Pirelli: Was ändert sich durch neuen Reifen?

Welche Schlüsse über die Reifen die Fahrer nach dem Young-Driver-Test ziehen konnten, ob sich das Kräfteverhältnis ändern wird und wie sich der Pneu anfühlt

(Motorsport-Total.com) - Blüht den Formel-1-Teams im Reifenpoker in Ungarn die Stunde null? Nach den gefährlichen Reifenexplosionen in Silverstone durfte Pirelli neue Reifen konstruieren - auf dem Hungaroring werden diese nun erstmals eingesetzt. Somit werden während der Saison die Rahmenbedingungen geändert, was sich auch auf das Kräfteverhältnis auswirken könnte.

Titel-Bild zur News: Paul di Resta

Die neuen Reifen sorgen vor dem Ungarn-Wochenende für Spannung Zoom

Doch von großen Änderungen gehen die wenigsten aus. Einen ersten Vorgeschmack von den neuen Reifen - eine Mix aus der Konstruktion von 2012 und den Gummimischungen 2013 - erhielten die Teams bereits beim Young-Driver-Test in der vergangenen Woche in Silverstone. Weil die Stammfahrer aber bei den Reifentests das Setup nicht verändern durften und sich die Temperaturen an der Traditionsstrecke im Bereich von 30 Grad einpendelten, waren die Bedingungen grundlegend anders als beim Grand Prix von Großbritannien - einige Piloten sagten für den Test kurzfristig ab.

Neue Reifen konstanter als Vorgänger

Und selbst die, die die Reifen ausprobierten, konnten vor dem Ungarn-Wochenende nicht alle Fragen beantworten. "Ich bin ihn ausgiebig gefahren - 98 Runden", erzählt Adrian Sutil von seinen Erfahrungen mit dem neuen Reifen in Silverstone. Ihm fiel ein etwas verändertes Fahrverhalten auf, der Pneu sollte Fahrer und Teams aber nicht mehr vor so große Rätsel stellen wie sein Vorgänger: "Er ist wesentlich konstanter und ein bisschen einfacher zu verstehen auf einer Runde."

"Wir haben eine Ahnung, wie der Reifen funktioniert ." Paul di Resta

Bei Force India hatte man den Eindruck, dass der Bolide mit der adaptierten Version des Reifens auf dem Nürburgring nicht mehr so gut zurechtkam wie zu Saisonstart - ein Trend, der sich mit dem neuen Reifen fortsetzen könnte? "Wir haben eine Ahnung, wie der Reifen funktioniert und wie wir ihn über eine Renndistanz nutzen müssen", erklärt Teamkollege Paul di Resta, dass man nicht völlig im Dunkeln tappt. "Wir können nicht ausschließen, dass sich der Trend fortsetzt, aber der Reifen könnte genauso gut dem Auto besser liegen - es ist eine komplette Unbekannte."

Hülkenberg und Vettel rechnen nicht mit großen Änderungen

Der ehemalige Force-India-Pilot und nunmehrige Sauber-Mann Nico Hülkenberg konnte die neuen Reifen mit dem Vorjahres-Pneu vergleichen - und ihm fällt auf: "Das Fahrgefühl ist gleich wie 2012 - und es ist auch nicht wie Tag und Nacht zum bisherigen Reifen 2013." Abgesehen davon, dass es keine Reifenplatzer und andere Probleme mehr geben sollte, erwartet der Mann aus Emmerich keine großen Veränderungen.

Ins selbe Horn stoßt auch Weltmeister Sebastian Vettel, der die neuen Reifen in Silverstone ebenfalls ausprobierte: "Ich rechne nicht mit einer gewaltigen Veränderung. Ich wäre überrascht, wenn Teams, die vorher keine Probleme hatten, in Probleme geraten würden."

"Ich wäre überrascht, wenn Teams, die vorher keine Probleme hatten, in Probleme geraten würden." Sebastian Vettel

Ferrari-Pilot Felipe Massa glaubt sogar, dass man die Daten aus dem Vorjahr nutzen kann, da der neue Pneu dem Vorjahresmodell sehr ähnlich ist. Seine Erkenntnisse aus Silverstone decken sich mit jenen von Sutil - beide finden den Reifen "konstanter". Dem Brasilianer fällt aber auf, dass er auf der ersten Runde "ein wenig langsamer" ist.

Grosjean erwartet trotz Hitze keine Probleme

Eine Fragezeichen ist es laut Massa auch, wie sich die Gummis bei der extremen Hitze in Ungarn verhalten werden. Ursprünglich hatte Pirelli geplant, die Mischungen Medium und Hard nach Ungarn zu bringen. Schließlich disponierte man aber doch auf Soft und Medium um. Könnte die Hitze diesbezüglich ein Problem werden?

"Medium und Soft scheint die logischere Wahl." Romain Grosjean

Lotus-Pilot Romain Grosjean hält dies für unwahrscheinlich. "Es ist die richtige Entscheidung", sagt er. Er verweist auf das Vorjahr, als es ebenfalls sehr heiß war: "Wir hatten im vergangenen Jahr ein Zwei-Stopp-Rennen und nichts allzu Verrücktes, was die Reifen betrifft. Ich konnte es erst gar nicht glauben, dass wieder Medium und Hard kommen sollten. Medium und Soft scheint die logischere Wahl."

Mercedes: Nur ja kein böses Erwachen

Ein Team, das immer wieder bei Hitze mit Reifenproblemen zu kämpfen hatte, ist Mercedes. Die Truppe aus Brackley, die als einziger Rennstall nicht am Young-Driver-Test teilnehmen durfte, weil man bereits davor mit Pirelli in Barcelona getestet hatte, unterschätzte die hohen Temperaturen auf dem Nürburgring und kämpfte vor allem in der Anfangsphase des Rennens mit großen Problemen.

"Ich hoffe nur, dass es nicht schlimmer wird, wenn wir die neuen Reifen aufziehen." Lewis Hamilton

Daher wehrt sich Lewis Hamilton gegen den Vorwurf, man hätte aus dem Barcelona-Test einen Vorteil gewonnen: "Wir haben die Reifen nicht verstanden, sonst hätten wir bessere Ergebnisse." Wie sich die neuen Reifen auswirken werden, wagt er nicht zu prognostizieren: "Ich hoffe nur, dass es nicht schlimmer wird, wenn wir die neuen Reifen aufziehen."

Vor allem in der Anfangsphase der Rennen müsse man in Zukunft die Probleme im Griff haben, fordert er, "denn in der zweiten Hälfte scheinen wir schnell zu sein, wenn nicht schneller als die anderen." Teamkollege Nico Rosberg ist ebenfalls gespannt, wie die neuen Pirelli-Pneus seinem F1 W04 behagen werden: "Natürlich haben wir in den vergangenen Jahren viel über die Pirelli-Reifen gelernt und machen diesbezüglich Fortschritte. Aber jetzt starten wir wieder von vorne und müssen Wissen anschaffen. Es sind andere Reifen."