• 04.09.2001 18:44

  • von Fabian Hust

Ross Brawn im Interview

Der Technische Direktor von Ferrari spricht über ein dominantes Rennen und eine eindrucksvolle Formel-1-Saison

(Motorsport-Total.com/Haymarket) - Seit Malaysia 1999 stand in jedem Rennen ein Ferrari auf dem Podium - die Ferrari-Ära ist in vollem Gange. Drei Konstrukteurstitel und zwei Fahrertitel in Folge, an diesen Erfolgen ist ein Mann maßgeblich beteiligt: Ross Brawn, der Technische Direktor von Ferrari. Das letzte Mal konnte man in Spa 1997 mit Michael Schumacher gewinnen, diese "schwarze" Serie ging am letzten Wochenende eindrucksvoll zu Ende, es war Michael Schumachers 52. Formel-1-Sieg. Ross Brawn spricht über ein dominantes Rennen und eine eindrucksvolle Formel-1-Saison.

Titel-Bild zur News: Ross Brawn

Ross Brawn ist vom Saisonverlauf 2001 sehr "ermutigt"

Frage: "Hatten sie Regen erwartet oder waren sie auf einem Trockensetup unterwegs?"
Brawn: "Wir waren ziemlich zuversichtlich, dass es nicht regnen würde. Mit dem unglücklichen Unfall wurde es dann ein wenig enger, aber wir entschieden uns an dem festzuhalten, was wir uns vorgenommen hatten und das war ein Trockensetup mit wenig Flügel, was gut funktioniert hat."

Frage: "Waren sie überrascht, wie einfach Michael beim ersten Start Ralf überholt hat?"
Brawn: "Ich war ziemlich überrascht, wie viel Flügel Williams fuhr, weil sie einen ganzen Haufen Flügel fuhren waren sie auf der Geraden nicht besonders schnell. Wir wussten, dass Michael einen ganz guten Höchstgeschwindigkeitsvorteil hatte und dies konnte er nutzen. Leider hat sich dann Ralf eingelebt und Rubens konnte das ganze nicht noch einmal wiederholen. Es war sehr befriedigend, alles lief sehr gut."

Frage: "Bei beiden Starts ist Ralf ja auf und davongefahren?"
Brawn: "Ja. Williams hat es uns mit Sicherheit einfach gemacht, zuerst mit Montoya und dann mit Ralf. Wir hatten mit Michael relativ wenig Probleme. Als wir erst einmal die Boxenstopps hinter uns hatten, war es nur noch die Aufgabe gewesen, das Rennen so ruhig wie möglich zu beenden. Für die ganze Aufregung sorgte Rubens."

Frage: "Was war das Problem bei ihm?"
Brawn: "Er war das ganze Wochenende über mit dem Auto nicht zufrieden. Wir müssen darüber nachdenken, was wir da machen können. Wir konnten jedoch nicht viel im Trockenen fahren. Als das Rennen auf uns zukam, hatte er in das Auto nicht viel Vertrauen und das benötigt man hier im Rennen. Also hatte er ein paar Probleme. Wir bekamen ihn vor Häkkinen, aber dann konnte ihn Häkkinen in der ersten Runde in der Eau Rouge packen. Mika war nicht besonders schnell, weswegen ihn Coulthard schnappen konnte, zu diesem Zeitpunkt lief also alles schief. Das war es dann gewesen."

Frage: "Was passierte Rubens, als er sich den Frontflügel beschädigte?"
Brawn: "Ich denke, dass er wegen Häkkinen Sichtprobleme hatte. Er versuchte, so dicht wie möglich an Häkkinen dran zu sein, um es in der Runde zu probieren. Er hat den Kegel nicht richtig gesehen."

Frage: "Ist dies eine Wiedergutmachung für die Niederlage letztes Jahr gegen Häkkinen?"
Brawn: "So enttäuschend war es letztes Jahr nicht. Wir kamen nach Spa, was ein klassischer McLaren-Kurs war und wir hätten sie fast auf einem Kurs geschlagen, auf dem sie traditionell die Stärksten waren. Ich dachte im letzten Jahr, wenn wir es dort packen könnten, dann sollten wir in den letzten Rennen dabei sein und das kam dann auch so. Ich war also im letzten Jahr nicht allzu enttäuscht, bedenkt man, dass wir das Rennen fast gewonnen hätten und sie den Ruf des Herrschers hier hatten. Es war ein guter Start in die letzten vier Rennen der Saison dort. In diesem Jahr war Michael fantastisch. Ich denke, dass sie nicht zu ihm aufgeschlossen hätten, wenn sie gute Starts gehabt hätten."

Frage: "Michael sagte kürzlich, dass der Unterschied zwischen diesem und dem Jahr 2000 ist, dass es letztes Jahr ein paar Strecken gab, wo es nicht gut lief, wohingegen in diesem Jahr ihr überall schnell seit?"
Brawn: "Es ist eine ermutigende Sache, dass wir keine besonders schlechte Strecke hatten, auch wenn wir in Hockenheim gegen Williams zu kämpfen hatten. Im letzten Jahr gab es aber Dinge, gegen die wir einfach nichts ausrichten konnten. In diesem Jahr waren wir aber abgesehen von der Tatsache, wenn die Michelin-Reifen und der BMW-Motor eine Einheit bildeten, auf jeder Strecke sehr, sehr konkurrenzfähig und sicherlich gleich gut wenn nicht sogar besser als McLaren auf den gleichen Reifen auf den meisten Strecken. Das war also eine sehr ermutigende Leistung in diesem Jahr und mit Sicherheit im Vergleich zum Vorjahr ein weiterer Schritt nach vorne."

Frage: "War die Leistung von Benetton eine Überraschung?"
Brawn: "Nun, es gibt noch immer eine Menge guter Leute bei Benetton von den Tagen, als ich dort war und es ist ein schmaler Grat zwischen einem guten Team und guten Auto und bisher hat das alles nicht zusammengepasst. Für sie muss das unglaublich ermutigend gewesen sein. Fisichella hatte zwei großartige Starts, die natürlich geholfen haben. Ich denke nicht, dass er so schnell wie die McLarens war, aber er machte eine Menge außergewöhnlicher Starts und ist sehr gut gefahren, um seine Position zu halten. Es ist schade, dass er nicht Zweiter geblieben ist! Aber sie mussten angesichts ihrer Leistung sehr ermutigt gewesen sein."

Frage: "Irgendwelche Gedanken bezüglich Monza?"
Brawn: "Das wird sehr hart werden. Bei den Tests in einer anderen Woche war Williams dort außergewöhnlich schnell und sie könnten Hockenheim leicht wiederholen, aber wir müssen unser Bestes geben um sicher zu stellen, dass es nicht noch einmal so kommen wird. Aber sie sind ein wenig zerbrechlich. Es gab hier wieder einen Motorschaden und Monza ist eine sehr harte Strecke. Entweder werden sie die Motoren etwas zurückschrauben oder sie werden das Risiko auf sich nehmen. Wer weiß? Vielleicht können wir so viel Druck auf sie machen, dass sie den Motor hart rannehmen müssen und dann werden wir sehen, was passiert."

Frage: "Mario Theissen meinte, dass alles, was schief laufen kann, schief gelaufen ist?"
Brawn: "Ja, in einem Rennen, von dem sie dachten, dass sie hier sehr stark sein würden. Aber so geht es in einer Meisterschaft nun einmal zu. Sie haben ein sehr gutes Paket, aber man muss auch alles anderes haben, man muss das notwendige Team haben und all das. Sie zeigen noch Anzeichen, dass sie noch die letzten Teile zum Puzzle hinzufügen müssen und aus diesem Grund sind sie in diesem Jahr noch kein so harter Gegner. Ich bin mir sicher, dass sie das im nächsten Jahr sein werden. Aus diesem Grund lobe ich mein Team so oft, wie ich es kann, weil sie diese Fehler nicht machen. Man kann nur dann sehen, wie schwierig es ist, wenn jemand anderes so einen dummen Fehler begeht!"