Newey: Neues Auto in zwei bis vier Wochen
McLarens Chefdesigner Adrian Newey über das neue Auto, welches bereits aufgebaut wird, Mercedes und die Regeländerungen
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Auch werdet ein neues oder revidiertes Auto bringen. Dabei finden die nächsten sechs Rennen innerhalb von acht Wochen statt. In welchem Zustand befindet das Team derzeit?"
Adrian Newey: "Wir müssen nach diesem Rennen einfach unseren Weg finden, dabei hängt es natürlich ab, wie wir aus dem jetzigen Rennen herauskommen. Wenn wir ohne großen Schaden herauskommen, dann sollte es kein Problem sein. Wenn aber viel kaputt ist, dann wird es schwieriger. Auch die Lkws werden einige Zeit für die Fahrt brauchen, es dauerte schon bei der Ankunft und wird bei der Abreise nicht anders sein. Danach werden wir unser verbessertes Auto in der nahen Zukunft fahren, dann müssen unsere Anstrengungen geteilt werden. Wir müssen das Auto ja testen und so früh wie möglich rennfertig bekommen. Aber das ist gut geplant. Man stellt sich darauf ein und kommt damit zurecht."

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Adrian Newey warnt vor zu weit gehenden Regeländerungen
Frage: "Wie neu wird dieses Auto sein? Was wird alles daran neu sein?"
Newey: "Nein, es ist kein neues Auto, sondern ein verbessertes. Alle mechanischen Teile bleiben an sich gleich, aber das Bodywork wurde massiv verändert, das erforderte auch einige Veränderungen am Monocoque, daher mussten wir die Crashtests wiederholen. Das ist erledigt, das Auto wird im Moment aufgebaut."#w1#
Frage: "Und der Motor bleibt der gleiche?"
Newey: "Es ist noch immer ein Mercedes!"
Frage: "Was ist mit eurer Leistung hier? Ist sie besser oder schlechter als eure Erwartungen?"
Newey: "Der erste Tag in Monaco ist immer etwas wechselhaft, ich möchte mir eine Einschätzung also für die Zeit nach dem Qualifying oder gar nach dem Rennen aufheben."
Frage: "Aber es gab heute durchaus einige positive Zeichen."
Newey: "Die Fahrer scheinen mit dem Auto recht zufrieden zu sein, aber wenn sie schnell sind, dann sind sie auch glücklich."
Frage: "Kommen wir zu den vorgeschlagenen neuen Regeln. Wie denkst du darüber und wie entwickeln sich derzeit die Gespräche zwischen den Technischen Direktoren?"
Newey: "Meine persönliche Meinung ist, dass der Verlauf von Autos oder sogar Teilen an andere Teams ein sehr gefährlicher Weg ist. Die Mittelfeldteams würden in diesem Fall nicht mehr existieren oder die Autos von anderen kaufen. Dann ist man sehr schnell in einer Position, in der nur noch drei oder vier Teams Autos bauen, der Rest kauft einfach. Das Szenario könnten dann IndyCar-typisch sein, und das wäre für die Formel 1 schade. Bei diesem Punkt werde ich sehr nervös. Die Kosten zu kontrollieren ist jedoch etwas Gutes. Die Teams werden immer ihre Budgets ausgeben. Sie können also nur darauf hoffen, dass die Investitionen zu einem kleineren Leistungsschub als bei den Teams mit weniger Budget führen. Wenn man eine Reduzierung der Fixkosten vorschlägt, dann fände ich das vernünftig."
Frage: "Kimi Räikkönen machte in der finnischen Presse Aussagen, dass er Motivationsprobleme habe, mit dem derzeitigen Auto zu fahren. Kannst du darüber etwas sagen?"
Newey: "Ich lese die Medien nicht, ich weiß daher nicht, was geschrieben wurde. Aber wenn man mit Kimi redet, dann ist er ein völlig professioneller Fahrer. Versucht alles, was er kann. Es kommt manchmal vor, dass das Team eine schwere Zeit durchmacht. Wir wollen da alle wieder herauskommen, und Kimi ist ein Teil des Teams und möchte dies ebenso."
Frage: "Man weiß, dass unter und mit dir Leute arbeiten, die in der Vergangenheit ihre eigenen Autos bauten. Mich würde interessieren, wie der Designprozess bei McLaren abläuft, wenn ein neues Auto entworfen wird. Woher kommen die Ideen, wie werden sie eingebunden. Wie werden alle Dinge miteinander verschmolzen?"
Newey: "Wir haben bei McLaren eine ziemlich flache Struktur, oder versuchen diese zumindest zu erhalten. Die Herausforderung ist, trotz der flachen Struktur die Disziplin zu wahren. Aber diese Methode würde ich immer vorziehen, da jeder mit jedem reden und etwas einbringen kann, ohne sich an starre Hierarchien zu halten. Wir haben regelmäßige Treffen mit alle leitenden Ingenieuren. So zum Beispiel in der letzten Woche. Alle sitzen da und diskutieren, in diesem Fall über das nächstjährige Auto. Dann brechen wir alles auf und bilden kleinere Gruppen, die dann in verschiedenen Abteilungen arbeiten. Jedes Formel-1-Team besitzt vier Säulen: Autodesign, Aerodynamik, Renningenieurswesen und Simulationen. Auch wir haben dieses System und ich kann mir vorstellen, dass es in jedem anderen Team ähnlich ist."
Frage: "Das neue Auto und den baldigen Testtermin hast du bereits angesprochen. Wie lange dauert es noch? Einen Monat, oder zwei. Wie lange müssen wir noch warten, bis das Auto vorgestellt wird, und welchen Leistungsschub erwartet ihr euch davon?"
Newey: "Das dauert noch zwischen zwei und vier Wochen, je nachdem, was bei den Rennen passiert. Vielleicht findet in drei Wochen ein 50-Kilometer-Funktionstest statt, wenn wir die Zwei-Wochen-Marke nicht schaffen. Die Simulationen zeigen wesentlich bessere Rundenzeiten, aber mehr möchte ich im Moment nicht dazu sagen."
Frage: "Du arbeitest bei einem großen Team. Nun gehen die vorgeschlagenen Veränderungen teilweise zurück zu den Wurzeln. Welche Auswirkungen wird das auf die Struktur und die Größe eures Teams haben?"
Newey: "Jeder gibt das Budget aus, was er hat. Wenn wir aber teure Elemente, die jeder hat, verbieten - Ballastgewichte, Karbonbremsen, selbst die Aufhängungen aus Verbundwerkstoffen - dann würde das die Kosten senken. Die großen Teams würden das Geld einfach woanders ausgeben, aber die kleinen Teams hätten dann mehr Geld für Forschung, Tests und Windkanalversuche. Das könnte das Feld enger zusammenschieben, und auch darum geht es ja. Was die Show angeht, so erleben wir in diesem Jahr eine etwas langweile Saison, denn keiner von uns konnte Ferrari bisher schlagen. Wir müssen das Feld enger zusammenbringen, wenn wir die Autos aber einfach nur simpler machen, dann wäre das ein großer Fehler. Formel 1 ist der Mix aus Fahrer und Maschine - darin liegt auch ein Teil der Faszination begründet. Wenn man einfach alles abrüstet, dann hat man Formel-3000-Autos in der Formel 1. Darum geht es in der Formel 1 aber nicht. Die Autos müssen schnell sein und schwierig zu fahren."
Frage: "Mercedes baut seit 100 Jahren Motoren, momentan aber wohl nicht die besten. Muss es da eine Änderung an der Spitze geben, da sie vielleicht ihren Fokus verloren haben?"
Newey: "Mercedes ist ein tolles Unternehmen, sehr groß, aber viel wichtiger ist, dass sie sich dem Motorsport verschrieben haben. Wir hatten in der letzten Zeit ein paar Motorenprobleme, aber ich denke, dass die meisten Dinge sich auf die Struktur und das Management zurückführen lassen. Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass, wenn ein Problem auftritt, es lange dauer kann, bis es gelöst ist. Aber die Probleme wurden erkannt und einige große Änderungen wurden bereits gemacht. Martin Whitmarsh (Formel-1-Chef bei McLaren; d. Red.) ist nun in großem Umfang in das Motorenprogramm involviert. Aber das braucht Zeit. Ich hoffe, dass es am Motor in dieser Saison ständige Verbesserungen geben wird. Und ich hoffe, dass wir spätestens 2006 wieder auf dem gleichen Niveau mit den anderen sein werden."

