeschichten geschrieben, am Sonntag könnte die nächste hinzukommen. Mit 26 Jahren steht der Heppenheimer vor seinem bereits vierten Weltmeistertitel in Folge. Damit wäre er nicht nur einer von vier Fahrern, die ebenfalls vier oder mehr Titel einfahren konnten, er wäre zugleich der jüngste Fahrer, dem dieses Kunststück gelingt. Zum Vergleich: Michael Schumacher war bei seinem vierten Triumph 2001 schon stattliche 32 Jahre alt.

Titel-Bild zur News: Christian Horner, Sebastian Vettel

Ein unschlagbares Duo: Christian Horner und Sebastian Vettel Zoom

Während der Rekordweltmeister seinerzeit als Ferrari-Legende in die Annalen der Geschichte einging, ist Sebastian Vettels Story unabänderlich mit Red Bull verknüpft - und die Geschichte von Red Bull mit Sebastian Vettel. Schon von klein an förderte der österreichische Getränkehersteller den Heppenheimer Bub auf seinem Weg zum Formel-1-Champion. Mit seinem Einstieg beim Team vor der Saison 2009 kam der Erfolg.

Auch wenn viele Zeitungen den Deutschen schon irgendwann im Ferrari sitzen sehen, kann sich Teamchef Christian Horner eine Red-Bull-Zeit ohne Sebastian Vettel gar nicht mehr vorstellen: "Er ist ein entscheidender Teil von dem, was wir hier machen. Und wir haben entscheidenden Anteil an dem, was er bisher erreicht hat", sagt der Brite im Gespräch mit der 'Frankfurter Allgemeinen Zeitung'. Auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff sieht das ähnlich: "Er war das fehlende Glied, um aus Red Bull ein Spitzenteam zu machen", betont der Österreicher gegenüber 'APA'.

Anerkennung nur bei Teamwechsel?

Und genau darin sehen viele Fans und Experten das Problem. Trotz seiner Erfolge mangelt es Sebastian Vettel an Anerkennung, die er wohl erst dann erreichen könne, wenn er auch mit einem anderen Team als Red Bull Erfolge feiert. Christian Horner kann die ganze Diskussion immer nicht verstehen: "Er hat doch schon in einem Toro Rosso gewonnen, das hat niemand außer ihm geschafft", schüttelt er den Kopf über den fehlenden Respekt seinem Schützling gegenüber.

Sebastian Vettel

Mit einem anderen Team hat der Deutsche doch schon einmal gewonnen: Toro Rosso Zoom

Solche Praktiken habe es schließlich auch in der Vergangenheit nicht gegeben: "Was ist denn mit den anderen Champions? Jackie Stewart hat seine drei Titel mit Tyrrell gewonnen, Ayrton Senna hat jeden seiner drei Titel in einem McLaren gewonnen, Schumacher hat fünf seiner Titel mit Ferrari gewonnen", zählt Horner auf. Und alle drei zählen zu den größten Piloten der Geschichte, in deren Reihe sich laut Horner auch Vettel einsortiert.

"Sebastian muss niemandem beweisen, wozu er bei einem anderen Team in der Lage wäre. Selbst wenn er morgen seine Karriere beenden sollte, dann sprechen seine Ergebnisse für sich." Und die sagen nun einmal aus: 116 Starts, 35 Siege, 42 Pole-Positions, 58 Podestplätze, 1.351 Punkte und (noch) drei Weltmeistertitel (Hier geht's zur Datenbank!). In Sachen Siegquote (30,1 Prozent) hat der Heppenheimer seinen Landsmann Michael Schumacher bereits überholt, der Rest sei nur eine Frage der Zeit, glauben viele.

Fallen sogar "Schumis" Rekorde?

"Dass wir darüber heute überhaupt sprechen, ist schon unglaublich", meint Horner. "Bisher hat niemand auch nur daran gedacht, dass jemand noch einmal siebenmal Weltmeister werden, 91 Grand-Prix-Erfolge erzielen oder diese Rekorde sogar noch übertreffen könnte", erzählt der Teamchef. Zu dominant war die Zeit von Schumacher und Ferrari zwischen 2000 und 2004 als der Kerpener alles in Grund und Boden fuhr und fünfmal hintereinander Weltmeister werden konnte.


Fotostrecke: Die längsten Siegesserien in der Formel 1

"Das, was Michael geleistet hat, ist erstaunlich", muss Horner anerkennen. "Ferrari und er hatten hier alles im Griff, niemand konnte ihnen in der Formel 1 gefährlich werden. Das war eine bemerkenswerte Zeit damals." Dem 39-Jährigen stellt sich dabei gar nicht die Frage, ob Vettel in der Lage ist, die Erfolge von Schumacher zu wiederholen. "Natürlich!", lautet die Antwort. Die Frage ist für ihn eher, ob es dem Deutschen die Umstände ermöglichen, Ähnliches zu vollbringen. Das könne niemand wissen.

Die beiden Asse von Red Bull

Denn bereits im kommenden Jahr könnten sich die Karten ändern. Mit dem neuen Reglement fangen alle Teams noch einmal komplett von null an. Auch Red Bull kann sich daher nicht auf seinen zurückliegenden Erfolgen ausruhen, sondern beginnt mit einem weißen Blatt Papier. Doch die Bullen haben zwei Asse im Ärmel: Das eine heißt Adrian Newey. Der Design-Guru war immer dann am wertvollsten, wenn dicke Regeländerungen alle bestehenden Verhältnisse über den Haufen geworfen haben - so wie nun 2014.

Das andere Ass heißt Sebastian Vettel, der sich einerseits auf sich selbst und andererseits perfekt auf sein Team verlassen kann: "Rund um ihn hat sich ein Team entwickelt, das funktioniert", sieht auch Wolff die Kombination aus Fahrer und Team einfach am besten. Sebastian Vettel dürfte somit auch 2014 als Favorit in die Saison gehen - nach vermutlich vier Titeln in Folge auch keine Überraschung. Horner erwartet auf jeden Fall noch mehr: "Ich glaube, dass wir das Beste von ihm noch lange nicht gesehen haben."