Ralf: "Fahre noch drei, vier Jahre!"
Ralf Schumacher ist eine Woche vor dem Saisonstart am 3. März in Melbourne wieder "richtig heiß aufs Fahren"
(Motorsport-Total.com) - Auch wenn Ralf Schumacher vor allem von seinem eigenen Bruder Michael für 2002 zum WM-Favoriten gemacht wird, glaubt der 26-jährige Wahlösterreicher selber nicht, dass er schon in diesem Jahr mit um den WM-Titel kämpfen kann. Wird er Ferrari 2002 schlagen können? "Ich halte das im Moment für sehr schwierig, wenn man davon ausgeht, wie die letzte Saison aufgehört hat", erklärte der Familienvater in einem Interview dem Schweizer 'Sonntags Blick'. "Natürlich muss es das Ziel aller Verfolger sein, so nah wie möglich an Ferrari ranzukommen. Wir bei BMW-Williams müssen zuerst vor McLaren-Mercedes fahren. Von mehr träumen wir noch nicht."

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Ralf Schumacher wird seinem Teamkollegen nur ungern helfen
Trotzdem ist der dreifache Grand-Prix-Sieger von dem Paket, welches ihm das BMW-Williams-Team in diesem Jahr zur Verfügung stellt, begeistert. "Vom Motor her waren wir schon letztes Jahr top", so der 26-Jährige. "Das wird so bleiben. In der Aerodynamik haben wir uns auch mehr als erwartet verbessert. Und vom Michelin-Reifen bin ich sowieso begeistert." Außerdem will der BMW-Williams-Fahrer davon profitieren, dass auch der McLaren-Mercedes-Rennstall in diesem Jahr mit Michelin-Reifen fährt: "Ich sehe da nur Vorteile. Erstens haben beide Seiten eine Ausrede weniger. Wenn McLaren und Williams hinterherfahren, kann Michelin die Schuld nicht auf die Autos schieben. Wenn McLaren schnell sein sollte und wir nicht, können wir uns nicht auf den Reifen rausreden."
Während im BMW-Williams-Team genauso wie bei McLaren-Mercedes die beiden Fahrer gleichberechtigt sind, gibt es bei Ferrari mit Michael Schumacher eine Nummer eins ? auch wenn Rubens Barrichello stets das selbe Material wie der Wahlschweizer erhält. "Hätte er einen gleich schnellen Teamkollegen, würde Ferrari auch eine andere Politik fahren!", ist sich Ralf Schumacher sicher. "Für ein Team ist es angenehmer, zwei Eisen im Feuer zu haben. Als sich Michael 1999 den Fuß gebrochen hat, kam Ferrari ja nur durch glückliche Umstände in die Lage, mit Eddie Irvine noch um den Titel zu fahren."
Ralf Schumacher würde sich ärgern, wenn er seinem Teamkollegen beim Kampf um den WM-Titel helfen müsste
Die immer wieder auftauchenden Berichte über Streitigkeiten zwischen den BMW-Williams-Fahrern Ralf Schumacher und Juan-Pablo Montoya weist Ralf Schumacher entschieden zurück. "Da wird viel aufgebauscht", so der WM-Vierte von 2001. "Mir gegenüber hat er sich nie negativ geäußert. Juan hat mir kürzlich ein Zitat vorgehalten, wo ich gesagt habe, dass er die Anschläge des 11. September 2001 besser verdaut hätte, weil er aus einem Land kommt, wo ständig geschossen wird. Ich wollte ihn mit dieser Aussage eher in Schutz nehmen. Wir sind in Deutschland sicher friedlicher aufgewachsen als er in Kolumbien. Das war keine Kritik an ihm."
2001 schien gegen Saisonende Juan-Pablo Montoya immer stärker zu werden. Ralf Schumacher glaubt trotzdem, dass er über die Saison betrachtet auch in diesem Jahr seinen Teamkollegen schlagen wird. Das teaminterne Duell wird "so wie im letzten Jahr", glaubt der 83-fache Grand-Prix-Teilnehmer. "Da hatte er in der ersten Saisonhälfte Mühe, und ich musste am Schluss des Jahres kämpfen, war aber immer noch mit dabei. Das wird sich von Rennen zu Rennen ändern." Sollte am Jahresende Juan-Pablo Montoya um den WM-Titel kämpfen, könnte sich Ralf Schumacher auch vorstellen, ihn dabei zu unterstützen - wenn auch nicht gerne. "Wenn ich nicht mehr selbst Weltmeister werden kann, würde ich dem Teamkollegen schon helfen", so "Schumi II". "Es wäre allerdings ein Ärgernis für mich."
"Jetzt bin ich wieder richtig heiß aufs Fahren"
Obwohl viele Experten von einigen Überholmanövern von Juan-Pablo Montoya 2001 beeindruckt waren, spielt Ralf Schumacher diese herunter. "Seine Ausgangsposition war eine andere als meine", meint der BMW-Williams-Fahrer. "Er hat entweder relativ schwache Gegner überholt oder einen, der einen WM-Titel gewinnen wollte und deshalb zurückzog und aufgepasst hat. Als ich bei Jordan anfing, musste ich mich im Pulverdampf des Mittelfeldes mit gleichwertigen Gegnern herumschlagen. Da habe ich 1997 und 1998 schnell gelernt, dass so etwas oft im Kiesbett oder im Auto des anderen endet."
Nach der langen Winterpause freut sich Ralf Schumacher nun, in einer Woche wieder in die Saison zu starten. "Die letzten drei Rennen 2001 sind mir etwas schwer gefallen: Mit der Amerika-Geschichte ? und auch aus Angst um meine Familie", so der Kerpener. "Und ich war mit mir selbst nicht zufrieden. Aber jetzt bin ich wieder richtig heiß aufs Fahren. Drei, vier Jahre werde ich wohl noch fahren!"

