• 04.09.2001 12:19

  • von Fabian Hust

Paul Stoddart will Minardi nach vorne bringen

Der neue Motorpartner soll es dem Minardi-Team ermöglichen, vom Status "Hinterbänklerteam" Abschied zu nehmen

(Motorsport-Total.com) - Paul Stoddart ist nicht nur wegen seiner Millionen auf dem Bankkonto in die Formel 1 eingestiegen, sondern vor allem wegen seiner Leidenschaft zum Motorsport. Das zeigte sich erst vor wenigen Tagen, als er ein Rennen mit Minardi-Doppelsitzern austrug, am Steuer auch ein gewisser Nigel Mansell und der Chef höchstpersönlich. Wer so etwas macht, der muss ein Vollblutmotorsportfanatiker sein.

Titel-Bild zur News: Paul Stoddart (Minardi-Teamchef)

Paul Stoddart hofft für 2002 auf einen großen Schritt nach vorne

Der Australier bewahrte das Minardi-Team vor dem endgültigen Aus und kaufte den kleinen italienischen Rennstall Anfang des Jahres auf. Sechs Wochen vor dem Saisonstart verfügte Stoddart weder über Fahrer noch über einen Motor und einige Experten befürchteten sogar, dass Minardi in Australien zuschauen muss. Doch schon in Melbourne sorgte das Team für Aufsehen. Es gab zwar keine Punkte, aber man rettete ein Auto ins Ziel und das nach weniger als 90 Testkilometern.

In einem Interview gab Stoddart im Juli bekannt, dass er pro Woche mehr als 1,6 Millionen Mark in sein Team steckt, das im britischen Ledbury und im italienischen Faenza jeweils einen Firmensitz hat. "Im Gegensatz zum allgemeinen Glauben haben wir keinen Fahrer, der Geld in das Team bringt", erklärt Stoddart gegenüber dem 'Independent' die schwierige Lage. "Im nächsten Jahr werde ich dem Team keine Geldmittel mehr zukommen lassen. Wir müssen einen Sponsor bekommen" - Stoddart ist eben kein Milliardär, aber er sagt, dass ihn die Befriedigung, sein Team fahren zu sehen, das Geld in diesem Jahr gerne ausgeben lässt.

Den Sponsor für die kommende Saison hat der Australier mittlerweile. Es handelt sich um die Magnum Corporation, eine Glückspielkette aus Malaysia. Die Aufkleber waren bereits in den letzten Rennen auf den Autos zu sehen. Hinter dem Sponsoringdeal, bei dem ein mittlerer achtstelliger Betrag fließen dürfte, steht Alex Yoong, der von Magnum gefördert wird und schon ab dem nächsten Rennen in Monza im Auto von Tarso Marques sitzen wird.

In Spa konnte man dann noch eine weitere positive Nachricht verkünden: Asiatech wird Motorpartner des Minardi-Teams. Zwar wird der Motor mit Sicherheit nicht so stark wie der Ferrari-Motor sein, der ebenfalls zur Debatte stand, dafür hat der Deal aber einen entscheidenden Vorteil: Paul Stoddart erhält wie Arrows in diesem Jahr die Zehnzylinder umsonst. Nach Angabe von Stoddart gab es für 2002 vier mögliche Motorenpartner, doch als Asiatech einen kostenlosen Motor mit 800 PS anbot "gab es keine andere Wahl".

"Das Geld, das wir durch den Motor sparen, etwas 23 bis 25 Millionen Dollar, können wir jetzt wirklich investieren, um Minardi auf den Level zu bringen, auf dem sich die anderen Teams in Sachen Ressourcen und Testmöglichkeiten, dem Windtunnel, der Forschung, der Entwicklung und so weiter befinden", so der Australier in der englischen Presse.

Der Chef einer Firma, die Privatjets least, war schon immer ein Work-aholic, ein Mensch, der keinen Sonntag und keinen Feiertag kennt, wie er selbst zugibt. Nur die Leidenschaft und das Adrenalin lässt ihn diese Anstrenung durchstehen. Und nur so ist es zu erklären, dass er 90 Prozent seiner Zeit der Formel 1 widmet, obwohl er mit seinem Rennstall im Moment noch Millionenverluste einfährt: "Wenn wir einen guten Tag hatten, dann schwebe ich auf Wolke sieben, hatten wir einen Doppelausfall, dann kommen mir die Leute erst gar nicht nahe, da ich dann ziemlich miese Laune habe..."

Nach fast einer Saison in der Formel 1 steht für Stoddart fest, dass er seinen langfristigen Plan nicht ändern wird: "Im ersten Jahr wollten wir dabei sein und professionell arbeiten und ich denke, dass wir das sicherlich getan haben und Leute überrascht haben. Im zweiten Jahr wollen wir nach vorne in das Mittelfeld streben, im dritten Jahr möchten wir uns im Mittelfeld platzieren und im Jahr vier und fünf wollen wir uns verstärken und unter Umständen Rennen gewinnen, wie das Jordan 1998 in Spa gelang und Stewart 1999 auf dem Nürburgring."

Der Fünfjahresplan klingt durchaus realistisch für ein Team, das noch keinen Automobilhersteller hinter sich stehen hat. Das große Problem ist nur, dass auch die anderen Teams gewaltig aufrüsten. Nachdem auch Arrows mit Cosworth einen konkurrenzfähigen Motor im kommenden Jahr im Heck haben wird und Toyota in die Formel 1 einsteigt, wird die Luft erneut dünner. "Ich bin ja gar nicht größenwahnsinnig. Ich finde mich mit einem dritten Platz ab", so Stoddart. Im Haifischbecken Formel 1 schon ein großes Ziel.

So lange man noch kein großes Werk als Partner hat, wird es für Minardi wichtig sein, einen Fahrer im Team zu haben, der Sponsoren im Schlepptau mit sich bringt, ums die teuren Entwicklungsarbeiten finanzieren zu können, das hat man nun mit Alex Yoong bereits geschafft. Mit Fernando Alonso hat man einen Fahrer, der die Eisen aus dem Feuer holen kann, wenn sie denn einmal am Glühen sein sollten.

Minardi wird auch 2002 ein kleines Team bleiben. Ein kleines Team, das nie große Erfolge feiern konnte, das aber dennoch beliebt ist wie kaum ein anderes Team in der Königsklasse des Motorsports. Vielleicht werden die Designer der Konkurrenz nicht mehr bei jedem Rennen zu Minardi laufen, um nach interessanten Neuerungen am Auto zu schauen, denn mit Gustav Brunner hat man den hellen Kopf an Toyota verloren - "Haifischbecken" ist für Paul Stoddart kein Fremdwort mehr.