• 17.09.2010 11:54

  • von Stefan Ziegler

Newey: "Ich bin einfach nur ich selbst"

Red-Bull-Designer Adrian Newey über seine Philosophie beim Entwickeln schneller Rennautos, seine persönlichen Lieblinge und den virtuellen X1

(Motorsport-Total.com) - Adrian Newey hat es wieder einmal geschafft: Auch der Red Bull RB6 aus seiner Feder stellt ein waschechtes Siegerauto dar, mit dem die beiden Fahrer nach dem WM-Titel der Formel 1 greifen können. Sollte am Jahresende tatsächlich ein erster Platz für das Team des Energydrink-Herstellers herausspringen, Newey hätte bereits zum dritten Mal in seiner Karriere ein WM-Auto gebaut.

Titel-Bild zur News: Adrian Newey (Technischer Direktor)

Adrian Newey gilt als Designgenie, will aber eigentlich nicht so bezeichnet werden

Als "Genie" will der aus Großbritannien stammende Stardesigner aber trotzdem nicht bezeichnet werden, wie er im Gespräch mit 'Auto Bild motorsport' (jetzt abonnieren!) erläutert. "Das bin ich nicht", meint Newey. "Ich bin einfach nur ich selbst und genieße, was ich tue. Vielleicht bin ich deshalb so gut." Dieses Statement manifestiert sich gewissermaßen im RB6, dem vielleicht besten Fahrzeug 2010.#w1#

Newey arbeitet bereits am neuen Red Bull

"Ich habe versucht, ein Auto zu entwickeln, das ein guter Allrounder und leicht abzustimmen ist", kommentiert Newey seinen jüngsten Entwurf, merkt aber an, dass "uns einige Strecken immer noch besser liegen als andere. Auf den Hochgeschwindigkeits-Kursen haben wir so unsere Probleme." Dennoch dürfe sich sein Team im Endspurt der aktuellen Formel-1-Saison gute Chancen ausrechnen.

"Wenn ich den aktuellen Entwicklungsstand als Grundlage nehme, müssten wir auf den fünf verbleibenden Kursen einen Vorteil haben", sagt Newey. "Außerdem haben wir noch ein paar Verbesserungen in der Pipeline. Ich persönlich konzentriere mich aber schon zu 70 Prozent auf das neue Auto für 2011 und habe dort ein paar sehr innovative Ideen", kündigt der Chefdesigner an.

"Ich habe ein paar sehr innovative Ideen..." Adrian Newey

Aber wie muss man sich den Denkprozess eines erfolgreichen Zeichners vorstellen? Newey erklärt: "Ich stehe vor meinem Zeichenbrett und versuche zu verstehen, wie ich das Auto schneller machen kann. Dann lasse ich das Ganze sacken, schlafe eine Nacht drüber und manchmal habe ich dann am nächsten Morgen unter der Dusche die zündende Idee." Am Ende steht dann ein Auto wie der RB6.¿pbvin|512|2702|newey|0|1pb¿

Die Autos vergangener Tage begeistern noch immer

Und genau dieser war in dieser Saison bereits Gegenstand mehrere Spekulationen, wonach sich Red Bull nicht regelkonformer Mittel bedienen würde. Doch Newey winkt ab: "Das ist Teil des Spiels. Das geht schon meine ganze Karriere so", hält der Formel-1-Routinier fest und fügt hinzu: "Ich sehe es allerdings als Kompliment an, denn es ist der beste Beweis dafür, dass mein Auto schnell ist."

Rennwagen, auf die eben diese Beschreibung zutrifft, hat Newey in den vergangenen Jahren gleich reihenweise entworfen. Einige davon haben es dem Briten aber besonders angetan - zum Beispiel der March 881 von 1988. "Da bin ich besonders stolz drauf, denn wir waren ein kleines Team und konnten mit dem unterlegenen Judd-Motor teilweise gegen die McLarens und Ferraris anstinken", so Newey.

"Der McLaren war so überlegen, dass ich es selbst kaum glauben konnte." Adrian Newey

Auch der McLaren MP4-13 aus der Saison 1998 nimmt einen großen Stellenwert beim Stardesigner ein: "Es war etwas Besonderes für mich, gleich im ersten Jahr beim neuen Team den Titel zu holen", gesteht Newey. "Der McLaren war so überlegen, dass ich es selbst kaum glauben konnte." Und dann wäre da noch der RB6, der die Konkurrenz in diesem Jahr zum Teil ebenfalls regelrecht deklassierte.


Fotos: Adrian Newey fährt seinen Red Bull RB5


Der X1-Prototyp stellt die Formel 1 in den Schatten

Die wohl schnellste Newey-Schöpfung ist aktuell aber nur auf der virtuellen Rennstrecke zu finden: Die Spielentwickler der Klassikerserie Gran Turismo konnten den Formel-1-Designer für den fünften Teil ihres Games gewinnen. Exklusiv für diese Simulation kreierte Newey den X1-Prototypen, der - wie die meisten anderen Rennautos aus seiner Feder - durch sagenhafte Geschwindigkeit brilliert.

"Wir alle träumen davon, Grenzen einzureißen", sagt Newey im Hinblick auf sein Meisterstück für die Spielekonsole. "Nur dank der Technologie der PlayStation3 und durch die virtuelle Umgebung von Gran Turismo 5 konnte dieser Traum Wirklichkeit und von Millionen erkundet werden. Der X1-Prototyp ist Dynamit für den Fahrer", meint Newey. Sebastian Vettel kann diesen Eindruck bestätigen.

"Wir alle träumen davon, Grenzen einzureißen." Adrian Newey

Der deutsche Rennfahrer jagte den X1 über die Rennstrecke in Suzuka - und war auf Anhieb 20 Sekunden schneller als der bestehende Formel-1-Rundenrekord. "Das Auto von Adrian hat sich brillant verhalten", gibt Vettel anschließend zu Protokoll. "Ich kann mir keine bessere Art und Weise vorstellen, die Leistung des X1-Prototypen zu überprüfen, als die 130R mit Vollgas zu durchfahren."