• 07.04.2010 20:14

  • von Stefan Ziegler

Neue Herausforderungen für die Rennmotoren

Renault-Motorenchef Rob White über die Anforderungen der Saison 2010, die Laufleistung der Aggregate und die spezielle Situation bei Hitzerennen

(Motorsport-Total.com) - Seitdem die Entwicklung im Bereich der Motoren eingefroren ist und kapitale Motorschäden eine Seltenheit geworden sind, ist die Bedeutung der Formel-1-Triebwerke für viele Beobachter in den Hintergrund gerückt. Trotz der zahlreichen Beschränkungen und Limitierungen sind Rob White und seine Ingenieure bei Renault aber noch immer darauf bedacht, mehr Leistung zu generieren.

Titel-Bild zur News: Renault-Motor

Die Motoren von Renault müssen 2010 zwei weitere Grands Prix überstehen

Die neue Rennsaison 2010 stellt die Motorentechniker des französisch-britischen Rennstalls diesbezüglich vor eine neue Herausforderung, denn in diesem Jahr müssen die Aggregate im Heck der beiden R30-Boliden insgesamt zwei Grands Prix mehr bestreiten als noch 2009. Wie Renault mit dieser Situation umgeht, erläutert Motorenchef White am Rande des Großen Preises von Malaysia.#w1#


Fotos: Renault, Großer Preis von Malaysia


"Zunächst einmal müssen wir uns über die Grundlagen unterhalten - und die sind recht einfach", gibt White im Hinblick auf das Regelwerk der Formel 1 zu Protokoll. "Pro Fahrer stehen uns acht Motoren zur Verfügung. Mit diesen Aggregaten müssen wir alle 19 Rennen bestreiten. Im vergangenen Jahr waren es noch 17 Grands Prix", sagt der Brite und verweist auf den vergrößerten Rennkalender.

900 Kilometer Laufleistung pro Wochenende

"Um das Ganze einmal mit Zahlen zu unterfüttern: Wir legen in den beiden Freitagstrainings rund 350 Kilometer zurück, am Samstag sind es im 3. Freien Training und in der Qualifikation etwa 200 Kilometer, am Sonntag kommen im Rennen schließlich noch einmal etwa 350 Kilometer hinzu", meint White und stellt eine einfache Rechnung an: "Das macht insgesamt 900 Kilometer pro Wochenende."

"Das hört sich nicht nach sehr viel an, doch diese Geschichte hat noch eine ganz andere Dimension." Rob White

"In 17 Rennen macht das zusammen 15.300 Kilometer, bei zwei weiteren Grands Prix erhöht sich diese Zahl um weitere 1.800 Kilometer. Dadurch muss jeder Motor rund 200 Kilometer oder etwa zehn Prozent mehr leisten", sagt der langjährige Triebwerkspezialist des Renault-Rennstalls. "Das hört sich nicht nach sehr viel an, doch diese Geschichte hat noch eine ganz andere Dimension", so White.

"Acht Motoren für 17 Rennen hatten zur Folge, dass ein Aggregat mindestens zwei Grands Prix überstehen musste. Einer dieser Motoren musste halt drei Rennen halten. 2010 müssen hingegen insgesamt drei Motoren bei drei Rennen eingesetzt werden", erläutert White. "Wie gehen wir damit um? Wir schauen uns zunächst sämtliche verfügbaren Daten über das Verhalten der Motoren an."

Renault sucht ständig nach Schwachpunkten

"Wir suchen nach Schwachpunkten und versuchen, die Probleme auszumerzen, die uns bereits heimgesucht haben. Außerdem versuchen wir festzustellen, welche Schwierigkeiten als nächstes auf uns warten könnten. Dagegen wollen wir uns wappnen", stellt der Motorentechniker heraus und fügt an: "Das ist unsere Herangehensweise, die in eine sehr detaillierte Arbeit in der Fabrik mündet."

"Es geht im Prinzip darum, zum ersten Rennen des Jahres bereit zu sein - und für die 18 weiteren Grands Prix." Rob White

Man setze sich sowohl "auf dem Zeichenbrett", als auch auf den Prüfständen und im Labor mit dieser Thematik auseinander, hält White fest. "Es geht im Prinzip darum, zum ersten Rennen des Jahres bereit zu sein - und für die 18 weiteren Grands Prix, die im Jahresverlauf noch folgen." Drei Rennen hat Renault 2010 bereits erfolgreich hinter sich gebracht, wovon zwei als "Hitzerennen" gelten.

In Bahrain und Malaysia müssen die Formel-1-Aggregate eine größere Aufgabe bewältigen, als in eher gemäßigten Klimazonen. Aber auf was müssen die Motoreningenieure achten, um selbst in feucht-heißen Bedingungen auf ihre Triebwerke vertrauen zu können? White erklärt: "Der Einfluss der Hitze auf die am Motor beschäftigten Mitarbeiter ist größer als auf das Aggregat an sich."¿pbvin|512|36|motor|0|1pb¿

Was passiert bei den "Hitzerennen"?

"Wir arbeiten hart am Design des Motors und des Autos, damit wir die Systeme anpassungsfähig machen können. Die Temperatur des Motors wird von den Kühlelementen reguliert. In gewisser Weise ist diese Geschichte unabhängig von der Wetterlage, mit der sich die Menschen auseinander setzen müssen. In Bezug auf die Luft, die vom Motor eingesaugt wird, stimmt das natürlich nur bedingt."

"Heiße Temperaturen haben zur Folge, dass sich die Menge an Luft reduziert, die ein Motor aufnehmen kann." Rob White

"Der Motor braucht schließlich Luft, um seine Kraft zu entfalten", meint der britische Motorentechniker und erläutert: "Heiße Temperaturen haben zur Folge, dass sich die Menge an Luft reduziert, die ein Motor aufnehmen kann. Die Konsequenz daraus ist, dass sich die Leistung des Aggregats reduziert. Die große Luftfeuchtigkeit in Malaysia spielt ebenfalls eine Rolle bei der Arbeitsweise des Motors."

"Diese Bedingungen sind aber für alle gleich und stellen sämtliche Teams vor die gleichen Probleme. Auf solche Verhältnisse bereiten wir uns in der Fabrik vor, damit das Fahrzeug im 1. Freien Training optimal eingestellt ist. Das passiert auf den Prüfständen, die mit einer sehr fortschrittlichen Klimaanlage ausgestattet sind", gibt White zu Protokoll und geht näher auf die internen Abläufe ein.

Der Motor als Warmup-Faktor

"Damit können wir exakt die klimatischen Bedingungen simulieren, auf die wir schließlich auch an den Rennplätzen stoßen werden. Die Temperatur spielt im Prinzip also nur noch eine geringe Rolle, sobald das Auto erst einmal auf der Strecke ist. Anders ist die Situation beim Rennstart, wenn es keine Kühlluft gibt. Da werden Fahrzeug und Motor vergleichsweise schnell heiß", sagt White.

"Wenn alles normal verläuft, dann sind das Szenarien, die wir eingeplant und durchprobiert haben." Rob White

"Dadurch wird es schwierig für die Jungs in der Box, die Temperaturen im Auge zu behalten. Wenn alles normal verläuft und wir einen normalen Rennstart erleben, dann sind das Szenarien, die wir eingeplant und durchprobiert haben. Wir gehen also davon aus, diese Situationen und die entsprechenden Temperaturen unter Kontrolle zu haben", so der Motorenchef des Renault-Teams.

"Auf der Einführungsrunde muss der Fahrer seine Reifen aufwärmen, um für den Sprint zur ersten Kurve gerüstet zu sein. Ein Faktor ist dabei die Temperatur des Motors. Die Ingenieure an der Box haben ein genaues Modell, wie schnell das Auto auf Temperatur kommt und können dem Fahrer so signalisieren, wann er mit dem Aufwärmen der Reifen beginnen kann - und wann er aufhören soll."