• 05.09.2001 11:00

  • von Marcus Kollmann

Rahal: "Ich genoss einfach das Vertrauen nicht mehr"

Bobby Rahal spricht über die Gründe seiner Trennung von Jaguar Racing und das Irvine-Frentzen-Tauschgeschäft

(Motorsport-Total.com) - Nach seinem Verzicht auf die weitere Leitung des Formel-1-Teams Jaguar Racing hatte Bobby Rahal bereits kleine Andeutungen über die Gründe der Trennung gemacht. Gegenüber den britischen Kollegen von 'Autosport' bezog der Amerikaner nun Stellung und sprach detailliert darüber, was zum "Machtwechsel" innerhalb des Teams geführt hat.

Titel-Bild zur News: Bobby Rahal (Jaguar Racing)

Zuletzt war Rahal am Kommandostand sehr nachdenklich. Ahnte er bereits etwas?

Offiziell hatte Rahal am 1. Dezember 2000 als Teamchef der "Raubkatzen" die Arbeit aufgenommen. Dem zuvor gegangen waren Gespräche mit Neil Ressler, welcher den 48-jährigen ehemaligen Rennfahrer und CART-Teamchef von der Herausforderung Formel 1 überzeugen hatte können.

Den Vorwurf, dass Rahal letztendlich auch wegen seines Doppelengagements bei Jaguar seinen Hut nehmen musste, will der Amerikaner nicht auf sich sitzen lassen und macht damit deutlich, dass Lauda nicht die Wahrheit gesagt hatte, als er davon sprach, dass er Jaguar Racing und sein eigenes Team zur gleichen Zeit leitete.

"Ich hatte einen Vertrag der mir meine Doppeltätigkeit erlaubte, allerdings habe ich meinem CART-Team kaum Zeit gewidmet. Dies kann Scoot Roembke, der Managing Direktor von Team Rahal, bestätigen."

Dass Rahal nicht freiwillig das Feld räumte, oder gar seine Führungsqualitäten ausschlaggebend für die Trennung war, bestätigt auch folgende Aussage: "Ich habe nicht entschieden, dass ich gehen muss. Wenn man allerdings keine Unterstützung mehr hat, gibt es auch kaum noch einen Grund so weiterzumachen."

Als Hauptgrund für den Austausch Rahals durch Lauda dürften schlussendlich die in den letzten Monaten vorgefallenen Änderungen an der Spitze des Ford-Konzerns gewesen sein. So wurde Bobby Rahal damals von Neil Ressler angeheuert, welcher sich mittlerweile zur Ruhe gesetzt hat und dem Amerikaner keine Rückendeckung oder Unterstützung mehr geben konnte. Gleichzeitig brachte Dr. Wolfgang Reitzle Niki Lauda als Vorsitzenden der Jaguar, Cosworth Racing und Pi Eletronics umfassenden Premiere Sports Division ins Spiel. Am Ende vertraute Reitzle den Fähigkeiten von Lauda, welcher als Rennfahrer, Berater Ferraris und Chef seiner eigenen Fluglinie weit reichende Führungsqualitäten bewiesen hatte.

Wann immer aber Niki Lauda und Bobby Rahal an einem der Rennwochenenden in dieser Saison vor Ort an der Rennstrecke waren, in der teameigenen Garage oder am Kommandostand aufeinander trafen, wurde offensichtlich, dass das Verhältnis der beiden untereinander angespannt war. Als Grund dafür sind sicherlich nicht persönliche Abneigungen dem anderen gegenüber anzuführen, als vielmehr die Tatsache, dass sowohl der Amerikaner als auch der Österreicher beide ziemlich starke Persönlichkeiten mit einem Dickschädel sind.

"Ich mag Niki, insofern hatten wir kein Problem miteinander. Es ist halt nur so, dass er seine Meinung hatte und ich meine."

Dass ein Team mit zwei Chefs an der Spitze nicht funktionieren kann, dieser Auffassung war Rahal von vornherein. Der Amerikaner wollte sich deshalb Klarheit, wie sich der Konzern hinter Jaguar Racing in dieser Sache stellt, verschaffen, was letztendlich dazu führte, dass man Lauda das Vertrauen aussprach welches man ihm entzog.

"Ich fühlte, dass ich nicht die nötige Unterstützung hatte und wenn man die nicht hat, geht einem der Elan verloren. Es kann nun einmal nur einen Chef im Hause geben. Zwei Teamchefs haben noch keinem Rennstall gut getan, vor allem wenn beide etwas aus dem Team machen wollen, darüber aber andere Auffassungen haben", so der 48-Jährige.

Hätte sich Neil Ressler nicht zur Ruhe gesetzt, so glaubt Rahal, dass er weiterhin Teamchef des in Milton Keynes beheimateten Rennstalls geblieben wäre. Aber zu seinem Bedauern ist dies leider nicht der Fall gewesen.

Die Diskussionen und Spekulationen um Rahals Bemühungen Eddie Irvine an Jordan zu verkaufen und dafür den gefeuerten Heinz-Harald Frentzen im Austausch ins Team zu holen, bezeichnet Rahal als Ablenkungsmanöver, denn seiner Meinung nach sollte der Vorsitzende eines Unternehmens schon darüber Bescheid wissen wer für ihn arbeitet und wer nicht. Ein abgekartetes Spiel also, indem Rahal auf Grund mangelnden Vertrauens und mangelnder Sympathien geopfert wurde, um so Platz für Lauda zu machen? Nun, die Formel 1 und ihre internen Machenschaften scheinen ziemlich komplex und verworren, was schon die Streitigkeiten zwischen Jaguar Racing und McLaren um die Dienste von Adrian Newey, oder auch die Angelegenheit zwischen Minardi und Toyota in Bezug auf Gustav Brunner, zu einem früheren Zeitpunkt zeigten. Im Falle der Entmachtung von Rahal hat es aber den Anschein, dass gezielt am Stuhl des Amerikaners gesägt wurde ...