• 19.10.2006 21:48

  • von Fabian Hust

Prüller: "Michael Schumacher tickt anders"

Heinz Prüller hat Michael Schumacher als Formel-1-Kommentator von Anfang an erlebt - der Österreicher über den Menschen Michael Schumacher

(Motorsport-Total.com) - Michael Schumacher wird Heinz Prüller nicht mehr überholen. Der 65-Jährige hat bereits mehr als 600 Grands Prix kommentiert, der Ferrari-Star hat nicht mal 250 Formel-1-Rennen auf dem Buckel. Kein Wunder, dass beim 'ORF'-Kommentar "ein bisserl Wehmut" aufkommt, wenn er an den bevorstehenden Rücktritt des Rekordsiegers denkt, wie er in einem Interview mit dem 'Standard' erklärt.

Titel-Bild zur News: Heinz Prüller und Niki Lauda

Prüller weiß viel - und manchmal mehr als die Betroffenen selbst...

"Ich habe 249 Rennen von ihm miterlebt, er war ein Teil meines Lebens", so Prüller weiter, der "nebenbei" auch schon 1.000 Ski-Übertragungen moderiert hat. "Die Leute mögen Superstars. Schumacher hat das perfektioniert, was Niki Lauda und Ayrton Senna begonnen haben. Er wird jedem fehlen, dem die Formel 1 ein Anliegen ist." Auf der anderen Seite sieht es Prüller wie die meisten anderen Experten: Die Formel 1 wird den Rücktritt von Michael Schumacher zumindest global gesehen gut verdauen.#w1#

Kennen gelernt haben sich der Deutsche und der Wiener 1991 als Prüller für Mercedes eine Gala am Nürburgring moderierte. Da wurde Schumacher - damals Sportwagenfahrer der Stuttgarter - auf die Bühne geholt, hatte gerade einen schweren Trainingsunfall überstanden: "Ich dachte mir, um Gottes Willen, was frage ich den armen Buam. Er war total cool, an dem ist alles abgeprallt."

Prüller beschreibt den 37-Jährigen als "egoistisch und konsequent", als "Extremisten und Perfektionisten". Diese Charakterzüge, die vielen nicht "gepasst" hätten, habe er "nicht als Kälte sondern als Härte" empfunden: "Zu mir war er immer sehr kooperativ, er steckte mir einige exklusive Geschichten. Er ist aber auch unberechenbar".

Prüller erzählt von einer Widmung für den Ex-Regisseur Fritz Melchert, die Schumacher an einem Donnerstag ablehnte, weil er "bald die Strecke mit dem Fahrrad abfahren" müsse, oder von einem gemeinsamen Essen in der Schweiz, wo er Schumacher fragte, warum er die Gabel mit den Zinken nach unten auf den Tisch legte: "Er antwortete, damit das Tischtuch nicht so schmutzig wird. Wahrscheinlich hat er Recht, die Dummen sind wir, die seit hunderten Jahren die Gabel mit den Zinken nach oben ablegen."

Dass Schumacher von vielen nicht als sympathisch abgestempelt wird, ist für Prüller logisch, schließlich rufe Erfolg Neider auf den Plan und zu seiner Benetton-Zeit "wurden einige Gesetze gebrochen", wie der Journalist meint: "Oft wissen das die Fahrer gar nicht. Sein Hirn ist anders programmiert, er tickt anders. Der hat keine Angst. Sein Unterbewusstsein sagt ihm, ich fahre dem Villeneuve ins Auto. Das will er vielleicht gar nicht. Was er nicht kann, ist Fehler zugeben."

In den Augen von Heinz Prüller konnte Michael Schumacher im Auto "tatsächlich Wunderdinge vollbringen" und war den Gegnern mental überlegen: "Schumacher hat zwei Gehirne. Das eine fürs Auto, das andere für die Strategie." Der Ferrari-Pilot, so glaubt Prüller übrigens, wird "in spätestens zwei Jahren" ein Comeback geben.